Stiftung niedersächsische Gedenkstätten: Bergen-Belsen. Kriegsgefangenenlager 1940-1945, Konzentrationslager 1943-1945, Displaced Persons Camp 1945-1950. Katalog der Dauerausstellung, Göttingen: Wallstein 2009, 384 S., ISBN 978-3-8353-0612-7, EUR 24,90
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Marc Buggeln: Arbeit & Gewalt. Das Außenlagersystem des KZ Neuengamme, Göttingen: Wallstein 2009, 752 S., ISBN 978-3-8353-0543-4, EUR 77,90
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Matthias Reiss (ed.): The Street as Stage. Protest Marches and Public Rallies since the Nineteenth Century, Oxford: Oxford University Press 2007
Katrin Hassel: Kriegsverbrechen vor Gericht. Die Kriegsverbrecherprozesse vor Militärgerichten in der britischen Besatzungszone unter dem Royal Warrant vom 18. Juni 1945 (1945-1949), Baden-Baden: NOMOS 2008
Andrea Sinn: Jüdische Politik und Presse in der frühen Bundesrepublik, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 2014
Seit die Geschichtswissenschaft die Verbrechen des Nationalsozialismus als zentrales Forschungsthema entdeckt hat, sind auch die Konzentrationslager und ihre Außenlager aus ihrer Randexistenz stärker in den Fokus jüngerer Historikerinnen und Historiker gerückt. Dies ist umso beeindruckender, als die Quellensituation alles andere als gut ist. Überlieferte Dokumente sind oft von einer abschreckenden Sprödigkeit und ernüchternden Repetivität: Aus Küchentagebüchern oder Bekleidungsanforderungen müssen Historiker auf die Belegung von Lagern oder auf Arbeitseinsatzkommandostärken schließen, Hinweise auf Tötungsverbrechen ergeben sich manchmal lediglich aus Meldungen über verbrauchte Schusswaffenmunition, und trotz jahrelanger Recherchen lassen sich Todeszahlen letzten Endes nur schätzungsweise benennen.
Seit kurzem ist die Reihe "Der Ort des Terrors" [1] abgeschlossen, die ersten Bände des Parallelprojekts des US Holocaust Memorial Museums sind erschienen. [2] In den letzten Jahren haben zahlreiche KZ-Gedenkstätten in Deutschland ihre Dauerausstellungen überarbeitet oder völlig neu gestaltet. In verschriftlichter Form hat dies seinen Niederschlag in Katalogen gefunden [3], ebenso liegen hilfreiche kleinere Überblicksdarstellungen vor. [4] Der Wallstein-Verlag, der sich besonders verdient gemacht hat um die Publikation dieser Kataloge, setzt die Reihe nun mit einem Band zum KZ Bergen-Belsen fort.
Bergen-Belsen hat von den auf deutschem Boden gelegenen ehemaligen Konzentrationslagern die wohl komplizierteste Geschichte: 1940 als Kriegsgefangenenlager entstanden, wurde es ab 1943 auch als Konzentrationslager genutzt, nach dem Krieg diente es bis 1950 als Displaced Persons Camp. Diesem Jahrzehnt Lagergeschichte trägt der aufwendig gestaltete Katalog Rechnung. Vor dem Hintergrund des oben beschriebenen Quellendilemmas liegt eine gigantische Anstrengung in der Suche nach Originaldokumenten. Fast jedes Foto, jede Zeichnung, jedes Dokument stammt entweder von privat oder aus einem anderen Archiv als dem der Gedenkstätte Bergen-Belsen - ein Albtraum für jeden Ausstellungsmacher, der nur durch jahrelange Fleißarbeit zu kompensieren gewesen sein muss. Die Objekte werden durch gut gestaltete Grafiken, Landkarten, Zeitleisten und Zeitzeugeninterviews ergänzt. Vor allem die Generation der ab 1920 geborenen Überlebenden kommt zu Wort, zu denen - um nur einige der Prominentesten zu nennen - Lucille Eichengreen, Uri Orlev, Anita Lasker-Wallfisch und Simone Veil gehören. Dieser stark personenbezogene Zugang dürfte es Besuchern auch in Zukunft leicht machen, sich mit der Geschichte von Bergen-Belsen auseinanderzusetzen - und kontert elegant genau in dieser Weise die nazistische Absicht, den Häftlingen jegliche Individualität zu rauben.
