sehepunkte 15 (2015), Nr. 1

Nicholas Karn (ed.): English Episcopal Acta, 42

Zu besprechen ist hier Band 42 von aktuell 44 Bänden der "English Episcopal Acta", die seit 1980 in lockerer Folge als Veröffentlichungen der British Academy erscheinen. Damit sind etwa vier Fünftel des editorischen Großprojekts vollendet, das alle Urkunden der Bischöfe der 17 mittelalterlichen englischen Bistümer aus dem Zeitraum von 1066 bis zum Einsetzen einer Registerüberlieferung im 13. oder frühen 14. Jahrhundert umfassen soll. Für die Bischöfe von Ely hat Nicholas Karn im Band 31 der Reihe 2005 bereits die Urkunden aus dem Zeitraum 1109 bis 1197 vorgelegt. Weitere Bände für die Jahre 1257 bis 1337 werden folgen. Das Bistum Ely, das lediglich die Isle of Ely und die Grafschaft Cambridgshire im Osten Englands umfasste, war eines der jüngsten und kleinsten in England, verfügte aber über beträchtliche Einkünfte aus Besitzungen innerhalb und mehr noch außerhalb des Bistums. Das macht bis heute die eindrucksvolle Kathedrale von Ely weithin sichtbar.

Der Band bietet 236 Urkunden, von denen 74 als originale Ausfertigung und 162 abschriftlich erhalten sind, außerdem alle relevanten Angaben zu weiteren 42 nicht mehr erhaltenen Urkunden, die durch spätere Erwähnungen belegt sind. Das mag für gut 58 Jahre wenig sein, spiegelt aber die geringe Ausdehnung der Diözese und die schwierige Überlieferungssituation wider. Das Archiv des Domklosters von Ely ist zwar vergleichsweise gut erhalten und wird heute leicht zugänglich in der Universitätsbibliothek von Cambridge aufbewahrt. Vom bischöflichen Archiv gibt es aber nur noch versprengte Reste, und Urkunden für Empfänger außerhalb von Ely sind naturgemäß weit verstreut. Insgesamt hat der Herausgeber Quellen aus 45 Archiven und Bibliotheken genutzt. Sicher unterrepräsentiert, aber vereinzelt noch vorhanden sind Urkunden, die die weltlichen Besitzungen und Einkünfte der Bischöfe betreffen. Die Mehrzahl der Urkunden behandelt kirchliche Angelegenheiten: Besitzbestätigungen für geistliche Institutionen, die Inkorporation von Pfarrkirchen, die Einsetzung von Pfarrern und Vikaren, die Aufteilung der Einkünfte von Pfarrkirchen und die Ausstattung von Vikariaten, die Genehmigung von privaten Kapellen, Ablässe und ähnliches mehr.

Bischof Eustace (1198-1215) war auch in der päpstlichen delegierten Gerichtsbarkeit vielfach aktiv. Außerdem wirkte er an der Prüfung der Heiligkeit des Ordensgründers Gilbert von Sempringham mit. Während des 1207 über England verhängten Interdikts war er einer der mit der Überwachung seiner Einhaltung beauftragten Bischöfe und ging 1208 bis 1213 ins Exil. Eustace steht in der Reihe seiner Vorgänger, die hohe Ämter in der königlichen Verwaltung bekleideten. Einige Zeit wirkte er unter seinem unmittelbaren Vorgänger William de Longchamp, der die königliche Kanzlei leitete, als Vizekanzler und hatte dann auch kurz selbst das Amt des Kanzlers inne. Seine Nachfolger spielten in Politik und Verwaltung auf dieser Ebene keine Rolle. Trotzdem haben sie als Bischöfe Bedeutendes geleistet. Das dürfte nicht zuletzt daran gelegen haben, dass es dem benediktinischen Domkloster bei ihrer Wahl mehrfach gelang, eigene Kandidaten durchzusetzen, die zum Teil selbst monastisch geprägt waren. Bischof John (1220-1225) war zuvor Abt des Zisterzienserklosters Fountains, Bischof Hugh of Northwold (1229-1254) war Abt der Benediktinerabtei Bury St Edmunds. Jedenfalls zeigen die Quellen ein gutes Einvernehmen zwischen dem Domkloster und den Bischöfen.

