Friedensverhandlungen und Friedensschlüsse fanden in der Vormoderne nicht nur auf dem Papier oder an den Verhandlungstischen statt. Es ranken sich vielmehr unzählige Rituale und Zeremonien, ephemere und dauerhafte Bildwerke, musikalisch-theatrale Aufführungen und Feste um die sich lange hinziehenden, zuweilen auch scheiternden Bemühungen um Frieden. Sie rahmten nicht nur das Ereignis, sondern formten und bestimmten es maßgeblich mit und beeinflussten schließlich auch seine Rezeption. Diese Feststellung ist längst ein Allgemeinplatz im Rahmen der historischen Friedensforschung. Als einer ihrer herausragenden Vertreter hat der Mainzer Historiker Heinz Duchhardt mit den "Friedens-Miniaturen" einen Band mit sieben kurzweiligen Essays vorgelegt, die mit dem richtungsweisenden Untertitel "Zur Kulturgeschichte und Ikonographie des Friedens in der Vormoderne" eine Auswahl genau dieser (vermeintlichen) Nebenschauplätze und Begleitszenarien, vergessener Figuren und Friedensschlüsse in den Blick nehmen, die sich schließlich besonders aber auch dem publizistischen und bildkünstlerischen Niederschlag in groß- und kleinformatigen Gemälden und Kupferstichen widmen.
Das weite Spektrum deckt in loser Akzentuierung Friedensschlüsse vom 17. bis ins frühe 19. Jahrhundert ab, wobei der Wiener Kongress als Abschluss dieser Sicht auf die Vormoderne mit zwei Beiträgen intensiver vertreten ist. Thematisch reicht das Spektrum von der Wahl des Datums für einen Friedensschluss, das nicht selten und nicht zufällig auf Namens- oder Geburtstage fiel, über die Darstellung von Hunden in frühneuzeitlichen Gruppenporträts im Kontext von Friedensverhandlungen bis hin zu diversen Visualisierungsformen von Friedensschlüssen oder -ratifikationen: Hier stehen besonders der Westfälische Frieden 1648, der Frieden von Nimwegen 1678/79 und der Wiener Kongress 1814/15 im Zentrum, um nur die wichtigsten, im Buch immer wieder aufgerufenen Szenarien zu nennen. Der Autor widmet sich dabei teilweise durchaus neuen Forschungsfeldern (etwa dem Kongress von Niemirow in dem sehr lesenswerten Kapitel "Ein 'vergessener' Friedenskongress"); jedoch überwiegen bei weitem die Themenbereiche, die bereits sehr gut erschlossen sind, nicht zuletzt weil die historische und kunsthistorische Friedensforschung gerade in den letzten gut zwei Jahrzehnten eine starke Konjunktur hatte, motiviert durch zahlreiche in Ausstellungen gefeierte Jubiläen.
Die Forschung etwa zu Gerard ter Borchs "Beschwörung der Ratifikation des Friedens von Münster" erweist sich inzwischen als weitaus differenzierter, als es der fast ausnahmslos zitierte Beitrag zur großen Friedensausstellung in Münster und Osnabrück 1998 suggerieren mag. Dabei wird ter Borchs Gemäldeversion der "Beschwörung", die als Vorlage für den weit verbreiteten Stich diente, vom Autor häufig als das "klassische" Friedensgemälde apostrophiert, gleichwohl bemerkend, dass es diese Art der Darstellung doch nicht so häufig gebe wie man erwarten dürfte. Tatsächlich sollte betont werden, dass ter Borchs Version innerhalb der weitverzweigten Friedensikonografie nur einen kleinen Baustein bildet; erst sehr viel später wurde seine Darstellung mit den einträchtig nebeneinander schwörenden protestantischen Niederländern und katholischen Spaniern zu einer Art Ikone des Westfälischen Friedens, ja vielleicht sogar des frühneuzeitlichen Verständigungsfriedens allgemein. Die Gegenüberstellung von ter Borchs "Beschwörung des Separatfriedens" mit dem sehr ausführlich erläuterten sogenannten Monumentalgemälde des "Friedens von Nimwegen" aus dem Jahr 1679 von Henri Gascard führt in die nicht unproblematischen Fragen von Augenzeugenschaft oder nachträglicher Visualisierung, sei doch ter Borch Augenzeuge der im Münsteraner Rathaussaal stattgefundenen Zeremonie gewesen, während Gascard erst ein Jahr später seine Version des am 11. August 1678 unterzeichneten Friedens zwischen der Republik der Niederlande und Frankreich schuf. Aufmerksam werden die je unterschiedlichen, dem spezifischen Vorgang entsprechenden und in Quellen festgehaltenen Handlungen seziert, doch beginnt der Leser oder die Leserin zu stutzen, wenn der Autor gerade beim Gemälde Gascards die Anwesenden quasi vor dem Maler posieren lässt. Hier wird das heutige Konzept eines zu jedem Mächtegipfel gehörenden Gruppenfotos rückversetzt in eine Zeit, in der das Inszenatorische sehr viel intensiver die Ausführung des Malers dominierte, mag er sich auch noch so genau an zeitgenössischen Berichten und in Illustrationen festgehaltenen Räumen orientiert haben. Die peinlich beachtete Gleichwertigkeit in den Friedensverhandlungen war nur schwer in die auf einen Augenblick fixierte malerische Version übertragbar; vorherrschend bleibt die Inszenierung, die der ohnehin dominierenden allegorischen Überhöhung von Friedenskonzepten näherliegt als einem fotografisch festgehaltenen Foto aus heutiger Sicht.
Die große Souveränität, mit der der Autor die Rituale und verborgenen Ränkespiele auf dem langen Weg zum Frieden erläutert, vermisst man nicht selten in der Verwendung kunsthistorischer Begriffe und Zugänge: Von einem "Typus des Frontalgemäldes" oder "Narrationsblatts" zu sprechen irritiert aus der Fachperspektive ebenso wie die "Kategorie Miniaturbild" bei ter Borch gegenüber dem "Monumentalgemälde" Gascards zu bemühen. Der Abschnitt über den "Hund in der Friedensikonographie" gerät teilweise in den Sog des Banalen. Das zweifelsohne gut lesbare Buch greift ein auch in seiner historischen Perspektive stets aktuelles Thema auf; dem rezenten wissenschaftlichen Diskurs scheint es aber streckenweise nicht begegnen zu wollen.
Heinz Duchhardt: Friedens-Miniaturen. Zur Kulturgeschichte und Ikonographie des Friedens in der Vormoderne, Münster: Aschendorff 2019, 184 S., 13 Farbabb., ISBN 978-3-402-13416-0, EUR 29,90
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