Von Stephan Conermann
In diesem FORUM werden drei neue Überblickswerke zum weiten Themenfeld der Sklaverei vorgestellt. In den vergangenen Jahrzehnten ist eine Reihe von Büchern erschienen, die eine Tour d'Horizont der verschiedenen Formen der Sklaverei in unterschiedlichen Gesellschaften über alle Zeiten hinweg liefern.
Angefangen hat es mit Orlando Pattersons berühmter Studie Slavery and Social Death: A Comparative Study (Cambridge, MA: Harvard University Press 1982). Es folgten dann Werke wie Joseph C. Millers The Problem of Slavery as History: A Global Approach (New Haven: Yale University Press 2012) oder Michael Zeuskes Handbuch Geschichte der Sklaverei. Eine Globalgeschichte von den Anfängen bis heute (Berlin/Boston: de Gruyter 2023). Solche Arbeiten aus einer Hand sind bewundernswert und häufig der Höhepunkt einer Forscher*innenkarriere. In der Regel haben wir es aber mit Gemeinschaftswerken zu tun, die unter Federführung von einer, zwei oder drei Personen meist im Auftrag eines großen Verlages herausgegeben werden, handbuchartigen Charakter haben und zahlreiche Beiträge ausgewählter Expert*innen vereinen. Zu dieser Gattung zählen zum Beispiel die Historical Encyclopedia of World Slavery (ed. by Junius P. Rodriguez, 2 vol., Santa Barbara, Calif. [e.a.]: ABC-CLIO 1997), die Cambridge World History of Slavery oder die Macmillan Encyclopedia of World Slavery. [1] Hier reihen sich nun die ersten beiden in diesem FORUM besprochenen Publikationen ein. Beide Bände versuchen konzeptionell vorsichtige Innovationen. Insgesamt präsentieren sie ihrer Leserschaft gelungene Einführungen in die komplexe Thematik.
Im deutschsprachigen Raum weniger verbreitet ist der Reader, der - meist zu Studienzwecken - eine Auswahl der wichtigsten Texte (meist Artikel) zu einem Thema zusammenführt. Für die Slavery Studies existieren bereits ein paar dieser hilfreichen Sammlungen. [2] Das Bonner Exzellenzcluster ist diesen Beispielen gefolgt und hat die erste Version eines eigenen Strong Asymmetrical Dependency Studies Reader veröffentlicht. (https://www.dependency.uni-bonn.de/en/research/publications/bcdsss-publishing-series/bcdss-reader)
Die letzte Rezension widmet sich einer breit angelegten Abhandlung über die Erinnerungskulturen in Bezug auf das Erbe der Sklaverei in den beiden ehemaligen Kolonialmächten Frankreich und Spanien auf der einen und in den beiden ehemaligen Kolonialgebieten Kuba und Martinique auf der anderen Seite. Es handelt sich um eine sehr gründliche, möglichst viele lieux de mémoire umfassende Gesamtschau mit enzyklopädischem Anspruch. Das Ergebnis lässt sich wohl am besten als eine handbuchartige Monographie beschreiben.
Ich wünsche allen Leser*innen, wie immer, viel Spaß bei der Lektüre des FORUMS.
Anmerkungen:
[1] Seltener sind klassische Sammelbände wie Noel E. Lenski / Catherine M. Cameron (eds.): What Is a Slave Society? The Practice of Slavery in Global Perspective, Cambridge: Cambridge University Press 2018.
[2] Gad Heuman / James Walvin (eds.): The Slavery Reader, London: Routledge 2001; Gad Heuman / Trevor Burnard (eds.): Slavery. 1: Origins, Varieties of Enslavement and the Slave Trade; Slavery. 2: Material Conditions: Work, Demography, Gender and Family; Slavery. 3: Slave Culture, Religion and Resistance und Slavery. 4: Revolution, Antislavery and Emancipation (alle London: Routledge 2014); Damian Alan Pargas / Felicia Roşu (eds.): Critical Readings on Global Slavery, 4 vol., Leiden / Boston: Brill 2017.