Marc Buggeln widmet sich in seiner voluminösen Dissertation dem Außenlagersystem des KZ Neuengamme und bietet damit erstmals eine Gesamtdarstellung zum Thema, nachdem schon früher einzelne Außenlager unter regionalen Aspekten - etwa für Hannover - [5], unter arbeitstypologischen Gesichtspunkten wie für die Untertageverlagerung [6] oder geschlechterspezifischen Überlegungen wie die Frauenaußenlager [7] ihre Bearbeiter gefunden haben. Insgesamt liegen zu mehr als der Hälfte aller Neuengammer Außenlager wissenschaftliche Publikationen vor, eine systematische Darstellung des Außenlagerkomplexes von Neuengamme fehlte indes bis jetzt.
Neuengamme, 1938 als Außenlager des KZ Sachsenhausen entstanden und 1940 zum eigenständigen KZ erhoben, hatte bis Kriegsende mehr als 80 Außenlager, in denen ca. 40.000 Häftlinge inhaftiert waren, von denen laut Buggelns Schätzungen mindestens 7.500 starben. Gegen Kriegsende waren etwa dreimal so viele Gefangene in den Satellitenlagern inhaftiert wie im Hauptlager. Schon allein diese Tatsache ist Grund genug, sich dem Thema zu widmen. Von einer handbuchartigen Aufzählung der Entstehung, Belegung und Auflösung der Lager wird der Leser verschont, stattdessen umreißt Buggeln in zehn Kapiteln sowohl die Struktur der Außenlager, die Arbeit der Häftlinge, das Zusammenwirken von SS, Unternehmen, Behörden und Wehrmacht als auch die Lebenswege von Tätern und Opfern unter Berücksichtigung von Selbstzeugnissen beider Seiten. Außerdem schildert er die Haltung der Bevölkerung ebenso wie die letzte Phase der Räumung und Todesmärsche. Ein Schlusskapitel bietet eine übersichtliche Darlegung der Ergebnisse.
Da bereits so viel publiziert wurde, muss eine Gesamtdarstellung sowohl umfassend sein hinsichtlich des Quellenstudiums und der Sekundärliteratur als auch wissenschaftlich auf hohem Niveau, um nicht ins Epigonenhafte abzurutschen. Leider ist dies Marc Buggeln nur teilweise geglückt. Die Arbeit ist gut lesbar und übersichtlich gegliedert, gelungen sind insbesondere die Abschnitte zu der bildlichen Überlieferung der Außenlager sowie das Kapitel zu der Evakuierung des KZ-Komplexes Neuengamme. Hier stellt der Autor überzeugend dar, dass die hohe Todesquote der letzten Kriegsphase weniger auf Erkrankungen, allgemeine Schwäche oder Einzelerschießungen auf den Todesmärschen zurückging, sondern vielmehr auf alliierte Bombenangriffe, die systematische Vernachlässigung in den Auffanglagern Bergen-Belsen, Sandbostel und Wöbbelin sowie auf von der SS veranlasste Massaker. Überspitzt dagegen scheint die Behauptung, die Hansestädte Hamburg und Bremen hätten von den Evakuierungen zu Kriegsende "profitiert", indem sie ihr Stadtbild von ausgemergelten Häftlingen "gesäubert" hätten, um die Verantwortung auf andere abzuwälzen.
