Rezension über:

François Baratte / Fathi Bejaoui / Noël Duval et al.: Basiliques chrétiennes d'Afrique du Nord (inventaire et typologie). II: Inventaire des monuments de la Tunisie (= Ausonius Éditions; Mémoires 38), Pessac: Ausonius Editions 2014, 463 S., zahlr. Abb., ISBN 978-2-35613-118-8, EUR 60,00
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Rezension von:
Sebastian Ristow
Köln
Redaktionelle Betreuung:
Ute Verstegen
Empfohlene Zitierweise:
Sebastian Ristow: Rezension von: François Baratte / Fathi Bejaoui / Noël Duval et al.: Basiliques chrétiennes d'Afrique du Nord (inventaire et typologie). II: Inventaire des monuments de la Tunisie, Pessac: Ausonius Editions 2014, in: sehepunkte 16 (2016), Nr. 11 [15.11.2016], URL: https://www.sehepunkte.de
/2016/11/28833.html


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François Baratte / Fathi Bejaoui / Noël Duval et al.: Basiliques chrétiennes d'Afrique du Nord (inventaire et typologie)

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Zweiundzwanzig Jahre nach Erscheinen des ersten Bandes [1] der "Frühchristlichen Kirchen Nordafrikas" folgt nun nach Algerien der Band 2 zu Tunesien. Er ist bedeutend bequemer zu nutzen, insofern alle Zeichnungen und fotografischen Abbildungen in den Text eingebunden und somit parallel zur Lektüre leicht zu rezipieren sind. Ganz im Stil eines echten Kataloges sind in 165 nummerierten, keiner erkennbaren Reihung folgenden Einträgen die Kirchenbaubefunde und der Baudekor besprochen, der auf die Verwendung in einer Kirche hinweist. Eröffnet wird der Band von einem nützlichen Kartenapparat und beschlossen von der Zusammenstellung der wichtigsten Literatur und einem nicht immer hilfreichen Ortsregister ("Oued Zarga - v. Oued Zarga" [462]). Hier hätte man sich mehr Ausführlichkeit, gerade in Hinsicht auf die teils sehr divergenten tunesischen Ortsnamensschreibweisen gewünscht. Das Vorwort erwähnt noch Bearbeiter einzelner Regionen, die über das als Herausgeber genannte Autorenteam hinausgehen.

Die Vorstellung der einzelnen Monumente ist knapp gehalten und gut gegliedert und bebildert. Über die vorgeschalteten Karten und die aufgeführten Angaben zum Atlas archéologique de la Tunisie sind die Orte gut zu lokalisieren. Alle bisherigen Katalogwerke zu den Kirchen und Baptisterien Nordafrikas sind mit ihren Nennungen im Stil einer Konkordanz leicht aufzufinden. Vor allem die zum Teil schwer zugänglichen französischen Grabungsberichte des späten 19. Jahrhunderts bilden dabei einen unverzichtbaren Grundstock. Zahlreichen Einträgen zu Anlagen sind jedoch auch aktuelle Zustandsfotos, oft aus den Beständen von Fathi Bejaoui, beigegeben. - Auch neueste Befunde wie Nr. 24 (Henchir el-Koucha = Oued Zarga) von 2012 oder das eigentlich nur 2013 in einer Art privater Aufdeckungskampagne freigelegte mosaizierte Taufbecken von "91. Bou Smir" oder die Neufunde von "140. Henchir el-Guemamdia" sowie "142 Henchir el-Hadouch" oder schlussendlich aus dem Jahr 2014 "165. Henchir Hamam el Baghali/Kalaa Kebira" sind - wenn auch nicht mit detaillierten Angaben oder gar einer Befunddokumentation - erfasst. Dies lenkt den Blick auf zwei gravierende Problemfelder der tunesischen und nordafrikanischen Archäologie: zum einen die wissenschaftliche Erfassung gerade der größtenteils erstklassigen frühchristlichen Befunde mit oft genug fehlenden festen Anhaltspunkten zur absoluten Chronologie und zum anderen deren Konservierung, die in der Regel nur dürftigen Standards genügt.

Nur verhältnismäßig selten ist auch das Autorenteam gänzlich an der Befundüberlieferung gescheitert, wie bei "54. Zaghouan. Ziqua?", das als Ort mit unsicherer Identifikation und unbekannter Ortsgeschichte benannt wird. Manchmal dürfte auch die Ortsnamensschreibungsvielfalt Schuld an versehentlichen Zuordnungen sein, wie im Fall von "56. Ommsetren", einer Taufpiscina, der die Literaturangaben zu den Katalogen von Khatchatrian und Ristow [2] fehlt, wohl weil die zwar verwandte, aber alphabetisch doch variierende Schreibweise dort Oumcetren lautet. Andere Befunde sind gänzlich unveröffentlicht, so etwa das Taufbecken von Rgueb ("107. Henchir Youssef").

Insgesamt liegt dieser lange erwartete und für die Kirchenarchäologie unverzichtbare Band endlich vor. Er ist zusammen mit anderen Katalogen dieser Art, wie zum Beispiel den "Vorromanischen Kirchenbauten" oder den Publikationen zu Jordanien [3] und Dalmatien [4] in Zukunft für kirchenbautypologische Arbeiten und solche, die sich mit der exzeptionellen Bauausstattung Nordafrikas befassen, mit Gewinn zu nutzen. Noch zu verbessern wäre die Publikation eines so wichtigen Arbeitsstandes auf einer Plattform, die den Standards des geplanten Projekts CARE vergleichbar wäre. [5]


Anmerkungen:

[1] Isabelle Gui / Noël Duval / Jean-Pierre Caillet: Basiliques chrétiennes d'Afrique du Nord (Inventaire et Typologie) 1. Inventaire des Monuments de l'Algérie (= Collection des Études Augustiniennes, Série Antiquité; 129), Paris 1992.

[2] Armen Khatchatrian: Les baptistères paléochrétiens. Plans, notices et bibliographie, Paris 1962, Kat. 278; Sebastian Ristow: Frühchristliche Baptisterien (= Jahrbuch für Antike und Christentum; Ergbd. 27), Münster 1998, Kat. 737.

[3] Anne Michel: Les églises d'époque byzantine et umayyade de la Jordanie. Ve-VIIIe siècle. Typologie architecturale et aménagements liturgiques (= Bibliothèque de l'Antiquité Tardive; 2), Turnhout 2001.

[4] Pascale Chevalier: Salona II. Recherches arch. franco-croates à Salone. Ecclesiae Dalmatiae. L'architecture paléochrétienne de la province romaine de Dalmatie (IVe-VIIe s.) [En dehors de la capitale, Salona] (= Collection de l'École française de Rome; 194,2), 2 Bde., Rom 1995.

[5] http://care-dach.net/ - Guido Faccani / Sebastian Ristow: Vorromanische Kirchenbauten online - ein internationales Projekt, in: Hortus Artium Medievalium 18 (2012), 179-182; Sebastian Ristow: Frühchristliche Kirchen des Alpenraums im Projekt CARE (Corpus Architecturae Religiosae Europae), in: Ines Dörfler / Paul Gleirscher (Hgg.): Beiträge zur Tagung "ad amussim", Festschrift für Franz Glaser, Klagenfurt Nov. 2015 (im Druck).

Sebastian Ristow