Wilfried Reininghaus (Hg.): Zunftlandschaften in Deutschland und den Niederlanden im Vergleich. Kolloquium der Historischen Kommission für Westfalen am 6. und 7. November 1997 auf Haus Welbergen (= Schriften der Historischen Kommission für Westfalen; 17), Münster: Aschendorff 2000, 151 S., ISBN 3-402-05615-1, DM 38,00
Aus: Nassauische Annalen (Bd. 112 (2001), S. 620 f.)
Rezensiert von:
Konrad Fuchs
Die Vielfalt, die das Zunftwesen kennzeichnet, veranschaulichen die Beiträge der anzuzeigenden Arbeit, bei denen es sich um Referate anläßlich einer Tagung über "Zunftlandschaften im Vergleich" vom 6./7. November 1997 handelt, veranstaltet durch die Historische Kommission Westfalen.
Im Anschluß an den einleitenden Beitrag "Zünfte und Regionen. 'Zunftlandschaften' als Forschungsproblem" von Wilfried Reininghaus (S. 3-9) werden behandelt: "'Zunftlandschaften' in den Niederlanden und im benachbarten Deutschland" von Piet Lourens und Jan Lucassen (S. 11-43); "Exportgewerbe, Zünfte und kapitalistische Entwicklungen in den Nördlichen und Südlichen Niederlanden im späten Mittelalter und der Frühen Neuzeit" von Catharina Lis und Hugo Soly (S. 45-70); "Politik, Kultur und politische Kultur: die Zünfte in den Nördlichen Niederlanden" von Maarten Prak (S. 71-83); "Schneider oder Näherinnen? Ein geschlechtsbezogener Vergleich der Bekleidungshandwerke in den Nördlichen und Südlichen Niederlanden während der Frühen Neuzeit" von Harald Deceulaer und Bibi Panhuysen (S. 85-106); "Zunft und Memoria. Überlegungen zur Selbstdeutung von Zünften im mittelalterlichen Westfalen" von Thomas Schilp (S. 107-120); "Gilden in der Stadt Münster" von Franz-Josef Jakobi (S. 121-128); "Die Überlieferungssituation zur Geschichte der Gilden in Münster" von Hannes Lambacher (S. 129-134); "Zünfte und Zunftpolitik in Westfalen und im Rheinland am Ende des Alten Reiches" von Wilfried Reininghaus (S. 135-147).
Die Überschriften der Beiträge lassen erkennen, daß das Zunftwesen das lokale, regionale, nationale und internationale Wirtschafts-, Gesellschafts- und politische Leben nicht nur mitgestaltend beeinflußte, sondern seit dem späteren Mittelalter sogar beherrschend wurde, teilweise auf dem Umweg über Revolutionen. Von speziellem Interesse sind die zahlreichen Hinweise auf die aus der Fremdheit bzw. der Andersartigkeit, zumal der weltanschaulichen, resultierenden Konsequenzen im Rahmen des Miteinanders. Festgestellt wird in diesem Zusammenhang u.a.: Viel weniger bekannt als die Diskriminierung der Juden ist die der Katholiken hinsichtlich des Bürgerrechts und noch weniger hinsichtlich des Zunftrechts. Natürlich wissen wir, daß in der Republik die Calvinisten an der Macht waren und daß Anhänger anderer Konfessionen, die zusammen die Mehrheit der Bevölkerung bildeten, diskriminiert wurden (...). Utrecht war die am weitesten im Westen gelegene Stadt, in der man 1655 öffentlich Katholiken vom Bürgerrecht ausschloß (...). Östlich von Utrecht finden wir dieses System der Ausschließung der Juden für die ganze Periode bis 1795, die der Täufer und Lutheraner bis zur Mitte des 17. Jh.s, die der Katholiken bis zum Ende des 18. Jh.s (S. 19). Eine nachhaltige Verbesserung ihrer Rechtsstellung erfolgte allerdings stets dann, wenn es galt, qualifizierte Kräfte zu gewinnen.
Hingewiesen sei in diesem Zusammenhang darauf, daß das Phänomen der Fremd- bzw. Andersartigkeit mit all den daraus sich ergebenden nachteiligen Konsequenzen bereits in der Antike relevant war. Der peregrinus hatte an den politischen Rechten keinen Anteil, vielmehr war er recht- und schutzlos und wurde sogar als Feind betrachtet. Später erlangte er das Gastrecht (hospitium). Innerhalb des fränkischen Reichsgebiets wurden die Fremden während des Mittelalters ihrem nationalen Recht entsprechend behandelt. Aufgrund von Privilegien konnten sie den Einheimischen gleichgestellt werden. - Andersartigkeit, in welcher Form auch immer, ist offenbar zu allen Zeiten Anlaß für Ausgrenzungen gewesen, eine Tatsache, die sich schwerlich, falls überhaupt, hinterfragen läßt, da jenseits der Ratio angesiedelt.
Empfohlene Zitierweise:
Konrad Fuchs: Rezension von: Wilfried Reininghaus (Hg.): Zunftlandschaften in Deutschland und den Niederlanden im Vergleich. Kolloquium der Historischen Kommission für Westfalen am 6. und 7. November 1997 auf Haus Welbergen, Münster: Aschendorff 2000, in: INFORM 2 (2001), Nr. 4, URL: <http://www.sehepunkte.de/inform/reviews.php?id=449>
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