Peter Hilsch: Das Mittelalter - die Epoche (= UTB basics), Stuttgart: UTB 2006, 254 S., ISBN 978-3-8252-2576-6, EUR 17,90
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Der Vorläufer des hier anzuzeigenden Handbuchs, Peter Hilschs "Grundkurs Geschichte: Mittelalter" [1], hat sich in den letzten Jahren einen festen Platz im akademischen Grundlagenunterricht gesichert. Hilschs neues Einführungswerk, nunmehr herausgegeben in der Reihe UTB basics, stellt eine willkommene Aktualisierung dar, die nicht nur inhaltliche Anpassungen und Modifizierungen aufweist, sondern vor allem durch neue Präsentationsformen eine gelungene Weiterentwicklung darstellt.
Der Bedarf für ein solches Lehrbuch liegt auf der Hand. Bedingt durch heutige Lehrplanvorgaben, tendiert die Mittelalterkenntnis einer Mehrheit der Studienanfänger des Fachs Geschichte zunehmend gegen Null. Übersichtsveranstaltungen, die insbesondere die Masse der auf die Neuzeit fixierten Studenten wenigstens etwas mit dieser fremden Welt vertraut machen, sind mittlerweile Bestandteil der Studienpläne vieler deutscher Universitäten. Begleitliteratur, die derartige Grundkurse flankieren kann, ist hoch erwünscht. Hilschs Buch erfüllt diesen Anspruch voll und ganz.
Nach einer knappen Einführung in den Gegenstand gibt der Autor in vier Kapiteln einen konzentrierten Überblick über die Gesamtheit der europäisch-deutschen mittelalterlichen Geschichte. Die Geschichte der Völkerwanderungszeit sowie des Frankenreiches, des ottonisch-salischen Reiches, der Stauferzeit und des späten Mittelalters werden in etwa gleichgewichtig behandelt unter Aufzeigen der Grundlinien der politischen Ereignisgeschichte sowie der gesellschaftlichen Strukturen in ihrem Wandel und der Kulturgeschichte.
Dem Rezensenten steht es nicht an, das Buch nach seiner inhaltlichen Ausgewogenheit zu bewerten oder gar um Details zu feilschen. Letztlich trägt jede Überblicksdarstellung einen individuellen Zug, setzt eigene Akzente. Doch ist das von Hilsch gezeichnete Bild auch unter Fachkollegen ohne Frage mehrheitsfähig. Die Darstellung ist solide, berücksichtigt neuere Forschungsergebnisse, weist zuweilen auf Forschungskontroversen hin. Ein großer Vorteil jener Gleichberechtigung, die Hilsch den Unterepochen des Mittelalters angedeihen lässt, ist zweifellos der, dass auch das Spätmittelalter, das in Überblicksvorlesungen aus Zeitgründen oft übergangen wird, hier eine angemessene Behandlung erfährt. Im Kapitel 5.4., vor allem im Unterkapitel "Abendländisches Schisma und hussitische Revolution" (217-226, immerhin 4 % der Gesamtdarstellung!), erreicht Hilsch einen (relativen) Detailreichtum wie nirgends sonst in seinem Buch. Hier tritt die Individualität der Perspektive deutlich hervor, hat doch Hilsch seine besondere Kompetenz auf diesem Gebiet durch eine Monografie über Jan Hus gezeigt. [2] Angesichts der Schwierigkeiten, die hoch bedeutende spätmittelalterliche Papst- und Konziliengeschichte im akademischen Unterricht zu vermitteln, ist diese kleine Schwerpunktbildung als eine der Perlen in Hilschs Buch besonders zu würdigen.
Größere Neuerungen gegenüber der älteren, stark textlastigen Studienbuchausgabe ergeben sich im Layout des Bandes. 51 Abbildungen lockern den Text auf und dienen der Veranschaulichung (zu korrigieren sind die irreführenden Angaben zu Abbildung 43 und 49, denn die dort gezeigten Augsburger Buchmalereien [?] stammen offenbar aus dem 16., nicht dem 14. Jahrhundert). Wichtige Begriffe werden in Marginalien oder eingeschobenen "Info"-Textblöcken kurz erläutert, blaue Hervorhebungen im Text weisen auf zentrale Sachverhalte hin. Personen- und Sachregister ermöglichen den Direktzugriff auf diese Informationen. Das Druckbild ist übersichtlich und ästhetisch ansprechend. Leider wurde in dieser neuen Ausgabe auf die Quellenanhänge verzichtet, wodurch so mancher schöne, unmittelbar an vergangene Wirklichkeit heranführende Text weggefallen ist.
Eine letzte Prüfung auf die didaktische Brauchbarkeit des Werkes stellen die "Aufgaben zum Selbsttest" dar, die jedem Unterkapitel nachgestellt sind. Die Fragen sind durchaus anspruchsvolle Verständnis-, nicht bloße Wissensfragen. Wer sie alle beantworten könnte, wäre für das weitere Mittelalterstudium bestens präpariert. Allerdings fragt sich der Rezensent doch, ob der Handbuchtext wirklich immer befriedigende Antworten auf die Selbsttestfragen gibt. Man vergleiche zum Beispiel nur, was auf Seite 171f. auf 16 Zeilen zur Beantwortung der Frage "Wie ist die Zunahme ketzerischer Vorstellungen im 12. und 13. Jahrhundert zu erklären?" (177) geboten wird. Hier steht die gebotene Knappheit der Darstellung einem differenzierten Verständnis des diskutierten Phänomens, wie es im akademischen Unterricht letztlich vermittelt werden soll, entgegen. Doch mindert dieser Hinweis, nicht zuviel von dem Büchlein erwarten zu wollen, nicht den Wert desselben. Peter Hilschs zeitgemäßer Einführungsdarstellung ist unter Studienanfängern und auch Schülern ein breiter Leserkreis aufrichtig zu wünschen.
Anmerkungen:
[1] Peter Hilsch: Mittelalter (Grundkurs Geschichte, 2), Frankfurt 1989 (2. Auflage 1995).
[2] Peter Hilsch: Johannes Hus (um 1370-1415). Prediger Gottes und Ketzer, Regensburg 1999.
Robert Gramsch