Die Einleitung der Edition informiert ausführlich über die Biographie der Bischöfe, das Personal ihres Haushalts und die Diplomatik der Urkunden. Anhänge bieten umfangreiches ergänzendes Material, unter anderem das Itinerar der Bischöfe. Für Fragen der Struktur der Diözese, das Archidiakonat, die Landdekane und die Pfarreiorganisation wird auf die Einleitung des Vorgängerbandes verwiesen. Die Urkunden werden vollständig abgedruckt, falls sie nicht schon in früheren Bänden der Reihe veröffentlicht wurden, wenn mehrere Bischöfe als Aussteller zusammenwirkten. Jeder Text ist mit dem üblichem Apparat und einem Sachkommentar versehen. Oft erfordert die Datierung eine besondere Erläuterung, weil Bischofsurkunden damals in England noch nicht durchgängig datiert wurden und sie dann nur anhand der Zeugenlisten und inhaltlicher Kriterien einem Entstehungszeitraum zugewiesen werden können. In Einzelfällen war auch zu klären, ob Urkunden überhaupt Bischof Hugh (of Northwold) oder seinem zweiten Nachfolger, Bischof Hugh (of Balsham, 1257 - 1286), zuzuschreiben sind.

Zwei Vorgänge der Zeit mit bleibender Wirkung, an der die Bischöfe von Ely maßgeblichen beteiligt waren, finden in den greifbaren Urkunden keinen Niederschlag: die Gründung der Universität Cambridge und der Bau des hochgotischen Chores der Kathedrale. In einem zwölfseitigen Kapitel der Einleitung zeigt Karn, dass die Thesen, dass Kleriker des Haushalts von Bischof Eustace die Anfänge der Universität wesentlich mitgeprägt haben könnten und auch der bischöfliche Gerichtshof eine Rolle spielte, nicht belegt werden können und auch nicht plausibel sind. Für die Geschichte der Universität sind aber eine Reihe von frühen Urkunden für das Hospital of St John in Cambridge interessant, aus dem sich später das St John's College entwickelte.

Die Edition ist entsprechend den hohen Standards der Reihe sorgfältig und zuverlässig gearbeitet. Wie viel Arbeit darin steckt, lässt sich dem fertigen Produkt nur noch teilweise ansehen. Dass man mit einem solchen Projekt nie ganz fertig wird, zeigen schon die Nachträge im Anhang. Zwangsläufig bleiben auch einzelne Fragen und Wünsche offen. Bei Miri Rubin: Charity and Community in Medieval Cambridge, Cambridge u. a. 1987, 300 - 301, sind Statuten für das Hospital of St John in Cambridge von Bischof Hugh of Northwold abgedruckt, die Karn nicht berücksichtigt, obwohl er andere Statuten aufnimmt. Weist er sie Hugh of Balsham zu, auf dessen Urkunden wir noch warten müssen? Zu wünschen wäre auch ein Überblick über die nicht-urkundlichen Quellen zur Diözesanverwaltung in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts, vor allem eine nähere Beschreibung der beiden umfassenden Verzeichnisse des weltlichen Besitzes des Bistums von 1221/1222 und 1251, die laut Vincent Zeugnis ablegen für den großen Erfolg von Bischof Hugh of Northwold bei der Bewirtschaftung und Vermehrung der bischöflichen Güter und auch einige der von Karn edierten Urkunden überliefern oder verlorene Urkunden belegen. [1]

Der Band leistet an sich und im Zusammenhang der Reihe der "English Episcopal Acta" einen wichtigen Beitrag zur Erforschung der englischen Geschichte im 13. Jahrhundert. Auf die nächsten Bände darf man gespannt sein.


Anmerkung:

[1] Wer sich für die Geschichte des Bistums Ely und seiner Bischöfe im weiteren historischen Kontext interessiert, sollte auch zu folgendem Standardwerk greifen: Peter Meadows (ed.): Ely. Bishops and Diocese 1109-2009, Woodbridge 2010. Darin findet sich ein ausführliches, informatives und gut lesbares Kapitel über Bistum und Bischöfe im 13. Jahrhundert von Nicholas Vincent, der von der Edition der Bischofsurkunden im hier besprochenen Band bereits Gebrauch machen konnte.

Rezension über:

Nicholas Karn (ed.): English Episcopal Acta, 42. Ely, 1198-1256, Oxford: Oxford University Press 2013, CXIV + 329 S., ISBN 978-0-19-726550-5, GBP 90,00

Rezension von:
Falko Neininger
Brandenburgisches Landeshauptarchiv, Potsdam
Empfohlene Zitierweise:
Falko Neininger: Rezension von: Nicholas Karn (ed.): English Episcopal Acta, 42. Ely, 1198-1256, Oxford: Oxford University Press 2013, in: sehepunkte 15 (2015), Nr. 1 [15.01.2015], URL: https://www.sehepunkte.de/2015/01/25398.html


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