Heinrich Koller / Paul-Joachim Heinig / Alois Niederstätter (Hg.): Regesten Kaiser Friedrichs III. (1440-1493) nach Archiven und Bibliotheken geordnet. Heft 15: Die Urkunden und Briefe aus den Beständen 'Reichsstadt' und 'Hochstift' Regensburg des Bayerischen Hauptstaatsarchivs in München sowie aus den Regensburger Archiven und Bibliotheken. Bearb. v. Franz Fuchs / Karl-Friedrich Krieger, Wien: Böhlau 2002, 382 S., ISBN 3-205-99431-0, EUR 75,00
Rezensiert von:
Gabriele Annas
Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt a.M.
Nachdem bereits Heinrich Koller 1982 im ersten Band der Regesten Kaiser Friedrichs III. (1440-1493) "Die Urkunden und Briefe aus Stadtarchiven im Bayerischen Hauptstaatsarchiv (München) (mit Ausnahme von Augsburg und Regensburg)" [1] erschlossen hatte, sind nun mit Band 15 auch "Die Urkunden und Briefe aus den Beständen 'Reichsstadt' und 'Hochstift' Regensburg des Bayerischen Hauptstaatsarchivs in München sowie aus den Regensburger Archiven und Bibliotheken" in Regestenform vorgelegt worden. Grundsätzlich zunächst dem "Regionalprinzip" verpflichtet, das eine Aufarbeitung der im Bereich eines (Bundes-)Landes beziehungsweise Regierungsbezirks aufbewahrten Schriftstücke Kaiser Friedrichs III. vorsieht, hatte schon Heinrich Koller mit dem Hinweis auf die Fülle des Materials im Bayerischen Hauptstaatsarchiv die hier vorgenommene Aufteilung nach Archivfonds gerechtfertigt und dabei zugleich die spezifische Situation der süddeutschen Bischofsstädte Augsburg und Regensburg (mit dem jeweiligen Neben-, Mit- und Gegeneinander von Bürgerschaft und großer geistlicher Institution) angeführt. [2]
In Abänderung des ursprünglichen Vorhabens - Konzentration auf die reichen Bestände des Bayerischen Hauptstaatsarchivs einerseits, Zusammenstellung der Urkunden und Briefe Kaiser Friedrichs III. aus Regensburger sowie oberpfälzischen Archiven und Bibliotheken andererseits - haben sich die Bearbeiter, Franz Fuchs und Karl-Friedrich Krieger, schließlich entschlossen, die beiden Münchener Bestände "Reichsstadt" und "Hochstift" Regensburg gemeinsam mit der lokalen Regensburger Überlieferung zu bearbeiten. (Und insofern wurde denn auch die von Heinrich Koller formulierte "Publikationsstrategie nach dem Regionalprinzip" hier gleich in einem doppelten Sinne modifiziert, 11.) Gute Gründe sprechen für eine derartige Aufteilung nach dem Provenienzprinzip, verbindet sich hiermit doch nicht zuletzt das Bemühen, "die zu Beginn des 19. Jahrhunderts mitunter recht zufällig erfolgte Zersplitterung der städtischen und kirchlichen Akten und Urkunden zu überwinden" (11).
