Silke Gatenbröcker (Red.): Hofkunst der Spätrenaissance. Braunschweig-Wolfenbüttel und das kaiserliche Prag um 1600. Ausstellung im Herzog Anton Ulrich-Museum Braunschweig 14. Mai bis 2. August 1998, Konzeption: Jochen Luckhardt, Braunschweig: Limbach 1998, 234 S., ISBN 3-922279-42-2, DM 59,00
Aus: Braunschweigisches Jahrbuch für Landesgeschichte (Bd. 80 (1999), S. 284 - 285)
Rezensiert von:
Mechthild Wiswe
Der gelehrte und kunstsinnige Herzog Heinrich Julius (1564-1613), Regent des Fürstentums Wolfenbüttel und evangelischer Bischof des Bistums Halberstadt, war als Diplomat und wichtiger politischer Berater Kaiser Rudolfs II. ein häufiger Gast am Kaiserhof in Prag. Diese Beziehung führte zu einem wechselseitigen Austausch auf künstlerischem Gebiet. Der Herzog schenkte seinem kaiserlichen Herren bedeutende Schöpfungen der Kunst und des Kunsthandwerks, während andererseits Arbeiten aus dem Kreis der Prager Hofkünstler von hohem Rang nach Wolfenbüttel gelangten. Dieser Thematik war eine im wesentlichen im Herzog Anton Ulrich-Museum in Braunschweig erarbeitete kleine, aber essentielle Kunstausstellung gewidmet, die hier und in der Prager Nationalgalerie gezeigt wurde. Als bleibendes Ergebnis dieser Bemühungen ist der üppig ausgestattete Katalog anzuzeigen, der auch eine Reihe wenig bekannter Werke enthält.
Einleitend stellt Thomas DaCosta Kaufmann in der Publikation das Verhältnis zwischen Prag und der gleichzeitigen Kunst an deutschen Fürstenhöfen dar, während Jochen Luckhardt die Kunst am Wolfenbütteler Fürstenhof um 1600 erörtert. Es folgen wissenschaftliche Beschreibungen zu den 90 Katalognummern der Ausstellung, die sämtlich - teils in Farbe - vorzüglich abgebildet sind. Abgerundet wird der Band durch Kurzbiographien der beteiligten Künstler und ein umfangreiches Literaturverzeichnis.
Wie in klassischen kunsthistorischen Ausstellungen und ihren Begleitpublikationen üblich, wird das Thema durch Einzelwerke abgehandelt, beginnend mit Porträts von Herzog Heinrich Julius und seiner Familie. Darunter sind die in antiker Tradition stehende Reiterstatue des Fürsten von dem bedeutenden Bronzebildner Adriaen de Vries, aber auch ein Holzschnitt von Elias Holwein, der den Fürsten als Verstorbenen abbildet, hervorzuheben. Es folgen Darstellungen der welfischen Residenzen und des kaiserlichen Prag, Porträts der dort tätigen Künstler und Wissenschaftler sowie ihre Werke. Der Herzog hat übrigens selbst als Maler dilettiert, wie ein Landschaftsbild, das ihm zugeschrieben wird, dokumentiert.
Dank der Unterstützung von 11 Leihgebern, unter denen man die Nationalgalerie Prag vermißt, konnten weit verstreut überlieferte Objekte zusammengeführt werden, darunter die Teile eines Altars aus der Schloßkapelle in Hessen bei Wolfenbüttel von dem Niederländer Hans Vredeman de Vries (1590 datiert) mit der Allegorie auf Tod und Erlösung und den Seitentafeln mit der Darstellung der herzoglichen Familie. Unter den weiteren für den Prager und den Wolfenbütteler Hof tätigen Künstlern seien hier nur der mit acht Werken vertretene Maler Hans von Aachen genannt und Christoph Gertner, der u. a. für seinen Fürsten ein alchimistisches Rezeptbuch in allegorischer Art illustriert hat. Wiewohl das erwünscht wäre, kann hier auf weitere Einzelheiten nicht eingegangen werden. Bleibt anzumerken, daß der angezeigte Band für den landesgeschichtlich Interessierten seinen Wert hauptsächlich als Ergänzung zu dem Werk von Hilda Lietzmann über Herzog Heinrich Julius besitzt.
Empfohlene Zitierweise:
Mechthild Wiswe: Rezension von: Silke Gatenbröcker (Red.): Hofkunst der Spätrenaissance. Braunschweig-Wolfenbüttel und das kaiserliche Prag um 1600. Ausstellung im Herzog Anton Ulrich-Museum Braunschweig 14. Mai bis 2. August 1998, Konzeption: Jochen Luckhardt, Braunschweig: Limbach 1998, in: INFORM 1 (2000), Nr. 2, URL: <http://www.sehepunkte.de/inform/reviews.php?id=350>
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