sehepunkte 24 (2024), Nr. 10

Guillermo F. Arquero Caballero: El confesor real en la Castilla de los Trastámara (1366-1504)

Der zu rezensierende Band geht auf eine Madrider Dissertation aus dem Jahr 2016 zurück und widmet sich den Beichtvätern der kastilischen Könige und Königinnen in einer langen Perspektive, vom Beginn der Dynastie der Trastámara unter Heinrich II. bis zur Vereinigung der Kronen von Kastilien und Aragón Anfang des 16. Jahrhunderts.

Königliche Beichtväter wurden schon häufiger mit einer großen informellen Macht in Verbindung gebracht, jedoch fokussierten systematische Studien vor allem die Frühe Neuzeit, in der die Beichtväter - nicht zuletzt in Spanien - offen als enge königliche Berater auftraten und als regelrechte graue Eminenzen wahrgenommen wurden. Beispielhaft dafür steht der Franziskanerkardinal Francisco Jímenez de Cisneros, der sogar Regent der Krone wurde und den Abschluss des Bandes bildet.

Für das Mittelalter sieht die Situation anders aus. Häufig sind die königlichen Beichtväter weniger sichtbar in den Quellen, was zwar für eine weniger prominente, aber dennoch nicht weniger relevante Rolle spricht, deren Untersuchung für die Geschichte des Hofes, die Geschichte königlicher Herrschaft und die Geschichte religiöser Orden wichtige Erkenntnisse bereithält. Deshalb ist es umso erfreulicher, dass sich Guillermo Arquero der Aufgabe angenommen hat, die Beichtväter der kastilischen Könige zu untersuchen und damit die erste monographische Studie zu königlichen Beichtvätern überhaupt seit Xavier de la Selles Band zu Frankreich [1] vorzulegen.

Nach einer Einleitung gliedert sich der Hauptteil der Arbeit in vier Teile - das kleinteilige Inhaltsverzeichnis ermöglicht eine zielgerichtete Navigation -, von denen die ersten beiden chronologisch, die letzten beiden thematisch angelegt sind.

Kapitel 1 beginnt mit einer knappen Darstellung der Entwicklung des Amtes seit dem Hochmittelalter bis zum Beginn der Trástamara-Herrschaft, um im Anschluss in knappen Biographien die Beichtväter von Heinrich II. bis zu Heinrich III. zu bearbeiten (etwas undurchsichtig ist, warum die Kapitelüberschrift Heinrich III. unterschlägt).

Kapitel 2 folgt demselben Schema und widmet sich den Beichtvätern von Johann II. bis zu Isabell I. Der sehr unterschiedlichen Quellenlage geschuldet, variieren die Biogramme stark in inhaltlicher Tiefe und Umfang und gewinnen im Verlauf des 15. Jahrhundert deutlich an Profil. In ihrem Kern stellen die ersten beiden Kapitel eine Prosopographie dar, die versucht das Profil des Amtes sowie der es bekleidenden Personen im diachronen Verlauf zu erörtern.

Beeindruckend ist die verwendete Vielfalt und Menge an Quellen für einen so langen Untersuchungszeitraum, die in den Einzelfällen indes an ihre Grenzen stößt. Eine der Schwierigkeiten bei der Erforschung königlicher Beichtväter des Mittelalters ist das diverse Aufgabenspektrum und damit das Auftreten in Quellen, die auf den ersten Blick nicht relevant erscheinen. Gerade die urkundliche Überlieferung lässt so noch einige Erkenntnisse - insbesondere für das vergleichsweise quellenärmere 14. Jahrhundert - erwarten. Dies ist nicht als Kritik am Autor zu verstehen, der ein anderes Ziel verfolgte und eine solche Arbeit nicht leisten konnte, sondern dient als Anregung für künftige, fallstudienbasierte, Forschungen.

Die zweite Hälfte des Bandes wählt einen thematischen Zugriff, wobei die Ergebnisse des chronologischen Teils aufgenommen und systematisiert werden. Kapitel 3 stellt das Gewissen des Königs in den Mittelpunkt und untersucht anhand verschiedener Themen, wie die Beichtväter ihre Rolle als Arzt für die Seele des königlichen Sünders interpretierten. Es wird gefragt nach Finanzpolitik, nach Gerechtigkeit, nach königlichem Seelenheil, u.v.m. Dazu untersucht Arquero neben den genannten einzelnen Beichtvätern auch die spätmittelalterliche Buß- und Beichtliteratur im Hinblick auf die darin dargestellte Rolle königlicher Beichtväter.

