Rezension über:

Hans Kloft: Die Wirtschaft des Imperium Romanum, Mainz: Philipp von Zabern 2005, IV + 124 S., 66 Farb-, 39 s/w-Abb., ISBN 978-3-8053-3547-8, EUR 39,90
Buch im KVK suchen

Rezension von:
Julia Hoffmann-Salz
Institut für Altertumskunde, Universität zu Köln
Redaktionelle Betreuung:
Mischa Meier
Empfohlene Zitierweise:
Julia Hoffmann-Salz: Rezension von: Hans Kloft: Die Wirtschaft des Imperium Romanum, Mainz: Philipp von Zabern 2005, in: sehepunkte 6 (2006), Nr. 5 [15.05.2006], URL: https://www.sehepunkte.de
/2006/05/9561.html


Bitte geben Sie beim Zitieren dieser Rezension die exakte URL und das Datum Ihres Besuchs dieser Online-Adresse an.

Hans Kloft: Die Wirtschaft des Imperium Romanum

Textgröße: A A A

Von Plinius (Naturalis historia 14,2) leitet Hans Kloft in der Einleitung zu seiner "Wirtschaft des Imperium Romanum" die Grundprinzipien der kaiserzeitlichen Wirtschaft ab: Die Rahmenbedingungen einer Frieden schaffenden Macht erlaubten eine umfassende ökonomische Vernetzung, die jedoch durch die Fülle an Luxusgütern auch moralische Auswirkungen auf die jetzt durch Habgier etc. verfallenden sittlichen Werte der Römer hatte. Wirtschaft bei Plinius und überhaupt im antiken Kontext meine jedoch nicht Wirtschaft im modernen Sinne, da dem Menschen der Antike diese nicht als "einheitliche, zusammenhängende Größe" präsent war (6). Die durch vielfältige Quellenzeugnisse erfahrbare "wirtschaftliche Gemengelage" (7) der römischen Kaiserzeit möchte Kloft daher mit Ludwig Beutin in die Untereinheiten "Erzeugung, Austausch und Konsum von Gütern" (7) einteilen. Dies findet sich grob in der Gliederung des vorliegenden Bandes wieder.

Das erste Kapitel beschäftigt sich mit den Rahmenbedingungen der kaiserzeitlichen Wirtschaft. Den schon durch Thünen formulierten Grundbedingungen Klima, Lage, Bodenqualität, Bodenschätze und Infrastruktur fügt Kloft die politische Situation des römischen Reiches seit Augustus als Standortfaktor hinzu. Nicht nur die anhand der res gestae aufgezeigten Geldspenden der Kaiser, auch die Kosten für Heer und zivile Verwaltung ebenso wie die Einnahmen des Staates durch Steuern, Zölle und Gebühren bestimmen das "Verteilungs- bzw. Austauschsystem" (16), das die Wirtschaft des römischen Reiches darstelle. Auf die Bedingungen des römischen 'Staatshaushaltes' wird noch einmal intensiver im Kapitel "Geld und Geldwirtschaft" eingegangen. Diese späteren Überlegungen wären dabei ebenso wie die Beschreibung der monetären Durchdringung des römischen Reiches schöner hier bei den Rahmenbedingungen untergebracht worden, um dem Leser von vorneherein die Voraussetzungen für Wirtschaft im römischen Reich einsichtiger zu machen.

Im folgenden Kapitel "Die Landwirtschaft" hebt Kloft klassisch die zentrale Bedeutung dieses Zweiges für die Gesamtwirtschaft hervor, verweist aber gleichzeitig auf die Komplexität der antiken Landwirtschaft als "soziales und ökonomisches System" (19). Nach einer sehr kurzen Einführung in die technischen Voraussetzungen widmet sich ein Abschnitt der besonderen moralischen Qualität von Landwirtschaft im römischen Bewusstsein und den unterschiedlichen Dimensionen von Agrarökonomie auf Großgrundbesitzen und Subsistenzwirtschaft betreibenden Kleinbetrieben. Im Folgenden werden die drei klassischen Anbauprodukte antiker Landwirtschaft Getreide, Oliven und Wein ausführlich vorgestellt. Es folgen Fragen der Verbrauchs- und Produktionsmengen von Wein sowie Abschnitte über Viehzucht und die Verwendung von Fleisch, Geflügel und Fisch in der römischen Küche. Aussagekräftige Quellenstellen sorgen hier für einen lebendigen Einblick vor allem in den Tafelluxus des alten Roms. Im letzten Teil des Kapitels zur Landwirtschaft stellt Kloft dann anhand der Überlegungen Catos zum idealen Landgut organisatorische und administrative Aspekte der Landwirtschaft vor.

