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Katharina Schaal: Das Deutschordenshaus in Marburg in der Reformationszeit. Der Säkularisationsversuch und die Inventare von 1543 (= Untersuchungen und Materialien zur Verfassungs- und Landesgeschichte; Bd. 15), Marburg: Elwert 1996, 503 S., 2 Abb., 1 Karte, ISBN 3-7708-1072-4, DM 56,00

Aus: Württembergisch Franken (Bd. 84 (2000), S. 404 f.)

Rezensiert von:
Barbara Löslein

Im Jahre 1543 ließ Landgraf Philipp von Hessen die Deutschordens-Landkommende Marburg besetzen und ihren gesamten Besitz inventarisieren. Damit war es ihm gelungen, den umfangreichen Besitz des Deutschen Ordens in seinem Fürstentum anzueignen - ein Vorhaben, das er seit der Säkularisierung der Klöster in seinem Herrschaftsgebiet (1527/28) hatte verwirklichen wollen. Bereits 1549 war er jedoch gezwungen, mit dem damaligen Hoch- und Deutschmeister Wolfgang Schutzbar den Vertrag von Oudenarde abzuschließen, in dem der Deutsche Orden seine hessischen Güter zurückerhielt und hohe Entschädigungen für die entstandene Verluste zugesichert bekam.

Katharina Schaal befasst sich in ihrer Dissertation nun mit diesem gescheiterten Säkularisationsversuch und wertet vor allem die aus diesem Anlass angelegten und heute zum größten Teil im Staatsarchiv Marburg und im Deutschordenszentralarchiv aufbewahrten Inventare sowie weitere Quellen aus. Hieraus entwickelt sie ein anschauliches Bild über die wirtschaftlichen Verhältnisse, den Besitz und die Ausstattung der Deutschordenskommende Marburg.

Die Arbeit gliedert sich in vier Teile. Teil A beschreibt den Säkularisationsversuch Landgraf Philipps. Teil B widmet sich der Auswertung der Inventare, und zwar in erster Linie des Inventars des Marburger Deutschordenshauses, ergänzt durch die Beschreibung der Baugeschichte dieses Hauses. Auf der Grundlage dieser Quelle beschreibt Schaal zunächst ausführlich die Ausstattung einzelner Räume des Landkomturs, des Trappiers und anderer Ordensmitglieder, auch die Speiseräume, die Schreibstube sowie die Räume des Gesindes. Küchen- und Vorratsräume sind ebenso ausführlich untersucht wie der Wirtschaftshof, die Werkstätten der Landkommende (Bäckerei, Brauerei, Benderei, Kelterhaus, Schmiede, Stellmacherei, Barbierstube, Sattlerei) oder das Hospital, die Firmanei und die sakralen Räume (Elisabethkirche, Firmaneikapelle und Hospitalkapelle). Die genauen Beschreibungen erlauben nicht nur einen Einblick in die Organisation und Verwaltung des Ordenshauses, vielmehr geben sie auch einen Eindruck davon, wie die Menschen damals dort gelebt haben. So lassen sich aus den Inventaren Erkenntnisse über die Beschaffenheit der Heizung und der Betten gewinnen, während das Kücheninventar Rückschlüsse auf die Nahrungszubereitung zulässt.

Abgerundet wird das Kapitel durch eine Abhandlung über das Gesinde und die Inventare weiterer acht Häuser der Deutschordensballei Hessen, derer sich Landgraf Philipp zu bemächtigen versucht hatte, nämlich Fritzlar, Felsberg, Wetzlar, Schiffenberg, Stedebach, Amöneburg, Kirchhain, und Görzhausen. Teil C schließlich widmet sich den Mitgliedern der Ballei Hessen in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts.

Der Anhang enthält die Edition der Inventare von 1543 und zwar sowohl die der Landkommende und des Hospitals Marburg als auch der oben erwähnten acht Häuser der Ballei Hessen, ein aus den Informationen der Marburger Rechnungsbestände, Urkunden und Inventare erstelltes Verzeichnis der Mitglieder der Ballei Hessen in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts, Quellen- und Literaturverzeichnis, Orts- und Personenregister sowie den Grundriss von Landkommende und Hospital Marburg aus der Zeit um 1735.

Empfohlene Zitierweise:

Barbara Löslein: Rezension von: Katharina Schaal: Das Deutschordenshaus in Marburg in der Reformationszeit. Der Säkularisationsversuch und die Inventare von 1543, Marburg: Elwert 1996, in: INFORM 2 (2001), Nr. 3, URL: <http://www.sehepunkte.de/inform/reviews.php?id=440>

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