sehepunkte 13 (2013), Nr. 5

Jean Nouzille: Le Prince Eugene de Savoie et le sud-est europeen (1683-1736)

In der geschichtswissenschaftlichen Serie "Bibliothèque d'Etudes de l'Europe centrale" des renommierten franko-schweizerischen Verlags Honoré Champion erschien im Jahr 2012 als posthume Veröffentlichung eine neue Monographie von Jean Nouzille zur Tätigkeit des Prinzen Eugen in Südosteuropa. Prinz Eugen von Savoyen (1663-1736) gehört zu den bekanntesten Feldherrn der europäischen Frühen Neuzeit. Nach den klassischen Biographien von Alfred Ritter von Arneth und Max Braubach [1] sowie zahlreichen weiteren Studien, welche sich mit dem Leben des berühmtesten Heerführers der Türkenkriege (1683-1699, 1716-1718) auseinandersetzten, liegt damit nun eine neue Publikation vor, die vom großen Interesse des Autors an Prinz Eugen zeugt.

Der Kolonel Nouzille war ein Vertrer der alten Schule der Militärgeschichte und beschäftigte sich viel mit den strategischen und politischen Problemen in Südosteuropa vom Spätmittelalter bis ins 20. Jahrhundert. Nach seinem Tod haben seine Witwe Simone Herry und sein Kollege, der Leiter der Serie "Bibliothèque d'Etudes de l'Europe centrale" Daniel Tollet, den nachgelassenen und auf der Dissertation Nouzilles (Thèse d'Etat, Strasbourg 1979) aufbauenden Text für die nun vorliegende wissenschaftliche Publikation aufbereitet.

Das Hauptanliegen des Buches ist nicht, eine neue Biographie von Prinz Eugen vorzulegen. Vielmehr handelt es sich um eine Monographie über seine Rolle bei der Wiedereingliederung und Neuorganisierung der von den Türken im 17. und 18. Jahrhundert zurückeroberten südlichen Grenzzonen Ungarns und Kroatiens. Diesem Thema hat Nouzille bereits eine andere Monografie sowie zahlreiche Studien gewidmet. [2]

Nach einer kurzen geographischen und geostrategischen Vorstellung des ungarischen und kroatischen Grenzgebietes beginnt der Autor mit der historischen Analyse der militärischen Grenzgebiete (französisch: confins). Der Fokus liegt dabei auf den osmanischen Eroberungen und deren demographischen Folgen beziehungsweise auf der Migration der serbischen Minderheiten nach Süd-Ungarn und Kroatien. Die kaiserliche Kriegsverwaltung benützte diese autonomen und militärisch gut organisierten Gemeinden (serbisch: zadruga) erfolgreich, um ein neues Verteidigungssystem zu entwickeln. 1630 beschloss der Hofkriegsrat zu diesem Zweck, den Siedlern im Grenzgebiet Land und bestimmte Privilegien zu gewähren. Ebenso wurde die lokale Bevölkerung durch die Gewährung von Privilegien zum Bleiben angeregt. Diese Militärgrenze war nicht nur eine interessante Kombination der serbischen Zadruga-Einheiten mit der kaiserlichen Militärverwaltung, sondern auch eine sehr effiziente Waffe gegen die Ambitionen der ungarischen und kroatischen Stände.

Das zweite Kapitel stellt die Geschichte dieses Systems vom Frieden von Karlowitz bis zum Ende des Aufstandes von Fürst Ferenc Rákóczi II. dar. Das dritte Kapitel trägt den Untertitel Drang nach Südosten und befasst sich mit der Periode der Türkenkrieg 1716-18 und dem Frieden von Passarowitz. Jean Nouzille beschreibt nicht nur punktgenau die militärischen Ereignisse des Krieges, sondern stellt auch dessen strategische, demographische, politische und wirtschaftlichen Folgen vor. Das nächste Kapitel, das einen auf das 20. Jahrhundert anspielenden Titel (rideau de fer = Eiserner Vorhang) trägt, beschreibt und analysiert erneut die Entwicklungen der Militärgrenze in unterschiedlichen Gebieten, wie im Temeschwarer Banat, in Slawonien und in der Walachei, sowie die dort entstandenen neuen ethnischen und religiösen Spannungen. Gerade vor diesem Hintergrund wurde der Tod Prinz Eugens von Savoyen 1736 zu einer Herausforderung für die Konsolidierung der Machtposition der Habsburgermonarchie in dieser Region: Im folgenden Türkenkrieg (1737-1739) verlor der Kaiser die Herrschaft über die Gebiete der Militärgrenze außerhalb Ungarns.

Die vorliegende Publikation ist durchaus geeignet, neue Einsichten in einen als bekannt gedachten Wissensbereich zu vermitteln. Sie ist insgesamt gut lesbar und verwendet eine präzise Terminologie. Die Rechtschreibung der ungarischen Namen ist aber nicht immer fehlerlos. Das Buch wird von Schlussbetrachtungen und einem Quellen- und Literaturverzeichnis abgerundet. Unter der verwendeten Literatur vermisst man jedoch Hinweise auf einschlägige neuere europäische Arbeiten zum Thema etwa von Ciro Paoletti [3] oder Vít Vlnas [4]. Ein der Qualität des Werkes angemessenes Namens- und Ortsregister beschließt den Band.


Anmerkungen:

[1] Alfred Ritter von Arneth: Prinz Eugen von Savoyen, 3 Bde., Wien 1858; Max Braubach: Prinz Eugen von Savoyen, 5 Bde., Wien 1963-1965.

[2] Jean Nouzille: Histoire de frontières. L'Autriche et l'Empire ottoman, (Faits et représentations) Paris 1991.

[3] Il principe Eugenio di Savoia, Roma 2001.

[4] Princ Evžen Savojský. Život a sláva barokního válečníka, Praha / Litomyš 2001.

Rezension über:

Jean Nouzille: Le Prince Eugene de Savoie et le sud-est europeen (1683-1736). Texte remis en forme par Simone Herry et Daniel Tollet (= Bibliothèque d'études de l'Europe Centrale; 6), Paris: Editions Honoré Champion 2012, 492 S., ISBN 978-2-7453-2237-1, EUR 97,38

Rezension von:
Ferenc Tóth
Ungarische Akademie der Wissenschaften, Institut für Geschichtsforschung, Budapest
Empfohlene Zitierweise:
Ferenc Tóth: Rezension von: Jean Nouzille: Le Prince Eugene de Savoie et le sud-est europeen (1683-1736). Texte remis en forme par Simone Herry et Daniel Tollet, Paris: Editions Honoré Champion 2012, in: sehepunkte 13 (2013), Nr. 5 [15.05.2013], URL: https://www.sehepunkte.de/2013/05/21954.html


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