Für die Zeit Kaiser Friedrichs III. konnten insgesamt 490 Regesten zusammengestellt werden, die in einem Anhang durch nochmals 14 Einträge mit undatierten Urkunden des Herrschers aus einem Formelbuch im Fürst Thurn und Taxis Zentralarchiv ergänzt wurden. Berücksichtigt wurden neben dem Hauptstaatsarchiv München, das mit insgesamt 358 Nummern den Hauptanteil der zusammengetragenen Urkunden und Briefe stellte, das Regensburger Stadtarchiv (75 Stücke), das dortige Fürst Thurn und Taxis Zentralarchiv (22), das Bischöfliche Zentralarchiv (13), die Staatliche Bibliothek in Regensburg (3) sowie das Archiv des Historischen Vereins für Oberpfalz und Regensburg (1). Der im Original (33,5 %) beziehungsweise kopial (33,7 %) überlieferte Bestand wird dabei durch einen vergleichsweise hohen Anteil anderweitig erschlossener Überlieferung (Deperdita) (32,5 %) ergänzt, der namentlich auf eine systematische Auswertung serieller Quellen - hier der Regensburger Ratsprotokolle ("Merkzettel") für die Jahre 1455 bis 1479 sowie der Ausgaben-Verzeichnisse des Inneren Rates ("Cameralia") - zurückzuführen ist; allein auf dieser Grundlage konnte so zumindest die Existenz von 52 weiteren Urkunden und Briefen nachgewiesen werden. [3] Nicht zuletzt im Hinblick auf die Frage allgemein nach den Außenbeziehungen der Stadt Regensburg und entsprechend dem politischen Stellenwert der Kontakte zwischen der Stadt und dem Reichsoberhaupt wäre eine Edition der genannten Quellen wünschenswert - man denke hier analog an die gesonderte Publikation des Nürnberger Briefeingangregisters für die Jahre 1449-1457 durch Dieter Rübsamen, den Bearbeiter der Nürnberger Überlieferung der Urkunden und Briefe Kaiser Friedrichs III. [4] -, doch war dies selbstverständlich im Rahmen des Regestenprojekts nicht möglich.
Mehrheitlich Gerichtsmaterien, Gratialsachen (Privilegienerteilungen beziehungsweise -bestätigungen) und Reichsangelegenheiten betreffend, dokumentieren die hier zusammengestellten Urkunden und Briefe Kaiser Friedrichs III. anschaulich die vielschichtigen Beziehungen zwischen dem Reichsoberhaupt und der Stadt beziehungsweise dem Bistum Regensburg, die sich hinsichtlich ihrer Intensität insgesamt - legt man allein die Höhe der durchschnittlichen jährlichen Urkundenproduktion (9,3 Stücke) zu Grunde - im Mittelfeld zwischen der bereits bearbeiteten Empfängerüberlieferung der Stadt Frankfurt (20 Stücke) sowie des Regierungsbezirks Köln (16 Stücke) einerseits und des Kantons Zürich (3,5 Stücke) andererseits bewegen. Dies mag angesichts der spezifischen politischen Situation Regensburgs keineswegs erstaunen, war die Stadt doch in ein spannungsreiches Kräftespiel von Reichs-, Bistums- und Fürsteninteressen eingebunden.
Jenseits der allgemeinen reichspolitischen Ebene (mit Ladungen zu Tagsatzungen, militärischen Hilfeersuchen, Romzugsangelegenheiten und Landfriedensbestimmungen) verweisen die in den kaiserlichen Schriftstücken thematisierten städtischen beziehungsweise bischöflichen Anliegen denn auch zugleich - auf einer zweiten Ebene - auf besondere lokale und regionale Problemstellungen, auf innerstädtische Konflikte ebenso wie auf kommunale Auseinandersetzungen mit benachbarten Territorialherren. Zu nennen sind in diesem Zusammenhang beispielsweise die Differenzen zwischen Kaiser Friedrich III. und der Regensburger Judengemeinde um die Zahlung der Krönungssteuer (1456), der Konflikt um die Visitation des Benediktinerklosters St. Emmeram (1476/77), die Auseinandersetzungen zwischen der Stadt und dem Bischof von Regensburg um das 1441 an den städtischen Rat veräußerte bischöfliche Propsteigericht, die seit dem Aufstand der Zünfte (1485) angespannte innerstädtische Situation sowie die verschiedenen vor dem kaiserlichen Kammergericht ausgetragenen örtlichen Rechtsstreitigkeiten. Einen breiten Raum in den Regesten der späteren Jahre nimmt schließlich das Ringen um die Reichsfreiheit der Stadt Regensburg ein, die sich Herzog Albrecht IV. von Bayern(-München) im Juli 1486 unterworfen hatte, nach der kaiserlichen Achterklärung und -exekution jedoch 1492 vom Herzog an das Reich zurückgegeben wurde. Mit dem 15. Band der Regesten Kaiser Friedrichs III. wurde insofern zugleich ein wichtiger Beitrag zur Lokal- und Regionalgeschichte des Regensburger Raumes vorgelegt.