Das dritte große Kapitel beschäftigt sich mit "Handwerk und Gewerbe". Urbanisierung, Romanisierung der Provinzen und Stationierung des Militärs werden als Motoren für eine zunehmende Spezialisierung herausgestellt, was anhand von Keramikherstellung und Vertrieb sowie der Metallverarbeitung verdeutlicht wird. Nachfolgende Abschnitte widmen sich der Organisation von Handwerk und Gewerbe, die durch zahlreiche Inschriften und bildliche Darstellungen beleuchtet wird. Die Igeler Säule und weitere Beispiele führen dann zur Feststellung, dass erfolgreiche Handwerker und Gewerbetreibende als anerkannte Mitglieder städtischer Oberschichten durchaus nicht nur soziale Ausgrenzung erfuhren.

Das folgende Kapitel "Handel und Händler" beschreibt zunächst am Beispiel Trimalchios die Dimensionen des antiken Seehandels und wendet sich dann der Organisation von lokalen Märkten zu. Dabei wird die besondere Bedeutung von Hafenstädten als Knotenpunkten des Austauschsystems herausgestellt. Weitere Abschnitte führen das vielfältige Warenangebot in Rom, aber auch in den provinzialen Städten vor Augen. Dabei wird zwischen Massenwaren und Luxusgütern unterschieden, wobei Seide und Gewürze in eigenen Teilkapiteln behandelt werden. Hier wird auch auf das Thema Kinderarbeit zur Erstellung von Luxuswaren eingegangen, das vielleicht schöner im vorangegangenen Kapitel zu "Handwerk und Gewerbe" untergebracht worden wäre. Schließlich widmet sich der Autor der moralischen Dimension von Luxus und dem dadurch in der Antike postulierten Niedergang der Sitten.

Mit "Geld und Geldwirtschaft" folgt ein umfassendes Kapitel, das zunächst in die Grundlagen der römischen Geldwirtschaft einführt. Kloft beschreibt anhand der politischen Entwicklung der ersten beiden Jahrhunderte n. Chr. die Zunahme der im Umlauf befindlichen Goldmenge durch Beute und Minengewinn im Zuge von Eroberungen und deren Konsequenz auf die Wertigkeit der römischen Münzen. Hier wird bereits ein kurzer Ausblick auf die weiteren Geschehnisse im 3. und 4. Jahrhundert n. Chr. gegeben. Es folgt eine ausführlichere Darstellung des römischen Staatshaushalts mit Einnahmen, aber auch hohen Ausgaben, deren soziale und Herrschaft legitimierende Bedeutung herausgestellt wird. Dies führt zum großen Thema des kaiserlichen Euergetismus, dessen wirtschaftliche Bedeutung jedoch nur kurz angerissen wird. Im Folgenden wird am Beispiel des jüngeren Plinius ein vermögendes Mitglied der römischen Oberschicht vorgestellt und auch hier das Thema Euergetismus, jetzt jedoch im 'privaten' Bereich, behandelt. Schließlich kommt Kloft - leider vergleichsweise kurz - auf den Wirtschaftszweig zu sprechen, der sich aus der Geldwirtschaft ergibt: Bankenwesen und 'privater' Geldverleih. Überlegungen zum Preisniveau und zur Armut runden das Kapitel ab.

In dem abschließenden Kapitel "Zusammenfassung und Ausblick" setzt sich Kloft mit der These Gibbons auseinander, das 2. Jahrhundert n. Chr. sei die blühendste Zeit der Menschheitsgeschichte gewesen. Hier kann Kloft durch Betonung von Urbanisierung und Romanisierung das Bild einer reichsweiten Blüte für das 1. und 2. Jahrhundert n. Chr. nachzeichnen und zeigt dann summarisch die Veränderungen der Rahmenbedingungen des 3. Jahrhunderts n. Chr. mit ihren ökonomischen Auswirkungen auf.

Insgesamt bemüht sich Kloft erfolgreich, dem Leser nicht nur die Quellen zur römischen Wirtschaft, sondern auch viele große Namen der Wirtschaftstheorie näher zu bringen. Zahlreiche, auch sehr großformatige Abbildungen und Buntfotografien, einige Karten ebenso wie häufig wörtlich zitierte Quellenstellen sorgen dabei für einen optisch sehr ansprechenden Band. Eine leserfreundliche, ansprechende Gestaltung wurde auch in der Gliederung des Textes durch Einfügen von Abschnittsüberschriften versucht. Leider wirken viele dieser Abschnittsüberschriften jedoch wie zufällig eingestreut. So folgen z. B. im Kapitel zu Geld und Geldwirtschaft unter der Überschrift "Reichtum und Armut" (80) eine Einführung in die monetäre Durchdringung im römischen Reich und eine Beschreibung des römischen Münzsystems. Andere Überschriften wie etwa "Gleichsam flächendeckend" (35) im Kapitel zur Landwirtschaft geben keinen Hinweis auf den zu vermutenden Inhalt des Abschnittes, der dann über die Ausbreitung der villae rusticae in den nordwestlichen Provinzen berichtet. Es entsteht der Eindruck, diese Überschriften seien nachträglich und ohne Kenntnis der Materie zur optischen Gliederung erstellt worden - dieser sehr löbliche Ansatz hätte mit mehr Geduld schönere Effekte erzielen können.

Julia Hoffmann-Salz