Von Susanne Lachenicht
Nach FOREN zum Forschungsfeld Atlantische Geschichte in den Ausgaben 12/1, 12/11 und 13/7/8 präsentieren die sehepunkte zum vierten Mal Publikationen zu diesem Thema. Die Rezensionen dieses FORUMs beschäftigen sich mit sozial- und wirtschaftshistorischen Aspekten.
Toni Bowers und Tita Chico zeigen in ihren Atlantic Worlds in the Long Eighteenth Century. Seduction and Sentiment aus einer literaturwissenschaftlichen Perspektive, wie nachhaltig europäische Expansion, Kolonisierung und Kontakte mit anderen Kulturen soziale Normen und Praktiken, Beziehungen und Handeln veränderten und wie sich diese in den so genannten Nationalliteraturen der entstehenden atlantischen Imperien manifestierten. Die Essays dieses Bandes machen deutlich, dass sich oft als typisch "national" verstandene Vorstellungen von Ehe, Treue, Ehrbarkeit in transnationalen Kontexten veränderten und als relationale Normen und Praktiken verstanden werden müssen.
Wirtschaftshistorischen Fragestellungen wendet sich Emma Hart (St. Andrews) in ihrer Rezension zu Peter Andreas'Smuggler Nation: How Illicit Trade Made America, 2013 bei Oxford University Press erschienen, zu. Die Studie zeigt am Beispiel der jungen USA, wie sehr die Entstehung einer atlantischen bzw. globalen Wirtschaft unabhängig von staatlicher Kontrolle verlief bzw. diese zu umgehen versuchte. Illegale Praktiken im globalen Handel, so Peter Andreas, sind keine Erfindung des 21. Jahrhunderts.
Xabier Lamikiz' Trade and Trust in the Eighteenth-Century Atlantic World. Spanish Merchants and their Overseas Networks wendet sich einer wichtigen und jüngst immer wieder diskutierten Fragestellung der frühneuzeitlichen Wirtschaftsgeschichte zu: Vertrauen bzw. der Vertrauensbildung im Überseehandel. Wie vermochten Kaufleute, Handelspartner in weit entfernten Hafenstädten und Regionen zu gewinnen, bzw. wie konnte kontrolliert werden, dass sich Erstere als vertrauenswürdig erwiesen und damit Risiken des Verlusts von Ware und Kapital minimiert werden konnten? Lamikiz' Studie beschäftigt sich mit diesen für den britischen Handel im 18. Jahrhundert bereits diskutierten Fragen im Kontext des so genannten spanischen Atlantik.
Mit medien- und politikhistorischen Themen der Atlantischen Geschichte wird sich im Dezember 2014 in Lublin/Polen die nächste Konferenz der European Early American Studies Association (EEASA) befassen, die unter dem Titel Protest and Persuasion: Writing, Print, Speech, and Performance in Early America and the Atlantic World Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftleraus Polen, Italien, Deutschland, Frankreich, den Niederlanden, Ungarn, den USA, Russland und Großbritannien erneut Gelegenheit bietet, ihre aktuellen Forschungsprojekte vorzustellen und zu diskutieren. Gastgeber sind die Maria Curie-Skłodowska University (UMCS), Lublin, und die Präsidentin der EEASA, Prof. Dr. Susanne Lachenicht (Bayreuth).