Michael Jucker: Gesandte, Schreiber, Akten. Politische Kommunikation auf eidgenössischen Tagsatzungen im Spätmittelalter, Zürich: Chronos Verlag 2004, 367 S., ISBN 978-3-0340-0683-5, EUR 38,80
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Doris Klee: Konflikte kommunizieren. Die Briefe des Grüninger Landvogts Jörg Berger an den Züricher Rat (1514-1529), Zürich: Chronos Verlag 2006, 255 S., ISBN 978-3-0340-0775-7, EUR 32,00
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Peter Brun: Schrift und politisches Handeln. Eine "zugeschriebene" Geschichte des Aargaus 1415-1425, Zürich: Chronos Verlag 2006, 218 S., ISBN 978-3-0340-0774-0, EUR 32,00
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Harm von Seggern: Herrschermedien im Spätmittelalter. Studien zur Informationsübermittlung im burgundischen Staat unter Karl dem Kühnen, Ostfildern: Thorbecke 2003
Sigrid Rachoinig: 'Wir tun kund und lassen dich wissen'. Briefe, Urkunden und Akten als spätmittelalterliche Grundformen schriftlicher Kommunikation, dargestellt anhand der Lebenszeugnisse Oswalds von Wolkenstein, Frankfurt a.M. [u.a.]: Peter Lang 2009
Elmar Rettinger / Peter Eulberg: 2000 Jahre Mainz - Geschichte der Stadt Digital. CD-ROM, 2., aktualis. Auflage, Mainz: Institut für Geschichtliche Landeskunde 2001
Wann immer sich neue Forschungen mit Schrift und Schriftgebrauch im Mittelalter nicht nur als der selbstverständlichen Voraussetzung für historische Überlieferung, sondern als historischem Problem ganz eigenen Rechts beschäftigen, denkt man zurück an den Münsteraner SFB 231 "Träger, Felder, Formen pragmatischer Schriftlichkeit im Mittelalter" (1986-1999), der in interdisziplinären Forschungen von enormer Bandbreite das Schriftlichkeitsbild der historischen Mediävistik neu ausgerichtet hat: vom bildungs- und fortschrittsgeschichtlichen Paradigma der Schriftlichkeit als kulturellem Leistungsindikator hin zur Schriftlichkeit als komplex mit der Mündlichkeit interagierende Kulturtechnik, deren jeweiliger Sitz im Leben gerade nicht über den Bildungskanon, sondern über ihre Handlungs- und Benutzungskontexte zu bestimmen ist.
Etwas weniger bekannt und wirkungsmächtig, doch ähnlich verdienstvoll, ist die in Zürich um Roger Sablonier versammelte Forschergruppe, die in verschiedenen Projekten für das herrschaftliche, wirtschaftliche und administrative Schriftgut der spätmittelalterlichen Schweiz einen ganz ähnlichen Perspektivenwechsel vollzogen hat. Arbeiten Sabloniers und seiner Schüler lösten vor allem Urbare und ländliche Rechtsquellen zu einem guten Stück aus den bisherigen rechtlichen und wirtschaftsgeschichtlichen Deutungen heraus. Sie wiesen zum einen auf die Symbolkraft schriftlicher Aufzeichnung für die Projektion von Herrschaftsansprüchen hin, zum anderen auf das komplexe Zusammenspiel von Verschriftung und mündlichen Gebrauchszusammenhängen.
