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Matthias Asche: Von der reichen hansischen Bürgeruniversität zur armen mecklenburgischen Hochschule (= Contubernium - Tübinger Beiträge zur Universitäts- und Wissenschaftsgeschichte; 52), Stuttgart: Franz Steiner 2000, 635 S., ISBN 3-515-07255-1, DM 154,00

Rezensiert von:
Rainer A. Müller
Historisches Seminar, Universität Eichstätt

Die vorliegende, vom renommierten Universitätshistoriker Anton Schindling betreute Tübinger Dissertation (1997) trägt in kompetenter Weise dem modernen und aktuellen universitätshistorischen Forschungsdesiderat Rechnung, dem der Evaluierung des studentischen Personalbestandes der akademischen Elite-Anstalten in der Frühen Neuzeit. Zwar liegen mit den Matrikelanalysen Franz Eulenburgs (Die Frequenz der deutschen Universitäten von ihrer Gründung bis zur Gegenwart, 1904) sowie dem ambitiösen Standardwerk von Hans-Werner Prahl (Sozialgeschichte des Hochschulwesens, 1978) Leitstudien vor, doch mangelt es an qualifizierten und fundierten monographischen Arbeiten zu den etwa 40 deutschen Hochschulen dieser Periode.

Asche analysiert und interpretiert unter Nutzung einer validen und pragmatischen Methodik (Vorgabe: Rainer Chr. Schwinges, Deutsche Universitätsbesucher im 14. und 15. Jahrhundert. Studien zur Sozialgeschichte des Alten Reiches, 1986) das "regionale und soziale Besucherprofil der Universitäten Rostock und Bützow" (Matrikeledition von Adolf Hofmeister, 7 Bde., 1889/1922) in der Zeitspanne zwischen 1500 und 1800 (wobei die Zäsurdaten wenig plausibel begründet werden) und kommt zum generellen Resultat, dass an der "protestantischen Familienuniversität" u.a. eine prinzipielle Konzentration des Studiums (und damit sozialen Aufstieges) auf das Stadtbürgertum sowie eine Verkleinerung des Einzugsraumes vonstatten ging. Die Hochschule, eine Gründung (1419) der mecklenburgischen Herzöge und des hansestädtischen Bürgertums und letztlich auch dessen "Karriere-Anstalt", wandelte sich ab dem 16. Jahrhundert von einer Juristenausbildungsstätte zu einer Theologenuniversität mit regionalem Charakter. Der Niedergang der Landes- und Provinzuniversität im 17. und 18. Jahrhundert war ein stetiger und konnte auch durch das Kuriosum einer fürstlichen Konkurrenzgründung in Bützow (1760/1789) nicht aufgehalten werden.

Die ausgezeichnete Strukturierung des Stoffes sowie eine exemplarisch valide bildungshistorische Kommentierung zeichnen die Studie ebenso aus wie ihre archivalische Fundierung und Personenprosopographie. Nach einer plausiblen methodischen Einführung referiert Kapitel 1 die Historie der Universität Rostock (und Bützow), vor allem ihre Stellung im politisch-administrativen Spannungsfeld von Land und Kommune, thematisiert ihr "Lehr- und Wissenschaftsprofil" und kommt dann im Hauptteil (Kapitel 2, 3, 4) zur Analyse und Darstellung der frequentiellen Entwicklung (u.a. Fakultätsverteilung, Konjunktur- und Depressionsphasen, etc.), zum regionalen Herkunftsprofil sowie zur sozialen Rekrutierung der Studentenschaft. In den abschließenden Kapiteln 4 (Universität als 'Patronagegemeinschaft') und 5 (Universitätsprofil in der Frühen Neuzeit) fazitiert der Verfasser seine aufgrund intensiver Quellenrecherchen gewonnenen Materialien in thesenhaften und kompatiblen Resultaten.

Die Dissertation, an die man nur als bleibendes Desiderat jenes der Evaluierung der Promotionen und der damit ermöglichten Karrieren herantragen könnte, ist von stupender Literaturverwertung und einem exquisiten Apparat geprägt; Anhang und Diagramme halten das hohe Niveau. Der Verfasser hat eine mustergültige akademische Arbeit vorgelegt.

Empfohlene Zitierweise:

Rainer A. Müller: Rezension von: Matthias Asche: Von der reichen hansischen Bürgeruniversität zur armen mecklenburgischen Hochschule, Stuttgart: Franz Steiner 2000, in: PERFORM 1 (2000), Nr. 4, URL: <http://www.sehepunkte.de/perform/reviews.php?id=42>

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