Rezension über:

Lázaro Lagóstena Barrios: La producción de salsas y conservas de pescado en la Hispania romana (= Col·lecció: Instrumenta; Vol. 11), Barcelona: Universitat de Barcelona 2001, 503 S., ISBN 978-84-475-2624-6, EUR 33,65
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Rezension von:
Stefanie Martin-Kilcher
Institut für Ur- und Frühgeschichte & Archäologie der Römischen Provinzen, Universität Bern
Redaktionelle Betreuung:
Sabine Panzram
Empfohlene Zitierweise:
Stefanie Martin-Kilcher: Rezension von: Lázaro Lagóstena Barrios: La producción de salsas y conservas de pescado en la Hispania romana, Barcelona: Universitat de Barcelona 2001, in: sehepunkte 7 (2007), Nr. 1 [15.01.2007], URL: https://www.sehepunkte.de
/2007/01/11026.html


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Lázaro Lagóstena Barrios: La producción de salsas y conservas de pescado en la Hispania romana

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Die Publikation mit 2055 Anmerkungen ist die 1999 abgeschlossene Dissertation von Lagóstena Barrios an der Universität Cadiz. Ziel ist die Untersuchung der Produktionsräume in der Hispania, innerhalb derer die Herstellung von Fischkonserven und ihre Entwicklung nachzuweisen ist. Fische und Salz bilden die Grundsubstanz dieser in der Antike weit gehandelten proteinreichen Lebensmittel und Würze. Der zeitliche Rahmen reicht von phönizisch-punischer Zeit bis ins 5./6. Jahrhundert n. Chr. Zu Recht betont Lagóstena Barrios die Bedeutung der archäologischen Befunde und Funde für die Kenntnis dieser an den Küstenzonen einst bedeutenden Wirtschaftszweige (20).

Die Arbeit ist in zwei Teile gegliedert: einen geografischen mit Aufzählung der Fundorte von Anlagen, die sicher oder wahrscheinlich für die Herstellung von Fischkonserven dienten sowie von Töpfereien, die die dafür notwendige Verpackung (meist Amphoren) herstellten (31-201). Der zweite Teil will die Produktionssysteme im historischen Ablauf fassen (203-384). Angefügt ist ein Corpus der Stempel auf Fischsaucenamphoren der Iberischen Halbinsel nach dem System der Gruppe CEIPAC um J. Remesal (Barcelona), leider ohne Zeichnung des Inschriftenträgers. Pinselaufschriften (tituli picti) werden nur am Rand angesprochen (bes. 284 ff.) [1], doch standen für Lagóstena Barrios die Produktion im Vordergrund, nicht die Kommerzialisierung.

Bereits in seiner Magisterarbeit hatte sich Lagóstena Barrios mit Anlagen für Fischkonserven und Amphorentöpfereien in der Bucht von Cadiz befasst und damit nach den Pionierforschungen vor allem von M. Ponsich und M. Tarradell als einer der ersten archäologische Fundstellen dokumentiert. Für die Dissertation erweiterte er sein Interessengebiet auf die ganze Halbinsel. Für sein Vorhaben standen ihm für mehrere Zonen grundlegende Forschungen zu Verfügung, die insbesondere mit den Namen Ponsich, Tarradell, Etienne, Mayet, Fabião und Edmondson verbunden sind. Diese legten in den letzten Jahrzehnten in den bedeutenden Produktionsgebieten vorab der Baetica und Lusitaniens archäologische Befunde vor und diskutierten historische Zusammenhänge der Produktion; dazu kommt R. Curtis, der von Pompeji ausgehend eine umfassend angelegte Kulturgeschichte der Produktion von Fischkonserven schrieb. Nicht zu vergessen sind jüngere archäologische Forschungen in der Region von Gades von D. Bernal Casasola und E. García Vargas.