Kapitel 4 ist gewissermaßen die Auswertung der Prosopographie nach thematischen Gesichtspunkten. Hier wünscht man sich beim Lesen gelegentlich, dass die Biogramme des ersten Teils in Form eines Personenkatalogs zur besseren Referenzierung und Vergleichbarkeit dargeboten worden wären. Der Autor blickt nun auf Entwicklungen, Regelmäßigkeiten und Besonderheiten des institutionellen Profils der Beichtväter: Wie wird man Beichtvater? Wer wird Beichtväter? In welchen Bereichen nehmen sie Einfluss? Gibt es einen Zusammenhang zwischen dem Amt des Beichtvaters und religiösen Karrierewegen z.B. als Bischof?

Die vielfältigen und reichhaltigen Ergebnisse des Bandes, die hier nur angedeutet werden können, lassen sich im weitesten Sinne in vier große Gruppen unterteilen: Ursprünge und Entwicklung des Amtes, Charakteristika der Amtsausübung, religiöses und intellektuelles Profil der Amtsinhaber sowie damit zusammenhängend ihr biographisches Profil. Arquero macht dabei deutlich, dass die Entwicklung des Amtes im späten Mittelalter eine ist, die von einer religiösen Bedeutung als Gewissen des Königs hin zu einer stärkeren politischen Bedeutung geht. Zwei Ereignisse seien für die Etablierung eines Amtes "Königlicher Beichtvater" in Kastilien entscheidend gewesen: Die Abschaffung des mozarabischen und Einführung des römischen Ritus im 11. Jahrhundert sowie die auf dem IV. Laterankonzil 1215 beschlossenen neuen Regeln zur Pflichtbeichte. Wie in anderen Regionen Europas, beginnt mit letzterer ausgehend von Frankreich die langsame Etablierung eines Hofamtes.

Die kastilischen Könige hatten in der Regel mehrere Beichtväter gleichzeitig, mit einem Hauptbeichtvater. Die meisten gehörten nicht zu mächtigen Familien, sondern entstammten regionalem Niederadel. In der Regel suchten die jeweiligen Herrscher Personen aus, die ihnen besonders geeignet erschienen, sei es durch Empfehlung oder den Ruf von Heiligkeit und Weisheit. Manchmal ernannten Könige oder Vormunde auch die Beichtväter für ihre Kinder oder die Thronfolger übernahmen den Beichtvater beim Tod des Vaters. In Bezug auf die Beendigung der Tätigkeit war die häufigste Form der Tod des Monarchen, gefolgt von der Übernahme anderer Ämter wie dem eines Bischofs. Nur selten wurden Beichtväter entlassen.

Die Amtsinhaber waren in der Regel gebildet und häufig mit einem Doktortitel ausgestattet. Dies war von besonderer Bedeutung für die religiöse Betreuung des Monarchen, die immer auch eine politische Komponente hatte, sodass die Beichtväter die wahrscheinlich wichtigsten Akteure bei der Gestaltung der Außendarstellung des Monarchen als religiöser Herrscher waren. Die meisten gehörten - wie für die meisten Regionen des lateinischen Europas festgestellt wurde - bis auf wenige Ausnahmen einem der beiden großen Bettelorden an, wobei Arquero den lange vorherrschenden Fokus auf die Dominikaner etwas zu differenzieren weiß.

Insgesamt bietet die Studie eine Vielzahl von Ergebnissen, die die Erforschung königlicher Beichtväter in Kastilien auf eine neue Grundlage stellen, die Struktur des Hofes differenzierter zu betrachten helfen und eine hervorragende Grundlage für detaillierte Fallstudien bieten. Bedauerlich ist, dass der Autor nicht versucht, seine Ergebnisse durch einen europäischen Vergleich einzuordnen und besser zu qualifizieren, wenngleich er die erwähnte Arbeit de la Selles in der Einleitung zur Erarbeitung des Forschungsstands heranzieht. Es bleibt also zu hoffen, dass der Band dennoch ähnliche Forschungen in anderen Regionen inspiriert und dann seinerseits als Vergleichsfall herangezogen wird.


Anmerkung:

[1] Xavier de la Selle: Le service des âmes à la cour. Confesseurs et aumôniers des rois de France du XIIIe au XVe siècle (Mémoires et documents de l'École des Chartes; 43), Paris 1995.

Rezension über:

Guillermo F. Arquero Caballero: El confesor real en la Castilla de los Trastámara (1366-1504) (= Sílex universidad), Madrid: Sílex 2021, 310 S., ISBN 978-84-18388-43-9, EUR 23,00

Rezension von:
Robert Friedrich
Historisches Institut, Universität Greifswald
Empfohlene Zitierweise:
Robert Friedrich: Rezension von: Guillermo F. Arquero Caballero: El confesor real en la Castilla de los Trastámara (1366-1504), Madrid: Sílex 2021, in: sehepunkte 24 (2024), Nr. 10 [15.10.2024], URL: https://www.sehepunkte.de/2024/10/39616.html


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