Gärten sind Orte des Wandels - die Veränderung von Licht und Witterung, das Wachstum und Absterben der Pflanzen, und nicht zuletzt die Eingriffe ihrer auf Verschönerung bedachten Besitzer tragen hierzu bei. Umso schwieriger muss es sein, das Werkverzeichnis eines Gartenkünstlers zu erarbeiten, entziehen Gärten als offene, dynamische Kunstwerke sich doch in besonderem Maße jener Fixierung, die ein Werkverzeichnis anstreben muss. Das Verzeichnis der Parks und Gärten Peter Joseph Lennés (1789 - 1866) im Land Brandenburg lässt deshalb aufhorchen. Das Brandenburgische Landesamt für Denkmalpflege und das Archäologische Landesmuseum hat sich zusammen mit der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg dieser ambitionierten Aufgabe gestellt. Bearbeiter sind zwei ausgewiesene Experten für die Geschichte der Gartenkunst und Gartendenkmalpflege: Detlef Karg, Direktor des Brandenburgischen Landesamtes für Denkmalpflege, und Hans-Joachim Dreger, Referatsleiter der Gartendenkmalpflege ebendort.
In einer konzisen, kenntnisreichen Einleitung umreißt Detlef Karg Lennés Schaffen und stellt leitende Fragen vor. Es folgt das Verzeichnis der von Lenné entworfenen Gärten in alphabetischer Ordnung. Ein Schaffensschwerpunkt des Künstlers liegt naturgemäß in Potsdam und den Anlagen von Sanssouci, war Lenné doch fast 50 Jahre im Dienste der preußischen Könige in der Potsdamer Gartendirektion tätig. Damit deckt das Verzeichnis eine Reihe seiner bedeutendsten Schöpfungen ab. Die Verschönerung der Insel Potsdam wird von Gerhard Hinz 1937 nicht zu Unrecht als "die Krone von Lennés Schaffen überhaupt" bezeichnet (208). Hinzu treten 24 märkische Anlagen, von denen die meisten kaum wissenschaftlich erforscht sind.
Verzeichnet werden nicht nur Gärten und Parks im engeren Sinne, sondern das ganze Spektrum zwischen Gartenkunst und Landesverschönerung, das für das Werk Lennés so charakteristisch ist. Stadtplätze und Promenaden, Grünanlagen an Bahnhöfen und Umgehungsstraßen, Weinberge und Kurparks sind neben Schloss- und Gutsparks verzeichnet. Die Entwicklung jeder Anlage wird von den Anfängen bis zur Gegenwart dargestellt. Damit werden die Werke Lennés in ihrem historischen Kontext greifbar. Der Blick geht ganz explizit von den heute noch existierenden oder nachweisbaren Anlagen aus. Nicht ausgeführte Pläne werden nicht berücksichtigt. Die Planzeichnungen Lennés und seiner Mitarbeiter sind zwar die wichtigsten Quellen; die Ausführung weicht aber des Öfteren von den Plänen ab, sodass nur die Gärten selbst letzte Auskunft geben können. Diese Arbeit ist allein durch einen breiten Mitarbeiterstab verantwortungsvoll zu bewerkstelligen, der dem Projekt auch zur Verfügung stand.
Die wichtigsten Pläne werden großformatig in Farbe reproduziert. Ergänzend kommen historische Ansichten und aktuelle Fotos hinzu, die den derzeitigen Zustand der Gärten dokumentieren. Für jede Anlage werden zudem Karten, Pläne, Archivalien und Sekundärliteratur vollständig nachgewiesen.
Der Blick auf Lennés Gärten ist der des Gartendenkmalpflegers, der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft im Auge hat. Der Gartendenkmalpfleger ist mehr als der Kunsthistoriker durch seine Tätigkeit gezwungen, sich neben dem künstlerischen Entwurf eines Gartens als abstrakter Idee auch mit dessen substanzieller Form auseinander zu setzen. Der Entwurf bleibt eine künstlerische Momentaufnahme, der Garten hingegen ist seinem Wesen nach in ständigem Wandel begriffen - eine Grundhaltung der Autoren gegenüber den Gärten, die den aktuellen Stand der Auseinandersetzung mit historischen Gärten spiegelt.