Überflüssig scheint das Referieren der Verwaltungsstrukturen im Hauptlager Neuengamme, die längst bekannt und schon in den Arbeiten von Hermann Kaienburg beschrieben wurden. Manches vom Verfasser Offerierte ist Allgemeinwissen wie der tägliche Kalorienbedarf (133) oder die Einsicht: "Nationalsozialistische Konzentrationslager waren Orte des Terrors." (35) Andernorts erwähnt der Autor die Geschichte der Folter in Europa seit dem Mittelalter (343) oder betont, dass "der Tageslohn keine Erfindung der SS, sondern in der Frühphase der Industrialisierung weitgehend üblich war." (221) Der Leser, der sich eine über 700 Seiten starke Dissertation antut, ist in der Regel über so etwas bereits informiert. Auch die Aufstände in den Vernichtungslagern sowie die Aktion "Erntefest" (343) dürfen bei der Zielgruppe der Leserschaft als Wissen vorausgesetzt werden. So kommt man von Hölzchen auf Stöckchen, erfährt im Zusammenhang mit der Gewalt im KZ etwas über antike Strafpraxis (355), die Todesstrafe (379), die schulischen Züchtigungsformen in der DDR und der Bundesrepublik (345) oder asiatische Kampfsportarten (350). Dort, wo der Leser gern mehr spezifische Informationen hätte, fehlen diese: Für die Außenlager Bremen-Farge und Fallersleben heißt es, die Franzosen hätten in der nazistischen Häftlingshierarchie ganz unten rangiert, polnische und sowjetische Häftlinge seien dagegen in den Genuss von Vorteilen gekommen (244). Wie aber der Autor zu dem Urteil kommt - ob er damit den Aussagen französischer Überlebender folgt oder auch andere Quellen diese Sicht belegen -, erfährt man nicht. Nicht allen Schlussfolgerungen des Autors wird man folgen wollen: Die hohe Zahl weiblicher Angeklagter (22 Prozent) in den britischen Militärgerichtsprozessen der Neuengammer Außenlager, obwohl Frauen nur 11 Prozent der Wachmannschaften stellten (480), führt Buggeln auf deren Innendiensttätigkeit zurück. Denkbare andere Gründe für die überproportionale Repräsentation der Täterinnen unter den Angeklagten wären der insgesamt weniger brutale Charakter der Außenlager mit weiblichen Häftlingen - die niedrige Sterbequote und das geringe Gewaltniveau in den Frauenlagern werden in Buggelns Dissertation betont -, sodass die SS-Aufseherinnen keine Veranlassung sahen, sich dem Zugriff der Alliierten zu entziehen, oder auch eine geringere Mobilität (durch den Zugang zu Transportmitteln oder die Bindung an Familienangehörige), die die Flucht zu Kriegsende erschwerte.
Einen wesentlichen Verdienst seiner Arbeit sieht der Autor in der Differenzierung der von Karin Orth beschriebenen Determinanten für das Überleben (nämlich der Art der Arbeit und der Verortung des Häftlings innerhalb der nationalsozialistischen Lagerhierarchie). Er will neben den oben genannten Kriterien auch das Geschlecht der Häftlinge (mit der niedrigen Anzahl von Toten in den Frauenlagern) und die Größe der Außenlager als Faktoren miteinbezogen wissen. Den in früheren Forschungen herausdestillierten Unterschied zwischen den Bauaußenlagern (mit Häftlingen, die für Bauarbeiten im weitesten Sinn eingesetzt wurden und einer hohen Sterblichkeit) und den Produktionsaußenlagern (mit geringerer Sterblichkeit) sieht er für die Neuengammer Außenlager als nicht ausgeprägt an, wobei aber hervorzuheben ist, dass im Gegensatz zu anderen Hauptlagern das KZ Neuengamme im Winter 1944/45 kranke Häftlinge aus den Filiallagern ins Stammlager zurücktransportierte (was die Statistik zugunsten der Außenlager veränderte). Nicht ausreichend berücksichtigt scheint mir, dass der Tod von Häftlingen auch eine Folge von Haftbedingungen vor der Einlieferung in die Neuengammer Außenlager sein konnte. Die hohe Todesquote bei der 1000 Mann starken jüdischen Häftlingsbelegschaft des nur zweieinhalb Monate existierenden Außenlagers Hannover-Stöcken (Contintenal) wäre denkbarerweise auch auf eingeschleppte Krankheiten zurückzuführen, da in beiden vorhergehenden Haftorten - im Getto Litzmannstadt als auch in Auschwitz-Birkenau - Epidemien grassierten. Die Sterblichkeit in diesem Lager wäre dann nicht - oder eben nur partiell - an Arbeitsbedingungen, Gewalteinwirkungen oder Lagergröße vor Ort festzumachen.
