Gabriele Metzler: Einführung in das Studium der Zeitgeschichte, Stuttgart: UTB 2004, 346 S., ISBN 978-3-8252-2433-2, EUR 17,90
Buch im KVK suchen
Bitte geben Sie beim Zitieren dieser Rezension die exakte URL und das Datum Ihres Besuchs dieser Online-Adresse an.
Gundula Bavendamm: Spionage und Verrat. Konspirative Kriegserzählungen und französische Innenpolitik, 1914-1917, Essen: Klartext 2003
Tim Geiger: Atlantiker gegen Gaullisten. Außenpolitischer Konflikt und innerparteilicher Machtkampf in der CDU/CSU 1958-1969, München: Oldenbourg 2008
Bruno Cabanes / Anne Duménil (Hgg.): Der Erste Weltkrieg. Eine europäische Katastrophe, Stuttgart: Theiss 2013
Jeder Proseminarleiter steht immer wieder vor der Frage, welche Einführung in das Geschichtsstudium er seinen Studenten empfehlen soll. Sind manche Kompendien veraltet, so sind andere unvollständig oder zur stark auf Teilaspekte fokussiert. Für das Studium der Zeitgeschichte hat Gabriele Metzler eine Einführung vorgelegt, die sich explizit an Studenten des Grundstudiums wendet. Sie nimmt diese über die Kapitel hinweg an die Hand und bietet ihnen viele Beispiele, um ihre Ausführungen zu verdeutlichen. Zahlreiche Literatur- und Internetverweise sowie Angaben von Adressen sind auch für den (Post-)Graduierten nützlich.
Der Band beginnt mit dem Kapitel "Was ist und wie studiert man Zeitgeschichte?" (11-94), wo Periodisierungsfragen und - angelehnt an die Erstauflage des Fischer Lexikon Geschichte [1] - der Dreischritt der historischen Forschung aus Heuristik, Quellenkritik und Interpretation erläutert werden. Die Quellenkritik hätte ruhig etwas breiter auch mit Beispielen der Archivarbeit abgehandelt werden können, denn hier ist das größte Defizit des medialen Umgangs mit der Zeitgeschichte auszumachen und die Expertise des Historikers gefragt. Gut gelungen ist das Unterkapitel über Vergleich, Transfer und Verflechtung, das diese Königswege der zeithistorischen Forschung praxisorientiert vorstellt. Das zweite Kapitel "Themen der Zeitgeschichte" (95-250) befasst sich mit Demografie, Ökonomie, Alltagskultur, politischen Ordnungen, Umgang mit der NS-Vergangenheit, der Wissensgesellschaft, Kultur und Medien, dem Ost-West-Konflikt sowie der europäischen Integration. Zeitgeschichte ist für Metzler also vornehmlich die Zeit ab 1945. [2] "Hinweise für die Praxis zeithistorischer Studien und Forschung" (251-304) bietet vor allem Institutionen- und Internet-Adressen sowie Literaturangaben, welche zum Teil kommentiert werden. Im letzten Kapitel "Zeitgeschichte als Beruf" (305-335) stellt Metzler die vielfältigen, aber eben nicht allein durch das Studium zu erreichenden Jobs und Tätigkeitsfelder (Bildung, Politikberatung, Wissenschaft, Medien, Museen etc.) für den Zeithistoriker dar.
Bei dem vielen Guten finden sich auch kleinere Monita. Das Buch ist gerade im Vergleich zu anderen Einführungen reich bebildert, doch sind die Grafiken und Bilder nicht immer weiterführend. Abgebildet ist beispielsweise ein Jugendlicher, der auf eine Stellwand der sogenannten Wehrmachtsausstellung blickt. Den Platz hätte man besser mit mehr Erläuterungen zur Fotografie als historische Quelle füllen können. Heydrichs Schreiben betreffs "Endlösung der Judenfrage" vom 25.1.1942 (60) ist so klein reproduziert, dass man es ohne Lupe nicht entziffern kann.
Ähnlich wie bei Lexika kann der angestrengt Suchende natürlich auch in diesem Band Lücken ausmachen, es fehlt etwa bei den journalistischen Studiengängen für den Historiker das Angebot der Fachjournalistik Geschichte in Gießen, bei den Internet-Kartenseiten die wichtige Ressource http://www.ieg-maps.uni-mainz.de/. Auch wirkt die dankenswerterweise kommentierte Bibliografie der "Hilfsmittel des Zeithistorikers" für den Studienanfänger etwas unübersichtlich, wenn die Geschichtlichen Grundbegriffe ebenso mit zwei Zeilen erläutert werden wie "The World Almanac and Book of Facts". Hier wäre eine stärkere Hervorhebung oder Auswahl der wichtigsten und unbedingt zu konsultierenden Werke hilfreich.
Was aber in einer studienorientierten Einführung wirklich fehlt und was andere Werke bieten, sind Themen, welche die Studenten doch am meisten bewegen: wie schreibe ich eine Hausarbeit, wie halte ich ein Referat, wie verfasse ich ein Essay oder eine Rezension, wie hat mein Literaturverzeichnis auszusehen, wie befleißige ich mich überhaupt eines guten wissenschaftlichen Stils? Das sind nicht spezifische Probleme des zeithistorischen Studiums, aber jeder Student der Zeitgeschichte wird auf sie treffen. Auch wäre jeder Korrektor von Hausarbeiten hier um gedruckte Unterstützung dankbar. So bietet Gabriele Metzlers mit einem Personenregister versehene Einführung zu einem vernünftigen Preis sehr viel, aber eben doch auch nicht alles Nötige für das Studium der Zeitgeschichte.
Anmerkungen:
[1] Vgl. Jörn Rüsen / Friedrich Jaeger: Historische Methode, in: Richard van Dülmen (Hg.): Fischer Lexikon Geschichte, Frankfurt am Main 1990, 13-32. Unverständlicherweise wurde dieses Kapitel in der Neuauflage des Lexikons (Frankfurt am Main 2003) gestrichen; s. hierzu die Rezension von Joachim Schmiedl, in: sehepunkte 7 (2007), Nr. 7/8, URL: http://www.sehepunkte.de/2007/07/12241.html.
[2] Im Vorgängerband von UTB lagen die Schwerpunkte dagegen noch auf dem Ersten Weltkrieg und der NS-Zeit, vgl. Matthias Peter / Hans-Jürgen Schröder: Einführung in das Studium der Zeitgeschichte, Paderborn 1994.
Peter Hoeres