Für seine geografische Übersicht im ersten Teil konsultierte Lagóstena Barrios darüber hinaus eine große Zahl regionaler Arbeiten. Er beginnt mit der atlantischen Nordküste (eine zugehörige Karte folgt auf Seite 199) und umkreist die Halbinsel über Lusitanien zur Baetica und zur Ostküste der Tarraconensis. [2] Um Zusammenhänge und Entwicklungen besser zu erkennen, hätte man allerdings den Start in der Baetica erwartet, sind doch im ehemaligen punischen Süden der Halbinsel die bislang frühesten Anlagen zur Mazeration und Herstellung von Fischkonserven samt der zugehörigen Verpackungsindustrie fassbar. Teil 1 ist schwierig nutzbar: Die Produktionsorte sind mit den antiken Namen der Städte und Hauptorte überschrieben. Für die Diskussion rechtlicher Fragen (sofern handfeste Quellen zur Verfügung stehen, was selten vorkommt) ist die übergeordnete Verwaltungseinheit wichtig; in den Territorien liegen aber meist mehrere Fundorte. Sie werden auf wenigen Übersichtskarten mit den aktuellen Namen bezeichnet; man kann ihre Lage in Bezug auf das (nicht eingetragene) Zentrum nicht bewerten. Wenn auch die Organisation der Produktion behandelt werden soll, erwartet man ferner eine Übersicht anhand ausgewählter Produktionsanlagen und Töpfereien, doch ist keine Einzige abgebildet und die gezeigten Beispiele der an einzelnen Orten produzierten Amphoren sind kommentarlos nebeneinander gestellt, wenn auch die Anordnung grosso modo von älteren zu jüngeren Formen geht. So erschöpft sich der erste Teil in einer weitläufigen Literaturübersicht.

Teil 2 strebt eine Analyse der Produktionen und Produktionssysteme im geschichtlichen Ablauf an, vorab vom 2. Jahrhundert v.Chr. bis in die Spätantike: Was weiß man über die Produktionen in vorrömischer Zeit? Welchen Einfluss hatte die "Romanisierung"? Wie zeigte sich die Produktion in der Kaiserzeit (bes. 284 ff. und 367 ff.) und schließlich in der Spätantike? Die Veränderungen und Innovationen spätestens im 1. Jahrhundert v.Chr. sind zweifellos mit römischen Investitionen im Süden der Provinz Baetica zu verbinden, die bald zu der so dominanten Rolle im Export römischer Lebensmittel führten. [3] Breiten Raum nimmt die Erörterung der Thesen von Edmondson 1987 und 1990 von Organisationsformen der Produktion im ländlichen Bereich (villa), in der Stadt und im halb-städtischen Bereich ein (wobei dieser Begriff nach wie vor unklar bleibt). Es fehlen wiederum Illustrationen archäologischer Befunde, anhand derer Lagóstena Barrios eine neue Sicht hätte darlegen können, so auch zu den auf Seite 277 zu Recht angesprochenen Verbindungen zwischen fundus und figlina.

Bereits Ponsich und Tarradell wiesen auf die Verbindungen zwischen den großen Anlagen zur Fischverarbeitung in der nordafrikanischen Mauretania und der Baetica hin, man denke etwa an die tituli picti auf Amphoren hispanischer Form des 1. und 2. Jahrhunderts mit Herkunftsangabe der Ware aus Ting(i) oder Lix(us). Dieser Aspekt bleibt ausgeklammert. Weiterführend ist der Abschnitt über die Spätzeit der Produktionen. Laut Lagóstena Barrios sind nach dem 5. Jahrhundert kaum mehr Anlagen in Betrieb, doch ist einmal mehr zu unterscheiden zwischen der Produktion für einen großen Markt und dem regionalen Absatz.

Lagóstena Barrios ist zu danken für die große Arbeit und das Corpus der Stempel. Es ist zu hoffen, dass weitere Untersuchungen folgen, bevor alle relevanten Küstengebiete überbaut sind.


Anmerkungen:

[1] Dazu zuletzt J. Remesal Rodríguez (Hg.): Epigrafía Anfórica. Instrumenta 17, Barcelona 2004.

[2] Hier fehlt die wichtige Arbeit von J.M. Nolla et al.: Un forn romà de terrissa a Llafranc (Palafrugell, Baix Emporda), in: Ampurias 44 (1982), 147-183.

[3] Zu den sog. Dr. 1C, besser Dr. 12, aus der Baetica vgl. A. Hesnard, in: V. Blanc-Bijon et al.: Recueil de timbres sur amphores romaines II, Aix-en-Provence 1998, 291 ff.

Stefanie Martin-Kilcher