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Michaela Fenske: Ein Dorf in Unruhe: Waake im 18. Jahrhundert (= Hannoversche Schriften zur Regional- und Lokalgeschichte; Bd. 13), Bielefeld: Verlag für Regionalgeschichte 1999, 155 S., ISBN 3-89534-246-7, DM 24,80

Rezensiert von:
Stefan Brakensiek
Fakultät für Geschichtswissenschaft, Philosophie und Theologie, Universität Bielefeld

Hingewiesen sei auf einen schmalen, gleichwohl bemerkenswerten Band,der im Bielefelder Verlag für Regionalgeschichte erschienen ist und dem eine interessierte Leserschaft zu gönnen wäre. Diese volkskundliche Lokalstudie ist als Qualifikationsarbeit an der Universität Göttingen entstanden und knüpft an die dortige Tradition lebensweltorientierter Forschung an. In erster Linie stellt die Studie einen Beitrag zur historisch-anthropologischen Protestforschung dar, den man wegen seines guten Stils und der klaren Diktion mit Vergnügen liest.

Behandelt wird ein Konflikt zwischen den Bewohnern des Dorfes Waake bei Göttingen und dem Pächter des dortigen Gutes in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Zwar wurde die Auseinandersetzung vorwiegend als Streitfall vor Gericht ausgetragen, der durch sämtliche Instanzen ging, die Studie zeigt jedoch auf, wie diese Form des Konfliktaustrages durch außergerichtliche Formen des gewaltsamen Protests, der versteckten Widerständigkeit, aber auch des zwischenzeitlichen Arrangements begleitet wurde. Der vorgestellte Fall untermauert einerseits die globale These von der Verrechtlichung des bäuerlichen Widerstands im Alten Reich, erweitert sie jedoch durch Kontextualisierung um bedenkenswerte Aspekte.

Das dichte Quellenmaterial aus unterschiedlichen Überlieferungszusammenhängen (Protokolle des örtlichen Patrimonialgerichts, Akten der Hannoverschen Justizkanzlei und des Oberappellationsgerichts Celle, das Kirchenbuch, Lagerbücher und Taxationsregister sowie die Aufzeichnungen des Gutspächters in sog. Hausbüchern) wird von der Verfasserin genutzt, um die Konfliktparteien deutlich hervortreten zu lassen. Dabei werden typische Konstellationen analysiert, die jeder wiedererkennt, der sich mit Konflikten in der ländlichen Gesellschaft der Frühen Neuzeit befasst hat. Die Quellenlage ermöglicht jedoch darüber hinaus, individuelle Züge einzelner Protagonisten nachzuzeichnen. Auch als Personen erkennbar werden der Amtmann und Gutspächter Wegener, dessen Bemühen um konsequente Nutzung aller Herrschaftsrechte den Konflikt heraufbeschwor, der Dorfschulze Rosenplenter, der als Verbündeter der Herrschaft im Dorf den Protest zu dämpfen versuchte, und deren Gegenspieler, der Feldscher, Gastwirt und Bauer Georg sowie der Kleinbauer Magerkost, die den Protest schürten, organisierten und auch in schwierigen Phasen aufrechterhielten. So gelingt der Verfasserin das Kunststück, in einem Wechselspiel aus individualisierenden und typisierenden Verfahren einen Einzelfall plastisch darzustellen, gleichzeitig jedoch allgemeine Züge von frühmoderner Herrschaftsintensivierung, ökonomischer Modernisierung und dörflichen Widerstand gegen diese existenzbedrohenden Entwicklungen herauszupräparieren. Die Lokalstudie von Michaela Fenske gehört deshalb zu den besonders gelungenen Vertretern ihrer Gattung.

Empfohlene Zitierweise:

Stefan Brakensiek: Rezension von: Michaela Fenske: Ein Dorf in Unruhe: Waake im 18. Jahrhundert, Bielefeld: Verlag für Regionalgeschichte 1999, in: PERFORM 1 (2000), Nr. 1, URL: <http://www.sehepunkte.de/perform/reviews.php?id=4>

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