Rezension über:

Alessandra Manieri (a cura di): Agoni poetico-musicali nella Grecia antica. 1. Beozia (= Testi e Commenti / Textes and Commentaries; 25), Roma: Accademia editoriale Pisa Roma 2009, 476 S., ISBN 978-88-6227-221-6, EUR 160,00
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Rezension von:
Angela Kühr
Historisches Seminar, Goethe-Universität, Frankfurt/M.
Redaktionelle Betreuung:
Matthias Haake
Empfohlene Zitierweise:
Angela Kühr: Rezension von: Alessandra Manieri (a cura di): Agoni poetico-musicali nella Grecia antica. 1. Beozia, Roma: Accademia editoriale Pisa Roma 2009, in: sehepunkte 10 (2010), Nr. 9 [15.09.2010], URL: https://www.sehepunkte.de
/2010/09/17630.html


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Alessandra Manieri (a cura di): Agoni poetico-musicali nella Grecia antica

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Die Erforschung Boiotiens in hellenistisch-römischer Zeit stellt im Vergleich zur archaischen und klassischen Periode immer noch ein Desiderat dar. Dies liegt nicht zuletzt an der relativen Fülle des epigraphischen Materials, das sich seit der Edition des siebten Bandes der Inscriptiones Graecae durch Neufunde erheblich erweitert hat. Insofern ist zu begrüßen, dass neue Inschriftencorpora den Versuch unternehmen, das Material zu ordnen und den Zugriff zu erleichtern. Hier sind vor allem die online verfügbaren Les Inscriptions de Thespies zu nennen, die G. Argoud, A. Schachter und G. Vottero aus dem Nachlass von P. Roesch ediert haben (http://www.hisoma.mom.fr/thespies.html). Der vorliegende Band vereint die bis zum Editionszeitpunkt zugänglichen Inschriften zu musischen Agonen in Boiotien, ein aufgrund der Zeugnisfülle würdiger Eröffnungsband für die geplante Reihe zu den "Certamina musica Graeca".

Die Einleitung skizziert allgemein die Gestaltung musischer Agone im antiken Griechenland ("L'Agonistica musicale nella Grecia antica", 17-32) und in Boiotien ("Agoni musicali in Beozia", 33-58). Für Boiotien wird zunächst ein chronologischer Überblick von ersten Erwähnungen bis in die römische Zeit geboten, bevor einige Aspekte systematisch abgehandelt und in Tabellen z.B. zur Entwicklung der Agone, zu deren monatlicher Verteilung im Festkalender sowie zu prosopographischen Details veranschaulicht werden. Dabei fällt auf, dass die ältere Literatur seit dem 19. Jahrhundert einbezogen, neueste Publikationen dagegen nicht vollständig erfasst sind. So dient z.B. Guillons Monographie La Béotie antique von 1948 als Referenz für historische Entwicklungen (33, Anm. 7), während zahlreiche Monographien jüngeren Datums außer Acht bleiben.

Der Hauptteil besteht aus einem nach Poleis und innerhalb der Poleis nach Festen geordnetem Katalog der Zeugnisse, nämlich zu Akraiphia - genauer: "Acrefia", durchgehend werden italienische Bezeichnungen verwendet - (Ptoia und Soteria); Lebadeia (Basileia und Trophoneia); Orchomenos (Agrionia, Charitesia und Homoloia); Oropos (Amphiareia und der Agon für Halia); Tanagra (Sarapieia); Theben (Agrionia, Rhomaia, Dionysia Herakleia) und Thespiai (Mouseia und Erotideia). Einleitende Bemerkungen zu geographischen Apekten, zur historischen Entwicklung und zum Ablauf der einzelnen Agone gehen den literarischen und epigraphischen Testimonien voran. Letztere sind mit einem Kürzel für den Austragungsort versehen und der chronologischen Anordnung entsprechend durchnummeriert. Auf die Datierung folgen eine Beschreibung des Inschriftenträgers, Editions- und Literaturhinweise, der Text selbst, dessen Übersetzung ins Italienische und ein Kommentar.

320 Euro für die Hardcover- und 160 Euro für die Paperback-Ausgabe sind selbst unter Inschriften-Kommentaren ein stolzer Preis, der eine Lektüre der Anmerkungen durch angemessene Schriftgröße auch ohne Lupe oder Flutlicht gewährleisten sollte. Da keine Inschriftensammlung ein abgeschlossenes Corpus darstellt, müssen Neufunde selbstverständlich weiterhin mit den gängigen Hilfsmitteln erschlossen werden, ebenso neueste Sekundärliteratur, die der Band im Gegensatz zur älteren Literatur nicht vollständig berücksichtigt hat. Abgesehen davon wird er insbesondere Historikern jenseits der engeren Epigraphiker-Zunft willkommene Dienste erweisen, insofern er aufgrund der klaren Struktur und der Indices einen schnellen Zugriff auf das reiche Material erlaubt und dazu einlädt, die hier erschlossenen Quellen mit historisch-systematischen Fragestellungen zum Sprechen zu bringen.

Angela Kühr