Der von Jonathan K. Nelson und Richard J. Zeckhauser herausgegebene Sammelband "The Patron's Payoff: Conspicuous Commissions in Italian Renaissance Art" widmet sich dem Thema der Kunstpatronage aus einer interdisziplinären Perspektive: Kunsthistoriker und Wirtschaftswissenschaftler gehen gemeinsam der Frage nach, welchen Profit sich die Auftraggeber der Frühen Neuzeit von ihren Kunstaufträgen versprachen und inwieweit diese Erwartungen im Einzelfall tatsächlich erfüllt wurden. Der Titel greift mit der Anspielung auf den Begriff des Geltungskonsums ("conspicuous consumption") eine zentrale Kategorie der Konsumtheorie des amerikanischen Ökonom Thorstein Veblen auf, der in seinem 1899 erschienenen Buch Theory of the Leisure Class: An Economic Study of Institutions (deutsch, Die Theorie der feinen Leute) das demonstrative Konsumverhalten von gesellschaftlichen Eliten untersucht hat.
Vorangestellt ist dem Band ein Vorwort von Michael Spence, der 2001 für seine "Job Market Signaling"-Theorie den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften erhielt. Seine Forschungen beschäftigen sich mit der Frage, welche Informationen (Signals) dazu führen, dass ein Arbeitgeber (Prinzipal) einen bestimmten Arbeitssuchenden (Agent) auswählt, bzw. welches Signal von diesem als distinktives Merkmal gesendet wird, um eine bestimmte Eigenschaft seiner Person zu vermitteln. Ein vergleichbarer Kommunikationsprozess lässt sich auch zwischen Künstlern, Mäzenen und dem Publikum der Frühen Neuzeit nachweisen.
Die Eliten der Renaissance wollten ihre Macht und ihre soziale Stellung sichtbar machen. Dies war der Ansporn für ihr gewaltiges Mäzenatentum, das manch einen in den Bankrott führte. So lautet auch die Quintessenz des gesamten Buches, dass schon im Mittelalter und in der Renaissance gerade der hohe finanzielle Aufwand für Kunst- und Bauwerke ein Prestigezeichen darstellte, das Kaufleute, Fürsten und auch Künstler zur sozialen Distinktion nutzten. Als anschauliches symbolisches Kapital sicherten die Kunstaufträge so nicht nur die Karrieren, sondern auch die Kreditwürdigkeit ihrer Auftraggeber.
Der erste Teil des Buches, der gemeinsam von Jonathan K. Nelson und Richard J. Zeckhauser verfasst wurde, liefert in vier Kapiteln den theoretischen Rahmen der Untersuchung. Neben einer sorgfältigen Bestandsaufnahme des Forschungsstandes, die den Bogen zu den kultursoziologischen Arbeiten von Peter Burke und Pierre Bourdieu sowie zu Stephen Greenblatts einschlägigem Begriff "self-fashioning" schlägt, erfolgt eine Einführung in die zumindest für Kunsthistoriker nicht alltägliche Terminologie der Wirtschaftswissenschaften und Konsumsoziologie. Die Autoren sind dabei um größtmögliche Anschaulichkeit bemüht, als sehr hilfreich für den Leser erweist sich etwa die Umrechnung der historischen Geldwerte in das Jahreseinkommen eines Durchschnittsverdieners dieser Zeit (11), die das Finanzvolumen einzelner Aufträge gut nachvollziehbar macht. Anhand zahlreicher Einzelbeispiele erläutern die Verfasser nicht nur die Kosten-Nutzen-Rechnung der jeweiligen Auftraggeber, sondern beantworten auch die Frage nach dem intendierten Publikum der Werke. Auf der Ebene der Bedeutungskonstitution liefern ikonografische Analysen einen Eindruck davon, wie Auftraggeber etwa über ihre Stifterporträts ein intensives "self-fashioning" betrieben und welchen Gewinn sie damit im Hinblick auf ihr Image und ihre Reputation erzielen konnten. Übertreibung und Auslassung waren dabei die wichtigsten rhetorischen Mittel, deren sich die Künstler bedienten, um die gewünschten Eigenschaften im Auge des Betrachters herauszustellen.
