Martin Bucer: Deutsche Schriften, Bd. 11,1: Schriften zur Kölner Reformation. Bearbeitet von Christoph Strohm und Thomas Wilhelmi. Unter Mitarbeit von Stephen E. Buckwalter, Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus 1999, 500 S., ISBN 978-3-579-04387-6, EUR 115,00
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Martin Bucer: Deutsche Schriften, Bd. 11,2: Schriften zur Kölner Reformation. Bearbeitet von Thomas Wilhelmi, Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus 2003, 496 S., ISBN 978-3-579-04896-3, EUR 128,00
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Gottfried Seebaß (Hg.): Martin Bucer (1491-1551). Bibliographie, Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus 2005
Martin Bucer: Deutsche Schriften, Band 9,2: Religionsgespräche (1541-1542). Bearbeitet von Cornelis Augustijn, Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus 2007
Martin Bucer: Deutsche Schriften, Bd. 11,3: Schriften zur Kölner Reformation (1545). Bearbeitet von Thomas Wilhelmi, Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus 2006
Martin Bucer: Deutsche Schriften, Bd. 16: Nachträge 1531-1541, Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus 2013
Martin Bucer: Deutsche Schriften, Bd. 8: Abendmahlsschriften 1529-1541. Bearbeitet von Stephen Buckwalter, Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus 2004
Martin Bucer: Deutsche Schriften, Bd. 8: Abendmahlsschriften 1529-1541. Bearbeitet von Stephen Buckwalter, Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus 2004
Martin Bucer: Deutsche Schriften, Band 9,2: Religionsgespräche (1541-1542). Bearbeitet von Cornelis Augustijn, Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus 2007
Martin Bucer: Deutsche Schriften, Bd. 11,3: Schriften zur Kölner Reformation (1545). Bearbeitet von Thomas Wilhelmi, Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus 2006
Der Straßburger Reformator Martin Bucer hielt sich von Dezember 1542 bis August 1543 im Erzstift Köln auf, um den Erzbischof Hermann von Wied bei seinen Reformbemühungen zu unterstützen. Bucers Engagement für die Kirche im Erzstift war Frucht der Begegnungen zwischen ihm, dem Erzbischof und dem Domscholaster Johannes Gropper auf den Reichsreligionsgesprächen von Hagenau, Worms und Regensburg (1540/41). Waren Bucer und Gropper 1540/41 jedoch geradezu die Motoren der Verständigungsbemühungen gewesen, so kam es nun zum Bruch zwischen ihnen. Es folgte eine erbitterte Druckschriftenfehde, welche nicht nur die Reformanstrengungen des Erzbischofs in eine aussichtslose Situation führte, sondern im ganzen Reich dazu beitrug, dass die letzten Hoffnungen auf einen friedlichen Ausgleich zwischen beiden Religionsparteien zerstört wurden. Insofern gehören diese Texte auch in die Vorgeschichte des Schmalkaldischen Krieges und des Augsburger Religionsfriedens.
So ist es erfreulich, dass im 11. Band von Martin Bucers Deutschen Schriften (BDS), von dem nun 2 der 3 geplanten Teilbände erschienen sind, wesentliche Druckschriften aus dem Streit um die Kölner Reformation bequem zugänglich gemacht werden: im ersten Teilband die "Erste Verteidigungsschrift Bucers" mit dem Titel "Was im namen des Heiligen Euangeli" vom März 1543, die von Philipp Melanchthon und Bucer gemeinsam verfasste "Christliche und ware Verantwortung" vom Frühsommer 1543, der Kölner Reformationsentwurf "Einfaltigs Bedencken" vom Spätsommer desselben Jahres (für den im Inhaltsverzeichnis allein Bucer als Verfasser genannt wird, obwohl das Werk Hermann von Wied in den Mund gelegt und Melanchthons Mitarbeit durch briefliche Äußerungen belegt ist, was dann in der Einführung auch erwähnt wird), eine bisher wenig beachtete, unter dem Namen Hermanns von Wied erschienene Schrift gegen die Prozessionen, bei der Bucers Anteil bislang kaum abzuschätzen ist, sowie als Stimme der Gegenseite die Stellungnahme des Kölner Domkapitels gegen die Predigttätigkeit Bucers im Erzstift. Im zweiten Teilband folgen Bucers zweite Verteidigungsschrift (Juni 1543) sowie die beiden erst 1545 erschienenen Schriften "Von den einigen rechten Wegen" und "Wie leicht und füglich christliche Vergleichung der Religion zu finden". Bucers umfangreiche "Bestendige Verantwortung", der Vorläufer der letzteren Schrift, wird erst im dritten Teilband erscheinen.
Für das Editionsprojekt der BDS stellen diese Bände eine Zäsur dar. Sie sind die ersten, die nach der Verlegung der Bucer-Forschungsstelle von Münster nach Heidelberg erarbeitet wurden. Im Zusammenhang mit diesem räumlichen und auch personalen Einschnitt wurden die bisher geltenden Editionsgrundsätze - entsprechend der derzeit allgemein zu beobachtenden Tendenz - verändert: Auf Normalisierungen im Buchstabenbestand (Beseitigung von Doppelkonsonanzen, vokalisches u und konsonantisches v) wird nun verzichtet. Die Eingriffe in den Textbestand beschränken sich auf die Auflösung von Abbreviaturen und Ligaturen, die Interpunktion und die Einfügung von Absätzen. Dass damit innerhalb derselben Serie Editionen zu finden sind, die nach unterschiedlichen Grundsätzen gestaltet worden sind, ist wohl ein unvermeidlicher Tribut an die lange Laufzeit des Projektes.