Insgesamt ist namentlich die vorzügliche Gestaltung der sorgfältig gearbeiteten Regesten hervorzuheben, die häufig mit Zitaten aus den betreffenden Stücken sowie weiterführenden Sachinformationen zusätzlich angereichert wurden: klug auf das Wesentliche beschränkt bei jenen parallel überlieferten Urkunden und Briefen, die bereits in früheren Bänden ausführlich erfasst wurden, weit reichend dokumentiert und gut verständlich formuliert bei neuen Stücken, die sich nicht selten auf die jeweiligen Rechtsstreitigkeiten und Prozesse vor dem kaiserlichen Kammergericht beziehen. Bei der Regestierung einzelner Stücke wurde zudem auf die jeweils gewählte Anrede geachtet - ein Aspekt politischer Kommunikation, der von der historischen Forschung lange Zeit vernachlässigt wurde. [5] Ein Quellen- und Literaturverzeichnis sowie ein formal bisweilen etwas unübersichtlich gestaltetes Orts- und Personenregister runden den Band ab.
Anmerkungen:
[1] Heinrich Koller (Bearb.): Die Urkunden und Briefe aus Stadtarchiven im Bayerischen Hauptstaatsarchiv (München) (mit Ausnahme von Augsburg und Regensburg) (= Regesten Kaiser Friedrichs III. [1440-1493] nach Archiven und Bibliotheken geordnet; Heft 1), Wien / Köln / Graz 1982.
[2] Vgl. Koller (wie Anm. 1), 27 f.
[3] Vereinzelt allerdings vermag die von den Bearbeitern vorgenommene inhaltliche Spezifizierung der in den Regensburger Ratsprotokollen und Rechnungsbüchern erwähnten Urkunden und Briefe Kaiser Friedrichs III. nicht gänzlich zu überzeugen. Siehe hierzu beispielsweise das Regest Nr. 48, 75: Schreiben König Friedrichs III. an Herzog Ludwig VIII. von Bayern(-Ingolstadt), 1444 vor Mai 26; die entsprechend als Quelle angegebenen Regensburger Stadtrechnungen indes verzeichnen allein Ausgaben für einen Boten "gein Innglstat mit dez kunigs briefen" (74). - Regest Nr. 220, 169 f.: Ausstellung eines Geleitbriefs für Heinrich Nothaft zum Besuch eines in Regensburg abgehaltenen Tags, 1467 vor Oktober 16; der betreffende Eintrag in den Regensburger Ratsprotokollen hingegen erwähnt nur, dass Heinrich Nothaft dem Älteren "seinem leib und gut auf seinen kaiserlichen glaitzbrief zugsagt [ist]" (169). Ob der hier zitierte kaiserliche Geleitbrief tatsächlich für den Besuch des erwähnten Regensburger Tags ausgefertigt wurde, ist zumindest den dort gegebenen Angaben nicht eindeutig zu entnehmen.
[4] Dieter Rübsamen (Hg.): Das Briefeingangregister des Nürnberger Rates für die Jahre 1449-1457 (= Historische Forschungen; Bd. 22), Sigmaringen 1997.
[5] Hierzu zuletzt Thomas Behrmann: Zum Wandel der öffentlichen Anrede im Spätmittelalter, in: Gerd Althoff (Hg.): Formen und Funktionen öffentlicher Kommunikation im Mittelalter (= Vorträge und Forschungen; Bd. 51), Stuttgart 2001, 291-317.
Redaktionelle Betreuung: Michael Kaiser
Empfohlene Zitierweise:
Gabriele Annas: Rezension von: Heinrich Koller / Paul-Joachim Heinig / Alois Niederstätter (Hg.): Regesten Kaiser Friedrichs III. (1440-1493) nach Archiven und Bibliotheken geordnet. Heft 15: Die Urkunden und Briefe aus den Beständen 'Reichsstadt' und 'Hochstift' Regensburg des Bayerischen Hauptstaatsarchivs in München sowie aus den Regensburger Archiven und Bibliotheken. Bearb. v. Franz Fuchs / Karl-Friedrich Krieger, Wien: Böhlau 2002, in: sehepunkte 4 (2004), Nr. 11 [15.11.2004], URL: <http://www.sehepunkte.de/2004/11/2345.html>
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