Drei neue Dissertationen aus dieser Schule liegen vor, die den Schwerpunkt von lokalen und regionalen Herrschaftsverhältnissen eher auf politische und diplomatische Verflechtungen, von den Wirtschafts- und Rechtsaufzeichnungen auf Urkunden und Briefe verschieben: Alle drei fragen nach dem Handeln mit Schrift in politischen Konfliktsituationen, alle drei arbeiten hin auf eine Umdeutung von Schriftquellen aus ihren Gebrauchszusammenhängen heraus, und alle drei wählen schließlich Fallbeispiele aus der deutschsprachigen Schweiz im 15. und frühen 16. Jahrhundert. Um das Funktionieren von politischer Kommunikation vor dem Hintergrund eines problematisierten und neu zu erarbeitenden Schriftlichkeitskonzepts in den Griff zu bekommen, machen sich alle das dreigliedrige Modell der Schriftgutanalyse Schreiben - Benutzen - Aufbewahren (making - using - keeping) zu eigen, das Michael Clanchy in seiner brillianten Studie über die Mentalität des Schriftgebrauchs im hoch- und spätmittelalterlichen England in Grundzügen entwickelt hat. [1]
Die bei weitem umfangreichste und ambitionierteste Arbeit des Trios ist Michael Juckers Studie über politische Schriftlichkeit rund um die eidgenössischen Tagsatzungen des Spätmittelalters. Die Tagsatzungen, ab Ende des 14. Jahrhunderts zunächst unregelmäßige, sich dann im Laufe des 15. Jahrhunderts verstetigende Treffen von Gesandten der eidgenössischen Städte zur Koordination gemeinsamer Politik und gemeinsamer Herrschaft über eroberte Gebiete, waren nie politische Institutionen in dem Sinne, dass die dort getroffenen Entscheidungen von einer kollektiven Ordnungsmacht umgesetzt worden wären. In einem kritischen Überblick zur bisherigen Forschung und zu den vorhandenen Quelleneditionen (Kapitel 3) kann Jucker zunächst eindrucksvoll, wenn auch weitschweifig, zeigen, wie der Versuch, die Tagsatzungen als frühe Keimzellen eidgenössischer Staatlichkeit zu konstruieren, zu editorischen Verfälschungen des Schriftguts führte: Formale Eigenheiten der edierten Schriftstücke und selbst ihre Sprache wurden durch eine vereinheitlichende Regestierungstechnik in eine institutionelle Tradition kollektiven Handelns gestellt, die auf das Spätmittelalter zurückprojiziert wurde. Tagsatzungen waren stattdessen primär Ereignisse politischer Kommunikation, seit der Mitte des 15. Jahrhunderts in größerem Umfang auch Ereignisse schriftlicher Kommunikation. Der folgende Abschnitt (Kapitel 4) umreißt die Akteure dieser Kommunikation: Neben den Gesandten selbst erscheinen die Stadtschreiber als zentrale Figuren, die Kanzleien der teilnehmenden Städte als die eigentlichen Entstehungsorte des Schriftguts, das mit den Tagsatzungen in Verbindung gebracht werden kann. Der seit der Mitte des 15. Jahrhundert prägende Typus sind die "Abschiede", weniger in Kraft zu setzende Beschlüsse, sondern schriftliche Zusammenfassungen der Verhandlungsergebnisse und offenen Fragen, die die Gesandten ihren Heimatorten wieder vorzutragen hatten. Jucker kann zeigen, dass sich dieser Typus vor allem aus den Zürcher und Luzerner Ratsprotokollen entwickelt, und dass sich ihre Anlage und ihr Gebrauch zunächst viel stärker auf innerstädtische Kommunikation und Herrschaftsverhältnisse als auf die Entscheidungsfindung auf den Tagsatzungen (Kapitel 5) bezog. Den Missiven als zentralem schriftlichen Kommunikationsmittel widmet sich das nächste Kapitel. Der Versuch, in seiner Analyse der Sprache dieser Briefe schriftliches Kommunizieren in seiner funktionalen Abhängigkeit von und Interdependenz mit der Mündlichkeit zu verorten, gelingt Jucker sehr gut. Es fällt aber auf, dass er gerade hier die Chance, selbst die schriftguttypologische Genauigkeit zu liefern, deren Fehlen er der älteren Forschung zurecht vorhält, nur halbherzig nutzt: Zum einen lenkt bereits sein Begriff "amtlicher Brief" (196) auf eine falsche Bahn, indem er ungewollt einen Schriftgebrauch innerhalb behördlicher Hierarchien und Zuständigkeiten suggeriert. Hier wäre eine quellenkundliche Grundierung durch eine Untersuchung der zeitgenössischen Terminologie hilfreich gewesen, wie sie das vorhergehende Kapitel für die Gattung "Abschied" in sehr überzeugender Form bietet. Zum