Vera Isaiasz / Ute Lotz-Heumann / Monika Mommertz / Matthias Pohlig (Hgg.): Stadt und Religion in der frühen Neuzeit. Soziale Ordnungen und ihre Repräsentationen (= Eigene und fremde Welten. Repräsentationen sozialer Ordnung im Vergleich; Bd. 4), Frankfurt/M.: Campus 2007, 339 S., ISBN 978-3-593-38436-8, EUR 37,90
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Matthias Pohlig / Ute Lotz-Heumann / Vera Isaiasz / Ruth Schilling / Heike Bock / Stefan Ehrenpreis: Säkularisierungen in der Frühen Neuzeit. Methodische Probleme und empirische Fallstudien, Berlin: Duncker & Humblot 2008
Ute Lotz-Heumann / Jan-Friedrich Mißfelder / Matthias Pohlig (Hgg.): Konversion und Konfession in der Frühen Neuzeit, Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus 2007
Ute Lotz-Heumann: Die doppelte Konfessionalisierung in Irland. Konflikt und Koexistenz im 16. und in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts, Tübingen: Mohr Siebeck 2000
Bei dem vorliegenden Sammelband handelt es sich um eine Festschrift für Heinz Schilling anlässlich seines 65. Geburtstages. Wohlbekannte Schwierigkeit von Festschriften ist es, ein Sammelsurium von Beiträgen zu sein, das aus unterschiedlichsten Richtungen ehrerbietig zusammengetragen wird und daher von Herausgeberseite nur schwer zu fassen und zu bündeln - und aus diesem Grund auch nur schwer angemessen zu rezensieren ist. Da der vorliegende Band neben einer anderen repräsentativen und prominent besetzten Festschrift der Kollegenschaft erschienen ist [1], hat er als eigenständige Festgabe von Schülern des Jubilars den Vorteil eines thematischen Rahmens. "Stadt und Religion in der Frühen Neuzeit" trägt zu einem Forschungsfeld bei, das noch immer weit umrissen ist, weist in jedem Fall aber auf die Schillingsche These von der okzidental-einzigartigen Verbindung zwischen der frühneuzeitlichen Stadt einerseits und der in ihrem Rahmen praktizierten Religion andererseits hin. Der Bezug auf den Repräsentationsbegriff ergibt sich dadurch, dass die Beiträge in der Mehrzahl aus dem Umfeld des Berliner Sonderforschungsbereichs 640 "Repräsentationen sozialer Ordnungen im Wandel - Interkulturelle und intertemporale Vergleiche" stammen.
Wie Heinz Schillings langjähriges Wirken in diesem Themenfeld ausfiel und welche Ansichten von der Frühen Neuzeit daraus entstanden, vermittelt die Einleitung von Vera Isaiasz und Matthias Pohlig im kurz gehaltenen chronologischen Durchgang durch die Epochen von Reformation, Konfessionsbildung und Säkularisierung. Hier kommen die fachprägende Bedeutung der Forschungen des Jubilars und auch die zentrale Rolle von Religion für die in der Diskussion befindlichen historiografischen Entwicklungsparadigmen zum Ausdruck. Darauf, die Beiträge des Sammelbandes in die aufgezeigten Forschungsperspektiven einzuordnen, wird aber leider verzichtet. Damit blieb es den Beiträgern selbst überlassen, sich zu Thesen und Entwürfen zu verhalten. Sie haben sich dieser Aufgabe dann in sehr unterschiedlichem Maß gestellt. Zwischen mehr oder minder keiner Diskussion von Forschungsthesen (etwa durch Agnes Winter) bis hin zu einer deutlichen Auseinandersetzung gerade mit den Positionen von Heinz Schilling (z. B. bei Matthias Pohlig oder Daniel Legutke) finden sich vielerlei Spielarten. Und während mancher der Beiträge auf abgeschlossene Forschungen verweisen kann (etwa Lars Behrisch), sind einige aus dem laufenden Arbeitsprozess an Qualifikationsschriften heraus entstanden. Wieder andere orientieren in ihrem Thesencharakter auf zukünftige Forschung (Monika Mommertz). Die Anlaufpunkte der "Städtereise bilden eine Liste, die von Görlitz, Prag, Berlin, Venedig und Rom, Regensburg, Magdeburg und La Rochelle, Emden, Den Haag über die anglo-irischen Hafenstädte und Heinz Schillings Geburtsort Bergneustadt bis hin zum südamerikanischen Lima reicht und so gerade mit den laufenden Forschungsprojekten über den vormaligen Standardbereich deutscher Städte hinausweist.
Zu bieten hat der Sammelband - je nach Leserinteresse - durchaus Interessantes und Hochwertiges. Aus Sicht der Forschung verdienen natürlich gerade die noch nicht zuvor mit größeren Publikationen zum selben Thema hervorgetretenen Autoren besonderes Augenmerk. Von diesen sei hier der Beitrag über die kaiserliche Gesandtschaftskapelle in Den Haag (Daniel Legutke) erwähnt, der neugierig macht auf ein später vollständigeres Bild von den Verhältnissen vor Ort und den Mustern konfessioneller Koordination unter dem überregionalen Einfluss des frühneuzeitlichen diplomatischen Verkehrs. Legutkes Aufsatz bildet mit den Beiträgen von Vera Isaiasz und Anna Ohlidal in gewisser Weise ein thematisches Agglomerat, denn trotz unterschiedlicher Annäherungsweise konzentrieren sie sich auf Kirchen und ihre Bedeutung für die städtische Sakraltopografie. Ohlidal stellt mit dem Prager Kirchenbau um 1600 eine weitere Lokalstudie vor. Und Isaiasz befasst sich mit dem Procedere und den theologischen Legitimationsfiguren lutherischer Kircheneinweihungen des 16. und 17. Jahrhunderts und führt das Beispiel der Regensburger Dreieinigkeitskirche von 1631 an.
Die insgesamt gesehen auch bei dieser Festschrift breite Auffächerung macht verständlich, dass der Sammelband keine spezifische inhaltliche Position in der geschichtswissenschaftlichen Debatte repräsentiert. Gerade die Fälle jedoch, in denen Schillingsche Thesen konkret reformuliert wurden, zeigen ein konzeptionell durchaus produktives Verhältnis zum akademischen Lehrer und sind damit ein gelungenes Präsent für den Jubilar.
Anmerkung:
[1] Bei der anderen Festschrift handelt es sich um den Band: Stefan Ehrenpreis / Ute Lotz-Heumann / Olaf Mörke / Luise Schorn-Schütte (Hgg.): Wege der Neuzeit. Festschrift für Heinz Schilling zum 65. Geburtstag (= Historische Forschungen; 85), Berlin 2007.
Silke Marburg