Der zweite Teil des Buches widmet sich dann in fünf Einzelstudien ebenso den unterschiedlichen Orten frühneuzeitlicher Kunstpatronage wie auch verschiedenen Typen von Auftraggebern: Kaufleute, Fürsten, Künstler, Frauen. Nelson und Zeckhauser beschäftigen sich einleitend mit den Privatkapellen in Florenz und Stiftungen im religiösen Kontext. Sie weisen nach, dass der persönliche Raum im Sakralraum das teuer gehandelte Privileg einer gesellschaftlichen Elite war, die über diese öffentliche Jenseitsvorsorge auch ihre politische und wirtschaftliche Vormachtstellung signalisierte. Diesen Aspekt verfolgt auch der anschließende Beitrag von Thomas J. Loughman zu den Kunstaufträgen der Florentiner Kaufmannsfamilie Alberti, der es mit der Ausstattung der Hauptchorkapelle in Santa Croce gelang, ihren Geltungsanspruch im visuellen und ideellen Zentrum der Franziskanerkirche zu implementieren.
Den Blick auf Architektur als Bedeutungsträger richtet die Studie von Kelley Helmstutler Di Dio am Beispiel der Casa degli Omenoni in Mailand. Der Auftraggeber ist in diesem Fall der Künstler Leone Leoni selbst, der für die Fassade seines Palastes ein monumentales Skulpturenprogramm schuf, das die Bildung und den Status des Hausbewohners, der Hofkünstler von Karl V. war, öffentlich inszenierte. Die Verfasserin arbeitet anschaulich die unterschiedlichen Strategien heraus, mit denen der Bildhauer sein "self-fashioning" betrieb, allein der gewählte Vergleich zu anderen Künstlerhäusern (152) scheint im Hinblick auf das "Signposting" etwas überstrapaziert: Ob Leoni seinen sozialen Status tatsächlich darin demonstrierte, dass er nicht, wie etwa Giulio Romano, auf das "billigere" Fresko zur Gestaltung seiner Fassade zurückgriff, scheint fraglich. Giulio Romano war Maler, Leone Leoni Bildhauer, hier scheint eher die Profession denn der Preis die Wahl des Mediums zu begründen.
Der Beitrag von Molly Bourne zu Mantegnas Madonna della Vittoria führt vor, wie der Condottiere Francesco Gonzaga seine Beinahe-Niederlage in der Schlacht von Fornovo 1495 mittels einer imagestärkenden Bilderkampagne in einen heroischen Sieg umdeuten ließ. Der abschließende Beitrag von Larry Silver hat zwei Schwerpunkte: Im ersten Teil diskutiert der Verfasser unter dem Leitbild der "Matronage" am Beispiel von Maria de' Medici sowie amerikanischer Kunstmäzeninnen um 1900 geschlechtsspezifische Ausformungen in der gesellschaftlichen Selbstpositionierung durch Kunst. Der zweite Teil thematisiert Künstlerselbstdarstellungen des 16. und 17. Jahrhunderts und macht am Beispiel berühmter Selbstbildnisse von Velázquez bis Rembrandt noch einmal deutlich, dass auch die Urheber von Kunstwerken mittels Übertreibung und Auslassung ihr eigenes soziales Image kreierten.
Dass Bilder Propaganda betreiben, ist für das Fach Kunstgeschichte keine neue Erkenntnis. Den Repräsentationskonsum von Künstlern und Mäzenen der Frühen Neuzeit als eigenes Untersuchungsthema einzugrenzen und unter diesem Gesichtspunkt auch die in Auftrag gegebenen Kunstwerke von produktions- und rezeptionsästhetischer Seite her zu deuten, war ein Desiderat. "The Patron's Payoff" beeindruckt nicht nur durch seine innovative interdisziplinäre Herangehensweise und die Zusammenstellung eines umfangreichen Quellenmaterials, sondern auch in den von den Herausgebern verfassten Kapiteln durch eine besondere Didaktik. Anders als in den meisten kulturhistorischen Forschungsarbeiten wird der Vergleich zur Gegenwart immer wieder ausdrücklich gesucht und dabei auch manche Strategie für "signposting" im heutigen Wissenschaftsbetrieb enthüllt. Dies macht die Lektüre sehr unterhaltsam und belegt nachhaltig, dass auch hochkarätige Wissenschaft ansprechend und allgemeinverständlich sein kann.
Jonathan K. Nelson / Richard J. Zeckhauser (eds.): The Patron's Payoff. Conspicuous Commissions in Italian Renaissance Art, Princeton / Oxford: Princeton University Press 2008, xviii + 234 S., ISBN 978-0-691-12541-1, GBP 23,95
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