anderen macht ausgerechnet der auf Forschungskritik bedachte Autor einmal mehr den alten Fehler der Briefforschung, formelhaft wiederkehrende Wendungen wie Gruß- und Schlussformeln als weniger wichtig abzutun (213), anstatt in ihnen die entscheidenden Chiffren für Gegenseitigkeitsvorstellungen zu sehen. Kapitel 7 untersucht, wie die Tagsatzungen, die weder über eine eigene Kanzlei noch über äußere Hoheitszeichen oder institutionelle Machtmittel verfügten, die Verwaltung der von der Eidgenossenschaft gemeinsam beherrschten Gebiete koordinieren und verstetigen konnten. Aus deutscher (und landesgeschichtlicher) Sicht ist diese Konstellation besonders lehrreich, da administrative Schriftlichkeit hier meist nur unter den Bedingungen herrschaftlicher Verdichtung in Territorien oder Städten in den Blick genommen wird. Tatsächlich kann Jucker plausibel machen, dass es vor dem Hintergrund der relativen Ineffektivität der Tagsatzungen als Entscheidungsgremien gerade der Zwang zur Konsensfindung war, der die Produktion von herrschaftlichem Schriftgut wie Urbaren ankurbelte. Ein letztes, etwas angestückelt wirkendes Kapitel ergänzt die Untersuchung der schriftlichen Interaktion durch die der symbolischen und körperlichen Zeichenhaftigkeit des Auftretens und der Kleidung der Gesandten.
Michael Jucker legt einen Beitrag zur Geschichte der politischen Schriftlichkeit vor, der durch Verzicht auf manche Exkurse und Straffung der forschungskritischen Ausführungen noch pointierter hätte ausfallen können. Seinen Vorbildcharakter anzuerkennen fällt jedoch leicht, auch wenn man ihm nicht in jedem Detail folgen mag.
Doris Klee wählt für ihre Studie über den funktionalen Zusammenhang von Schriftlichkeit und politischem Konfliktaustrag im frühen 16. Jahrhundert einen mikrohistorisch-biografischen Ansatz: Im Kern ihrer Arbeit steht die Korrespondenz Jörg Bergers, der von 1514 bis 1529 in Zürcher Diensten als Landvogt von Grüningen (östlich von Zürich) amtierte. Seine 150 Briefe an den Zürcher Rat bilden den Kern des Quellenkorpus für die Untersuchung, ergänzt um das sogenannte "Bergerbuch", ein Kopialbuch, das er als praktisches Verwaltungshandbuch anlegte und einsetzte. In einem einleitenden Kapitel stellt Klee ein formales Kommunikationsmodell sowie ein dem Soziologen Amitai Etzioni folgendes Konfliktmodell vor, das sie ihrer Deutung der Quellen zugrundelegt. Entscheidend ist, dass beiden Modellen zufolge Berger eine doppelte Stellung als Befehlsempfänger gegenüber dem Rat einerseits und als Herrschaftsträger gegenüber den Vogteiuntertanen andererseits einnimmt. Die anschließende biographische Skizze Jörg Bergers vor dem Hintergrund von lokalen Unruhen, militärischen Italienzügen, vor allem aber der Zürcher Reformation ab 1524 (Kapitel 3) gelingt sehr gut. Ohne die eher dünne Quellenlage zu Bergers Person über Gebühr zu strapazieren, zeichnet Klee ein lebendiges Bild der Abhängigkeiten und Konfliktlagen seines Amtes. All dies dient jedoch nur zur Vorbereitung auf die beiden Kernkapitel: "Kommunikation mit dem Zürcher Rat" liefert eine formale und sprachliche Analyse sowie eine typologische Aufgliederung des Bergerschen Briefkorpus. Eine funktionale Typologie nach Briefinhalt und Sprache wie die hier vorgeschlagene (Antwortbrief - Berichtsbrief - Empfehlungsbrief - Bittbrief - Rechtfertigungsbrief) ist im Vergleich zu rein formalen Typologien immer angreifbar (warum kein "Erläuterungsbrief" oder "Zusagebrief"?). Doch gerade dort, wo Klee ihre Typologie an konkrete Fallbeispiele anbindet, kann sie überzeugen. "Konfliktfelder" (Kapitel 5) ist als letztes auch das stärkste Kapitel des Buches. In knapp erzählten Fallbeispielen zeigt Klee, wie Einsatz und Deutung von Schriftprodukten von Fragen institutioneller Macht beeinflusst waren und somit Konfliktpotential bargen: Die Urbare der Herrschaft Grüningen beispielsweise waren für den städtischen Rat Herrschaftssymbole, die in einer ungebrochen Tradition von Anspruchsschriftlichkeit standen. Für Berger als Beamten vor Ort waren sie pragmatische Hilfsmittel, die in soweit der Realität entsprechen mussten, als sie für die konkrete Durchführung eines Verwaltungsvorgangs nötig waren.