Hinzu kommt das Insistieren auf neuen Begrifflichkeiten: Buggeln zieht für die Bezeichnung der Arbeit der Häftlinge den Begriff der "Sklavenarbeit" dem der Zwangsarbeit vor (219). Ob in dieser Umetikettierung tatsächlich Erkenntnisgewinn liegt oder der Autor lieber seiner moralischen Missbilligung Ausdruck verleihen will, sei hier dahingestellt. Würde man das 'Dritte Reich' als "Sklavenhaltergesellschaft" bezeichnen, dessen Ökonomie im Wesentlichen auf unfreier Arbeit beruhte? Doch wohl eher nicht. Zwischen gewissen Ähnlichkeiten von Sklaven- und KZ-Arbeit einerseits und der Verankerung der Sklaverei in einer Gesellschaft andererseits liegen eben doch große Unterschiede. Selbst unter Annahme eines maximalen produktiven Arbeitseinsatzes der allermeisten der 1945 über 700.000 zählenden Häftlinge in den Konzentrationslagern und unter Berücksichtigung der - meist überschätzten - Profite für die Privatwirtschaft, blieb der Anteil des Ertrags durch Häftlingsarbeit in der Volkswirtschaft des Reiches marginal, nicht zuletzt deswegen, weil es schließlich erst ab der zweiten Kriegshälfte zu einer massenhaften Verwendung der Gefangenen für wirtschaftliche Unternehmungen kam.
Zur Hervorhebung der eigenen Leistung bedient sich der Autor nicht selten des Arguments, diese Autorin oder jener Autor sei im Unrecht, unpräzise, habe ein wesentliches Faktum übersehen oder vereinfache unzulässig, etwa bei Ludwig Eiber (94f.), Karola Fings (206) und Karin Orth (211; 328; 390), Ulrich Herbert (219), Björn Kooger (258), Wolfgang Sofsky (328), Jan Philipp Reemtsma (335), Hans Ellger (466), Ulrike Jureit (512), Sabine Kittel (516), Christopher Browning (536), Rainer Fröbe und Claus Füllberg-Stolberg (591) sowie Katrin Greiser (626) und korrigiert mit Hingabe die Fehler in den Quellen, sei es die Falschschreibung von Eigennamen oder die umgangssprachliche Verwendung des Komparativs mit "wie" statt "als" (118). Dieses Paradieren von Nickeligkeiten weckt aber auch in der Rezensentin die Beckmesserei: Die Zahl der Außenlager von Neuengamme wird mit 85 angegeben (12), mit 84 (123), in Abstracts und Ankündigungen - beispielsweise für den 48. Historikertag - benennt der Autor 86 Lager, in der Reihe "Ort des Terrors" werden 83 gezählt. Tatsächlich ist die Klärung der Frage, ab wann ein Haftort als Außenlager anzusehen war, nicht ganz einfach - eine problemorientierte Begründung zu der angeführten Zahl wäre hier hilfreich gewesen. Sprachliche Schludrigkeiten tauchen immer wieder auf: Anstatt behandelt wird die Fotoüberlieferung "verhandelt" (169), da wird schon mal "das" und "dass" verwechselt (198), "mémoire" bleibt ohne accent aigu (198, 694), der angelsächsische Apostroph schleicht sich beim deutschen Genitiv ein (429), ein weiblicher Häftling firmiert als "Häftlingsfrau" (473). Eigennamen sind Glückssache: etwa "Kathrin" (richtig: Katrin) Greiser (625), Christoph "Diekmann" (665) (richtig: Dieckmann), Hans Hermann Griem teils mit Bindestrich (119; 128), andernorts und im Register dann aber wieder ohne Bindestrich (141, 248, 742) oder als Hans Griem (376; 483), Paul Mattusek (706) anstatt Matussek. Christine Glaunings "Entgrenzung und KZ-System" wird zwar zitiert (522), fehlt aber im Literaturverzeichnis, auf Werke von Nikolaus Wachsmann wird mehrfach Bezug genommen, im Literaturverzeichnis sucht der Leser sie vergeblich, dasselbe Schicksal trifft Daniel Blatman und Thomas Kubetzky. Um die kryptische Literaturangabe "Höhler, Tote Außenlager" (205) zu entschlüsseln, muss man auf den einschlägigen Band der Reihe "Ort des Terrors" zurückgreifen, um zu erfahren, dass es sich um ein unpubliziertes Manuskript handelt. Obwohl die Bedeutung von Strafprozessakten als hoch und "mitunter aussagekräftig" (29) eingeschätzt wird, werden die einschlägigen deutschen Quellen doch nur in der Parallelüberlieferung der KZ-Gedenkstätte Neuengamme eingesehen. Im Quellenverzeichnis fehlt der Bestand 213-11 (Staatsanwaltschaft) des Staatsarchivs Hamburg (683), sodass die zu einigen Außenlagern geführten deutschen Prozesse der späten 40er und frühen 50er Jahre keine Berücksichtigung finden. [8] Derselbe Bestand wird unterschiedlich zitiert, so einmal als StA (laut Buggelns Abkürzungsverzeichnis Staatsarchiv) HH 147 Js 45/67 (108), ein andermal als Staatsanwaltschaft beim LG Hamburg 147 Js 45/67 (114), sodass sich nicht erschließt, bei welcher Institution die Akten liegen. Die Behörde der Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (BStU) ist im Archivverzeichnis aufgeführt (681), zur Konsultation der nicht wenigen einschlägigen Akten hat es aber augenscheinlich nicht gereicht. [9] Die Ankündigungen, "mit einem theoretisierenden und vergleichenden Zugriff" "Neuland betreten zu haben" bzw. neue Forschungsansätze zu bieten, können aufgrund der gleichzeitigen Vernachlässigung einiger Quellengrundlagen daher wenig überzeugen. Ob sich überdies Konzepte über Habitus und Praxeologie (wie die am Alltagsleben ziviler Gesellschaften orientierten Arbeiten Pierre Bourdieus) für die Übertragung auf die Extremsituation der KZ-Zwangsgesellschaft eignen, scheint fraglich, da die Möglichkeiten der Häftlinge zur Ausgestaltung von Handlungsräumen extrem restringiert und selbst das Verhalten der Täter in vieler Hinsicht durch Hierarchien diszipliniert, kontrolliert und durch militärischen Drill normiert waren.
