Wolfgang Frischbier: Heinrich Abeken 1809-1872. Eine Biographie (= Otto-von-Bismarck-Stiftung. Wissenschaftliche Reihe; Bd. 9), Paderborn: Ferdinand Schöningh 2008, 587 S., ISBN 978-3-506-76538-3, EUR 78,00
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Georg Mölich / Joachim Oepen / Wolfgang Rosen (Hgg.): Klosterkultur und Säkularisation im Rheinland, Essen: Klartext 2002
Historische Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften durch Eberhard Weis / Generaldirektion der Staatlichen Archive Bayerns durch Hermann Rumschöttel (Hgg.): Die Protokolle des Bayerischen Staatsrats 1799 bis 1817. Band I: 1799 bis 1801. Bearbeitet von Reinhard Stauber unter Mitarbeit von Esteban Mauerer, München: Historische Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften 2006
Bei dem anzuzeigenden Buch handelt es sich um eine von Lothar Gall betreute Dissertation. Heinrich Abeken war einer der engsten Mitarbeiter Bismarcks nach dessen Amtsantritt als preußischer Ministerpräsident und Außenminister, der entscheidend an der Konzeption der Vorgehensweise in der Schleswig-Holsteinischen Frage beteiligt war.
Diese Rolle ist um so erstaunlicher, als Abekens Vorbildung nicht einmal den formalen Kriterien für die Aufnahme in den Diplomatischen Dienst Preußens entsprach, wie sie von Friedrich Wilhelm III. anno 1827 in einer speziellen Kabinettsordre festgelegt worden waren und auch unter seinem Sohn und Nachfolger Friedrich Wilhelm IV. im Wesentlichen beibehalten wurden. Zwar verfügte Abeken über einen gymnasialen Schulabschluss, doch ihm fehlten ansonsten nahezu alle anderen vorgeschriebenen Qualifikationen: ein Jurastudium ebenso wie eine mehrjährige Tätigkeit als Auskultator im Gerichtsdienst und als Referendar im Verwaltungsdienst Preußens. Auch hatte sich Abeken vor dem Eintritt in den Auswärtigen Dienst nicht dem vorgeschriebenen umfangreichen Diplomatischen Examen unterzogen und dementsprechend nicht als regulärer Attaché gewirkt.
Entscheidend für Abekens Einstieg in den Diplomatischen Dienst war die Bekanntschaft mit Christian Carl Josias Bunsen, die er 1827 in Berlin machte, da Bunsen ein sehr enger Freund seines Onkels Rudolf Abeken war. Der weitere Lebenslauf Heinrich Abekens war, wie es Frischbier mit den Worten von M. Rainer Lepsius über Richard Lepsius formuliert, durch "die enge persönliche Verflechtung zwischen Wissenschaftlern und Staatsbeamten" und "in hohem Maße" durch "eine Struktur persönlicher Einflussbeziehungen bestimmt". Dies trifft auf Abeken durchaus zu, doch verkennt Frischbier, der sich in seiner Studie ganz auf die Person des Vortragenden Rats konzentriert, in seiner Einleitung, dass dessen Lebenslauf keineswegs, wie postuliert, "typisch" (29f.) war für eine Person, die nach 1827 in den Dienst des Ministeriums der auswärtigen Angelegenheiten aufgenommen wurde. Im weiteren Verlauf seiner Darstellung bezeichnet der Autor Abeken dann korrekt als "Seiteneinsteiger" (316).
Nach dem Abschluss des Theologiestudiums mit dem Grad des Licentiats im März 1831 begab sich Abeken im Herbst 1831 nach Rom, wo er ab 1832 als Hauslehrer der Kinder Bunsens wirkte und von Bunsen in dessen liturgische und kirchengeschichtliche Studien eingebunden wurde. Im Sommer 1834 übernahm Abeken die Stelle des Gesandtschaftspredigers an der Mission Preußens am Heiligen Stuhl, nachdem Bunsen ihn versichert hatte, dass "das Ministerium dem, der sie 3 bis 5 Jahre verwaltet hat, eine Superintendentur oder ein akademisches Ordinariat überträgt" (35). Als sich diese Hoffnungen bis 1841 nicht erfüllten, ließ sich Abeken beurlauben und begab sich nach Deutschland zurück, um nach dem Tod des Vaters im Jahr 1840 "die Geschäfte zu ordnen", wie es seine zweite Frau in ihrer Zusammenstellung seiner Briefe formulierte. [1] Anfang Juli 1841 wurde Abeken in Berlin durch die Vermittlung des Außenministers Heinrich August Alexander Freiherr von Werther bei König Friedrich Wilhelm IV. eingeführt, was zusammen mit dem Einfluss Bunsens bewirkte, dass er in die Verhandlungen um die Errichtung eines evangelischen Bistums Jerusalem in London miteinbezogen wurde (79-132). Im Herbst 1842 genehmigte der König Abeken dann die Teilnahme an der preußischen Ägyptenexpedition unter der Leitung von Richard Lepsius, während der er formal als Attaché der römischen Gesandtschaft Preußens zugeordnet wurde. Dementsprechend kehrte der ehemalige Gesandtschaftsprediger auch im Frühjahr 1846 nach Rom zurück, wo er bis in den Sommer 1847 verblieb, bevor er sich erneut nach Deutschland begab. Da in der Zwischenzeit die "Stellung eines Professors" für Abeken "keinen Reiz" (205) mehr hatte, nahm er im April 1848, während der Revolution, das Angebot an, "ohne Remuneration" als Hilfsarbeiter in der Politischen Abteilung des Ministeriums der auswärtigen Angelegenheiten tätig zu werden. Nahezu 25 Jahre sollte Abeken von diesem Zeitpunkt an im Außenministerium wirken und dort bis zum Wirklichen Geheimen Legationsrat aufsteigen, der Einfluss auf die Gestaltung der preußischen Außenpolitik gewann.