Der schnörkellose Stil, in dem diese Mikrostudien präsentiert werden und der straffe Aufbau der Kapitel gehören zu den Stärken der Arbeit. Ihr Talent für elegante Komprimierung scheint die Autorin aber immer dann zugunsten etwas gestelzt wirkenden Sozialwissenschaftsjargons zu verlassen, wenn Einzelergebnisse in das theoretische Modell einzuordnen sind: Ein Gespräch ist die "Bewältigung des zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgeschlossenen Kommunikationsakts" (92), und es geschieht nicht aus Informationsbedarf, sondern aufgrund eines "utilitarische[n] Ressourcendefizit[s]" (93). Das ist kein rein stilistisches Problem, wird man beim Lesen doch den Eindruck nicht los, dass sich die beiden Perspektiven, die die Arbeit so mutig zu vereinigen versucht, gegenseitig im Weg stehen: Wo immer Bergers Eigenheiten und Eigeninteressen aufscheinen, werden sie übersystematisiert und vorschnell in ein historisch oft zu unspezifisches Modell einsortiert; wo es dagegen gälte, dieses Modell auszubauen, historisch zu unterfüttern und dadurch erst fruchtbar zu machen, stößt Klee an die Grenze, die die Beschränkung auf Bergers Schriftgut bedeutet.
Peter Brun untersucht im schlankesten Band des Trios Herstellung, Einsatz und Aufbewahrung von Schriftstücken am Beispiel des Aargaus, der von 1415 bis 1425 von habsburgischer in eidgenössische Herrschaft übergeht. Sein zentrales methodisches Anliegen ist es, die in der historischen Mediävistik vorherrschende Trennung zwischen schriftlicher und symbolischer Kommunikation als zwei unabhängig voneinander zu untersuchenden Horizonten politischen Handelns aufzuheben. Politische Schriftlichkeit soll stattdessen zwischen den Polen ihres buchstäblichen Gehalts und ihrer zeichenhaften Bedeutung eingeordnet werden. Die beiden Schlüsselbegriffe seines Konzepts sind die "Zuschreibung", also die Funktion, die jedem Schriftstück nicht aufgrund formaler Typologien oder rechtlichem Wert zukommt, sondern die es erst im Verständnis und im Handeln der Akteure erlangt, und die "Umwelt" als der politische Wissens- und Interessenhintergrund dieser Akteure. So schwammig und unbefriedigend der zweite erscheint, so treffend ist der erste Begriff gewählt.
