Geschenktipps zu Weihnachten

Eckhart Hellmuth, München


Joel Mokyr, The Enlightened Economy. An Economic History of Britain 1700-1850 (Yale University Press 2009)

Die Frage nach den Ursachen der industriellen Revolution ist alt. Die Antwort, die Joel Mokyr gibt, ist neu. Für ihn sind es vor allem Wandlungsprozesse im Geisteshaushalt der Gesellschaft, die Großbritannien als erstes europäisches Land in das industrielle Zeitalter katapultierten. Im Zeitalter der Aufklärung, so Mokyr, wurde eine neue Wissenskultur kreiert, die den wirtschaftlichen Aufschwung während des langen 18. Jahrhunderts möglich machte. Mokyr verfolgt in seinem Werk nun aber keineswegs einen monokausalen Erklärungsansatz, vielmehr verzahnt er auf eindrucksvolle Weise Wirtschafts-, Sozial-, Politik- und Geistesgeschichte.

Celina Fox, The Arts of Industry in the Age of Enlightenment (Yale University Press 2009)

Dies ist ein wunderbares, mit reichhaltigem visuellem Material ausgestattetes Buch über die Techniken und Praktiken derjenigen, die die Proto-Industrialisierung und Industrialisierung vorantrieben. U.a. geht es um technische Zeichnungen und Modelle des 18. Jahrhunderts, mit denen artisans und mechanics ihre Innovationen dokumentierten. Aber dieses opulente Werk bietet noch mehr: Es zeigt, wie sich die technologische Elite des Aufklärungszeitalters portraitieren ließ und wie die neue industrielle Welt zum Thema der Landschaftsmalerei wurde.

Adam Sisman, Hugh Trevor-Roper. The Biography (Weidenfeld und Nicolson 2010)

Der 2003 verstorbene englische Historiker Hugh Trevor-Roper ist der deutschen Öffentlichkeit vor allem in Erinnerung geblieben, weil er 1983 in fahrlässiger Weise die von Konrad Kujau gefälschten und vom Stern aufgekauften Hitler-Tagebücher für echt erklärte. Dieser für Trevor-Roper höchst peinliche Auftritt wird in Adam Sismans Biographie keineswegs übergangen, im Gegenteil: sie wird mitsamt ihres Hintergrundes eingehend dargestellt. Aber das Porträt, das Sisman von Trevor-Roper zeichnet, macht zugleich sinnfällig, dass diese Episode eher eine Marginalie im Leben dieses einflussreichen und höchst ambitionierten Historikers war, der eine wichtige Rolle in Politik und Gesellschaft spielte. Sisman versteht es, Trevor-Roper als orignellen Historiographen insbesondere der Frühmoderne zu präsentieren. Was an diesem Buch aber vor allem fasziniert, sind Sismans Schilderungen des akademischen Milieus in Oxford und Cambridge in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, -Schilderungen, die nicht frei von komischen Zügen sind. Mehr noch: In Teilen weitet sich die Biographie zu einem höchst interessanten Panorama der englischen Oberschicht der Nachkriegszeit.

David Coke, Alan Borg, Vauxhall Gardens. A History (Yale University Press 2011)

Pleasure Gardens waren im London des 18. Jahrhundert Orte der fruchtbaren Symbiose von Kultur und Kommerz. Diese sozial vergleichsweise offenen Institutionen waren u.a. der Resonanzboden für die zeitgenössische bildende Kunst und Musik. Coke und Borg schreiben in ihrem reich bebildertem Werk die Geschichte von Vauxhall Gardens, der wohl wie kein anderer Pleasure Garden das metropolitane Publikum in seinen Bann zog. Cokes und Borges Darstellung eröffnen einen faszinierenden Zugang zu der sich formierenden Konsumgesellschaft des 18. Jahrhunderts.

Susie Harries, Nikolaus Pevsner. The Life (Chatto and Windus 2011)

Eine Biographie von nahezu 900 Seiten wirkt auf den ersten Blick abschreckend. Aber diese Biographie des 1983 verstorbenen Kunsthistorikers und Architekturkritikers Nikolaus Pevsner ist trotz ihrer Länge eine Lektüre, die in jeder Hinsicht lohnt. Es ist die Geschichte eines deutschen Emigranten, der, so wird gemeinhin angenommen, nach seiner Emigration kaum Schwierigkeiten hatte, sich im akademischen Betrieb Großbritanniens zu etablieren. Susie Harries erzählt in ihrer vorzüglich geschriebenen und gründlich recherchierten Biographie eine andere Geschichte: Sie macht deutlich, dass es für Pevsner ein mühsamer und langer Weg war, bevor er zu einer zentralen Figur des kulturellen Lebens Großbritanniens wurde. Es ist dies zugleich die Geschichte des Aufeinanderprallens zweier unterschiedlicher akademischer Kulturen, nämlich der des Kontinents und der der Insel.