Die Einführungen zu den einzelnen Schriften sind kurz gefasst, informieren aber zuverlässig über die Entstehungszeit und die Überlieferung der jeweiligen Schrift. Ferner bieten sie meist auch einen Überblick über den Inhalt und benennen erkennbare Wirkungen des Werkes. Gerade die wirkungsgeschichtliche Fragestellung ist bemerkenswert, da sie die argumentativen Zusammenhänge zwischen den einzelnen Streitschriften erkennen lässt.
Leider muss auch ein Schwachpunkt der Edition benannt werden, und das ist ihr zum Teil unzuverlässiger Sachapparat. Es können hier nur einige Beispiele dafür erwähnt werden. So ist in den Kommentierungen ein Ungleichgewicht zu beobachten: Einerseits werden Dinge, die für das Verständnis des Textes wenig oder nichts beitragen (zum Beispiel zu "Ninive": Band. 11,2, 257, Anmerkung 7, vergleiche auch die stereotype Wiederholung des Textbausteins zu Kaiser Valentinian II.: Band. 11,2, 222, Anmerkung 4, 369, Anmerkung 16, und 424, Anmerkung 14), sehr ausführlich erläutert, andererseits werden spezifische theologische Gedankengänge oft nicht hinreichend kommentiert (vergleiche die unscharfen Formulierungen zum facienti quod in se est deus non denegat gratiam: Band 11,1, 213, Anmerkung 283, oder zum Begriff der concupiscentia: Band 11,2, 40, Anmerkung 1). Im "Einfältigen Bedenken" hätte mit einem Hinweis auf den Hintergrund der Darstellung zu den äußeren und inneren guten Werken (Band 11,1, 240,23-32) der Einfluss Melanchthons und der Wittenberger Theologie illustriert werden können. Dies wäre zugleich für die Entstehungsgeschichte dieser Schrift erhellend gewesen. Nicht hilfreich ist auch die im Apparat verzeichnete Übersetzung von Maiorem mit "Das Größere" und Minorem mit "Das Kleinere" in Bucers zweiter Verteidigungsschrift (Band 11,2, 60, Anmerkung 6 und 10), verwendet Bucer die Begriffe hier doch im logischen Sinne, das heißt als Obersatz und Untersatz eines syllogistischen Schlusses.
Schließlich fallen in der Kommentierung, vor allem in Band 11,2, auch wirkliche Fehler ins Auge. Wenn in der Stellungnahme des Kölner Domkapitels gegen Bucer davon die Rede ist, dass der Straßburger Reformator durch Papst und Kaiser zum Ketzer erklärt worden sei, dann kann damit nicht die Exkommunikation durch den Speyrer Bischof 1523 gemeint sein (so Band 11,1, 441, Anmerkung 44), sondern nur die Bannbulle gegen Luther und das Wormser Edikt. Beide erstreckten sich ja auch auf die Anhänger Luthers. Dies wiederum macht deutlich, dass Bucer zumindest von seinen Gegnern ohne Abstriche als Anhänger Luthers betrachtet wurde. Bei Bucers Stellungnahme zu der altgläubigen Auffassung, dass auf dem Augsburger Reichstag von 1530 Verhandlungen zu einer Religionsvergleichung geführt haben sollen, wäre nicht auf das Augsburger Bekenntnis und die Confutatio (so Band 11,2, 281, Anmerkung 10) zu verweisen gewesen, sondern auf die sich daran anschließenden Ausschussverhandlungen; sie sind vor allem durch den von Eugène Honée herausgegebenen Libell des Hieronymus Vehus erschlossen. Ferner fanden Bucers erste Besuche in der "herberg" Groppers nicht in "Groppers Wohnung in Köln" (Band 11,2, 302, Anmerkung 1) statt, sondern, wie der Kontext der Stelle zeigt, in der Kölner Herberge auf dem Hagenauer Konvent im Jahre 1540. Bei der "Reformation", die Bucer bei dieser Gelegenheit von Gropper empfangen hat, handelt es sich nach Groppers eigener Auskunft (Warhafftige Antwort, 1545, f. 37rv) nicht um die angeführte Reformschrift des Jahres 1529 (11,2, 302, Anmerkung 3), sondern um die "Institution Doctrinae Christianae", das heißt das von Gropper 1538 verfasste und gemeinsam mit den Reformkanones der Provinzialsynode von 1536 gedruckte Enchiridion (vergleiche dazu schon R. Braunisch, Die Theologie der Rechtfertigung im "Enchiridion" [1538] des Johannes Gropper, 1974, 39). Ebenso wenig meint die von Bucer an anderer Stelle erwähnte "handlung" auf dem Wormser Religionsgespräch die innerprotestantischen Vorbereitungsgespräche, deren Akten von Wilhelm Neuser herausgegeben worden sind (so Band 11,2, 305, Anmerkung 13), sondern die von Kanzler Granvelle initiierten Geheimgespräche zwischen Bucer, Capito, Gropper und Veltwyk.
All dies ändert aber nichts daran, dass das Fortschreiten der BDS nur zu begrüßen ist. Die nun erleichterte Erforschung der hier zur Verfügung gestellten Texte wird viele Einsichten in das Abbrechen der letzten Brücken zwischen den Theologen der beiden Religionsparteien und damit in die Anfänge des Konfessionalismus eröffnen. Es bleibt zu hoffen, dass auch der dritte Teilband in absehbarer Zeit erscheinen wird.
Lothar Vogel