Hans J. Gerhard / Karl Heinrich Kaufhold: Preise im vor- und frühindustriellen Deutschland. Nahrungsmittel - Getränke - Gewürze - Rohstoffe und Gewerbeprodukte (= Göttinger Beiträge zur Wirtschafts- und Sozialgeschichte; Bd. 19/20), Stuttgart: Franz Steiner Verlag 2001, 543 S., ISBN 3-515-07291-8, EUR 96,00
Rezensiert von:
Stephan Selzer
Institut für Geschichte, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
Korinthen in Hamburg, Roggenbrot in Emden, Sellerie in Göttingen und Torf in Oldenburg - diese und viele weitere Produkte zusammen mit den Preisen, die von den weiblichen und männlichen Konsumenten im 18. und 19. Jahrhundert dafür zu entrichten waren, enthält dieser hilfreiche und Achtung gebietende Band. Während inzwischen auf dem Wissenschaftsmarkt die mühevolle Edition von Basisdaten wenig vorteilhaft geworden ist, weil die Früchte einer funkelnden Darstellung dann von anderen Forschern eingefahren werden können, macht der vorliegende Band den Wert solcher Anstrengungen überdeutlich. Etwa 400 Preisreihen von Nahrungsmitteln, Getränken, Gewürzen, Getreide, Reis, Geflügel, Obst und Gemüse, Fisch, Rohmaterialien, Metallen, Mineralien, Fetten, Textilen, Brennstoffen und Baumaterialien werden in übersichtlichen Tabellen auf über 500 Seiten präsentiert. Diese Datenreihen wurden dabei aus Materialien in sechszehn verschiedenen Archiven und Bibliotheken des norddeutschen Raumes zusammengestellt.
Der Band macht damit auch anderen daran Interessierten die Schätze der preis- und lohngeschichtlichen Sammlung am Göttinger Institut für Wirtschafts- und Sozialgeschichte zugänglich. Diese großartige Sammlung ging von den seit Anfang der 1930er-Jahren betriebenen Vorarbeiten von Moritz J. Elsass aus und wurde unter der Ägide von Wilhelm Abel und Karl Heinrich Kaufhold erweitert. Die Förderung durch die Volkswagenstiftung ist besonders dankbar zu verzeichnen, wenn man in der Einleitung die Probleme und Hemmnisse solcher Grundlagenforschung in einer Zeit knapper werdender Forschungsmittel nachgelesen hat. Angeschlossen wird mit diesem Band an die Veröffentlichungen über Löhne von 1984 und über Preise von Grundnahrungsmitteln von 1990, die als Bände 7 und 15 derselben Reihe erschienen sind. In einer sorgfältigen Einleitung wird der Benutzer mit den Tücken der vor allem aus Preiscouranten gezogenen Datenreihen nicht allein gelassen. Gewichts- und Geldeinheiten werden sorgfältig erläutert und das Material für vergleichende Ansätze somit erst benutzbar gemacht. Im Zentrum des Forschungsansatzes steht die Erarbeitung von Preisreihen, um die langen Wellen von Konjunkturzyklen zu erkennen und zu verstehen. Doch enthält dieses Material durchaus weitere Aspekte und dies gerade für die sich in Deutschland erst noch formierende konsumgeschichtliche Forschung.
Was soll man dem inzwischen in Leipzig beheimateten Projekt also wünschen? Dass der nächste Band rascher erscheinen mag, und dass zukünftig das Material gleichzeitig auch in elektronischer Form, etwas als CD-ROM, verfügbar gemacht werden kann, gehört zu solchen Wünschen bestimmt dazu.
Redaktionelle Betreuung: Peter Helmberger
Empfohlene Zitierweise:
Stephan Selzer: Rezension von: Hans J. Gerhard / Karl Heinrich Kaufhold: Preise im vor- und frühindustriellen Deutschland. Nahrungsmittel - Getränke - Gewürze - Rohstoffe und Gewerbeprodukte, Stuttgart: Franz Steiner Verlag 2001, in: sehepunkte 4 (2004), Nr. 11 [15.11.2004], URL: <http://www.sehepunkte.de/2004/11/2958.html>
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