Zwei Beiträge von Hans Joachim Dreger und Clemens Alexander Wimmer am Schluss des Bandes verdienen besondere Aufmerksamkeit. Sie liefern Ergänzungen zum Lenné-Werk in Brandenburg und in Potsdam, denn keineswegs alle noch vorhandenen Parks und bekannten Archivalien sind im Werkverzeichnis enthalten. Bei einer Reihe von Parks lässt sich Lennés Anteil nicht mehr genau bestimmen, sei es auf Grund unzureichender Quellen, sei es auf Grund zu starker Überformung des Bestandes. Hier zeigt sich ein hoher Forschungsbedarf, der auch schon bei den weniger bekannten märkischen Parks aufgefallen ist. Nur vertiefende Einzelstudien können diese Lücken verkleinern. Ein Werkverzeichnis dieses Zuschnitts tut gut daran, diese offenen Fragen zu thematisieren.
Werkübergreifende Fragen spricht Detlef Karg schon in seiner Einleitung an. Die wichtigste ist sicher die nach der sozialen Herkunft der Auftraggeber, von denen eine erstaunlich hohe Zahl den liberalen preußischen Reformern zuzuordnen ist. Daneben ist auch der Einfluss der italienischen und französischen Gartenkunst noch unzureichend geklärt.
Aufbauen können die Autoren auf einigen grundlegenden Arbeiten, allen voran auf den richtungweisenden Werken von Gerhard Hinz von 1937 und 1989. [1] Hinz hat als Erster ein Verzeichnis des Gesamtwerks Lennés vorgelegt, in dem er Pläne und ausgeführten Gärten gleichermaßen berücksichtigt. Daneben zählt das Werkverzeichnis der Zeichnungen Lennés, das 1993 von Harri Günther und Sibylle Harksen veröffentlicht wurde, zu den wichtigsten Vorarbeiten für den vorliegenden Band. [2]
Die Ausstattung des Bandes ist opulent. Dennoch können Reproduktionen der großformatigen Plänen Lennés nie vollständig befriedigen, da zu viele Details verloren gehen. Die Ergänzung des Bandes um eine CD-ROM mit sämtlichen digitalisierten, zoombaren Zeichnungen wäre äußerst wünschenswert gewesen. Sie hätte den Anspruch, hier die wichtigste Grundlage für zukünftige Lennéforschung in Händen zu halten, dem der Band ansonsten vollauf gerecht wird, in technischer Hinsicht untermauert.
Ein Werkverzeichnis Peter Joseph Lennés in Angriff zu nehmen, war längst überfällig. Dies wird umso deutlicher, wenn man in der Einleitung von Detlef Karg erfährt, dass ein solcher Plan bereits seit Mitte der achtziger Jahre für das Gebiet der DDR existierte (11). Dass nun der erste Band dieses Werkverzeichnisses erscheint, gibt Anlass, den Beteiligten hohe Anerkennung auszusprechen. Es nährt zugleich die Hoffnung, weitere Bundesländer mögen dem Vorbild folgen. Ein zweiter Teil, der die Werke Lennés in der Residenzstadt Berlin behandelt, wäre unter Federführung der rührigen Berliner Gartendenkmalpflege nahe liegend. Doch sollte das Vorhaben damit keineswegs erschöpft sein.
Mit dem Werkverzeichnis der Parks und Gärten von Peter Joseph Lenné im Land Brandenburg ist ein erster Schritt getan, um die Gartenschöpfungen Lennés auf höchstem wissenschaftlichen Niveau zu dokumentieren und zukünftiger Lennéforschung die Richtung zu weisen.
Anmerkungen:
[1] Gerhard Hinz: Peter Josef Lenné und seine bedeutendsten Schöpfungen in Berlin und Potsdam, Berlin 1937, (Kunstwissenschaftliche Studien; 22); Gerhard Hinz: Peter Joseph Lenné: das Gesamtwerk des Gartenarchitekten und Städteplaners, 2 Teile, Hildesheim 1989.
[2] Peter Joseph Lenné : Katalog der Zeichnungen. Bearbeitet von Harri Günther und Sibylle Harksen, Tübingen 1993.
Detlef Karg / Hans-Joachim Dreger (Bearb.): Peter Joseph Lenné. Parks und Gärten im Land Brandenburg. Werkverzeichnis (= Forschungen und Beiträge zur Denkmalpflege im Land Brandenburg; Bd. 7), Worms: Wernersche Verlagsanstalt 2005, 342 S., ISBN 978-3-88462-217-9, EUR 48,00
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