Frischbier untergliedert den Zeitraum des Wirkens Abekens im Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten in drei Kapitel: Die Jahre von 1848 bis 1850, die durch die Revolution von 1848 und ihre Überwindung geprägt waren (208-329), die Tätigkeit Abekens unter Otto von Manteuffel (330-426) sowie die Jahre unter Bismarck (427-527).
Er stützt sich hierbei vor allem auf gedrucktes Material, doch gelingt es ihm auch auf dieser Basis klar herauszuarbeiten, welche Bedeutung Abeken gerade für die Formulierung der von Bismarck vertretenen Politik hatte. Hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang die Grafik auf Seite 453, in der Frischbier anhand einiger Bände der Gesammelten Werke Bismarcks den Anteil Abekens an der politischen Korrespondenz visualisiert und damit verdeutlicht, was hinter der Bemerkung Bismarcks gegenüber Wilhelm I. stand, dass Abeken "seit dem Sommer 1863 den bei weitem größten Theil der gesammten politischen Correspondenz mit ausgezeichnetem Geschick redigirt" hatte und für ihn "schlechthin unentbehrlich und unersetzlich" war. [2]
Besonders anregend sind die Ausführungen Frischbiers über die "politische Redaktion als arbeitsteiliger Prozess", in dem er anschaulich den Prozess der Erstellung einer Depesche schildert, einzelne Schichten voneinander trennt, zueinander in Beziehung setzt und in zwei Grafiken (466, 471) visualisiert. So wird deutlich, wie stark der Monarch selbst in die Abläufe dieses "institutionalisierten, hierarchisch strukturierten Arbeitsprozesses" eingebunden war, "der in der Regel über zahlreiche Stationen lief und an dem in abgestufter Zuständigkeit und Verantwortlichkeit mehrere Akteure, einzelne zum Teil mehrmals beteiligt waren" (466). In diesem Prozess war der Minister die "Drehscheibe", wie es Frischbier formuliert, doch lag die letzte Entscheidung stets beim Monarchen.
In seiner Schlussbetrachtung nimmt der Autor Abeken engagiert vor dem "Standardvorwurf [...] opportunistischer Anpassung" (534) in Schutz, der ihn seit seinem Eintritt in das Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten begleitete und der nicht zuletzt dadurch öffentlich wurde, dass Bismarck ihm im Rückblick bescheinigte, zwar "in ein paar Viertelstunden über alles zu schreiben, was man vom ihm verlange", gegebenenfalls aber "innerhalb einer Viertelstunde" einen neuen Text zu verfassen, der "nun mit derselben Wucht der Ueberzeugung das Gegenteil" von dem verfocht, für das Abeken mit seinem früheren Entwurf eingetreten war (528). Unbestritten ist, dass Abeken insgesamt elf Ministern diente und deren äußerst unterschiedlich ausgerichtete Außenpolitik mitformulierte.
Die anschaulich geschriebene Biografie des "Seiteneinsteigers" Abeken verdeutlicht einmal mehr, wie sehr ähnlich fundierte Untersuchungen zu den langjährigen Vortragenden Räten des Ministeriums der auswärtigen Angelegenheiten Preußens im Vormärz bis heute fehlen.
Anmerkungen:
[1] Heinrich Abeken. Ein schlichtes Leben in bewegter Zeit, aus Briefen zusammengestellt von Hedwig Abeken, 3. Aufl., Berlin 1904, 89.
[2] AA PA Personalakte Abeken, 27. März 1866.
Dietmar Grypa