Nach knappen, einleitenden Kapiteln zum Forschungsstand und zum ereignisgeschichtlichen Gerüst der Fallstudie widmet Brun fünf Kapitel je einem der politischen Akteure: Den aargauischen Kleinstädten, König Sigismund, den eidgenössischen Städten, dem aargauischen Dienstadel und Herzog Friedrich IV. von Österreich. Das Bestreben, die herkömmliche Quellenkritik auf neue Füße zu stellen, schlägt sich in der identisch durchgehaltenen Zweiteilung der Kapitel nieder: Zuerst behandelt Brun die "fremden" Schriftstücke, die die jeweilige Partei von anderer Seite erhielt, vom Lehenbrief über das Mandat bis zum Kapitulationsvertrag. Einzelne Schriftstücke und Schriftgutgruppen werden dabei sehr genau auf die politischen Zusammenhänge ihrer Entstehung untersucht. Es folgen nach dem gleichen Muster die selbst ausgestellten Schriftstücke. Aus der Zusammenschau der Einzelergebnisse gewinnt Brun die These, Schriftverwendung zwischen gleichrangigen Akteuren tendiere eher zum "textinhaltlichen" Pol, die Schriftstücke bezweckten also oft genau das, was ihr Wortlaut aussagte. Dagegen erreichten die zwischen Herrschaftsträgern und Untertanen gewechselten Schriftstücke ihre Wirkung viel öfter schon durch ihre Existenz oder durch ihre äußere Form (Siegel!). Als Ergebnis einer kleinräumigen Fallstudie kann Brun dies durchaus plausibel machen, die Verallgemeinerung dieser These dürfte aber auf Skepsis stoßen. So ist etwa die Fürstenkorrespondenz des 15. Jahrhunderts zweifellos ein System, das Gegenseitigkeit durch symbolischen Schriftgebrauch herstellt, ebenso wie die Ausübung von Herrschaft mittels Mandaten und Weisungsbriefen an untergeordnete Amtsträger einen pragmatischen Kern rein sachlichen Schriftgebrauchs hat.
Die methodische Idee einer konsequent zweigeteilten Kapitelstruktur, die Bruns Arbeit trägt, funktioniert nur bedingt: Dem Nachteil der erzeugten Redundanzen und der unnötigen Querverweise steht letztlich kein entsprechender Erkenntnisgewinn gegenüber. Auch formal kann Bruns Arbeit nicht restlos überzeugen: Die Zahl der durch Eingabe- und Zeichensetzungsfehler entstellten Sätze legt nahe, dass das Dissertationsmanuskript ohne jegliche Überarbeitung in den Druck gegangen ist. Eine gründliche redaktionelle Überarbeitung hätte den inhaltlichen Wert der Arbeit besser zur Geltung kommen lassen.
Was bleibt an (Zwischen-)Ergebnissen und Desideraten aus der Zürcher schriftlichkeitsgeschichtlichen Werkstatt festzuhalten? Unstrittig dürfte sein, dass die herkömmliche Quellenkritik, die ihre Beschreibungs- und Einteilungskategorien aus der Diplomatik (Authentizität, rechtliche Gültigkeit) und der Aktenkunde (behördliche Hierarchien, "amtliche" Wirkungssphäre) bezieht, für die inzwischen an das 15. und 16. Jahrhundert gestellten Fragen nicht mehr ausreicht. Gleichzeitig führt der Versuch, aus dem Gedanken des historischen Funktions- und Handlungszusammenhangs zu neuen Quellentypologien und neuen Begriffen zu kommen, noch zu einem Wildwuchs an Modellen, die zwar bemerkenswerte methodische Versuche hervorbringen, gleichzeitig aber immer Gefahr laufen, nur Selbsterklärendes zu theoretisieren. Doch diese Unfertigkeit hat ihren Charme: Die Schriftlichkeitsgeschichte des späten Mittelalters ist eben noch nicht terminologisch gebändigt und sauber in begriffliche Ordner abgeheftet. Mit ihrem methodischen Mut wie mit ihrer begrifflichen Überladung stehen die vorgestellten Dissertationen beispielhaft für ein immer noch von Aufbruchsstimmung geprägtes Forschungsfeld, und das sollte in der Gesamtbeurteilung mehr zählen als einzelne Schwächen. Alle drei sind deshalb unbedingt lesenswert.
Anmerkung:
[1] Michael T. Clanchy: From Memory to Written Record. England 1066-1307, 2. Aufl. London 1993 (1979).
Julian Holzapfl