Durch die gegenwärtig entstandenen bzw. noch entstehenden Arbeiten zu den Außenlagern werden in Zukunft Vergleiche ermöglicht, die weiterführende Fragen beantworten könnten. In welche Lager im Reich wurde 1944/45 der Strom der (jüdischen) Häftlinge aus den geräumten Gettos und KZ im Osten geleitet? Warum war die Zahl der Außenlager bei den Konzentrationslagern so außerordentlich unterschiedlich (für Bergen-Belsen lediglich drei Außenlager, Auschwitz und Mauthausen um 50, für Flossenbürg, Buchenwald und Neuengamme über 80, für Dachau aber über 160)? In welchem geografischen Radius streuten Hauptlager in die Umgebung und inwiefern beeinflusste dies Rücktransporte aus den Außenlagern, Kontakte mit dem Hauptlager oder die Räumung? Lassen sich Forschungsergebnisse für bestimmte Außenlagerkomplexe auf die Außenkommandos anderer Hauptlager übertragen oder ist es sinnvoller, bestimmte Außenlagertypen verschiedener Hauptlager zu vergleichen? Hier hat Marc Buggeln trotz der oben erwähnten Defizite einen wichtigen Beitrag für komparative Überlegungen geliefert.
Anmerkungen:
[1] Wolfgang Benz / Barbara Distel (Hgg.): Der Ort des Terrors, 9 Bde., München 2005-2009.
[2] Geoffrey Megargee (ed.): Encyclopedia of Camps and Ghettos 1933-1945, Bloomington, Indiana 2009.
[3] Konzentrationslager Buchenwald 1937-1945. Begleitband zur ständigen historischen Ausstellung, Göttingen 1999; KZ Mittelbau-Dora 1943-1945. Begleitband zur ständigen Ausstellung in der KZ-Gedenkstätte Mittelbau-Dora, Göttingen 2008; Konzentrationslager Flossenbürg 1938-1945. Katalog zur ständigen Ausstellung, Göttingen 2008.
[4] Die KZ-Gedenkstätte Neuengamme - ein Überblick über die Geschichte des Ortes und die Arbeit der Gedenkstätte, Hamburg 2010; Bergen-Belsen. Historischer Ort und Gedenkstätte, Celle 2010.
[5] Konzentrationslager in Hannover. KZ-Arbeit und Rüstungsindustrie in der Spätphase des Zweiten Weltkriegs, 2 Bde., Hildesheim 1985.
[6] Björn Kooger: Rüstung unter Tage. Die Untertageverlagerung von Rüstungsbetrieben und der Einsatz von KZ-Häftlingen in Beendorf und Morsleben, Berlin 2004.
[7] Hans Ellger: Zwangsarbeit und weibliche Überlebensstrategien. Die Geschichte der Frauenaußenlager des KZ Neuengamme 1944/45, Berlin 2007.
[8] Essen 29 Ks 6/49 (zum Außenlager Alderney); Hamburg 14 KLs 25/47 (zum Außenlager Beendorf); Hamburg 14 Ks 1004/51 (zum Außenlager Porta Westfalica); Hamburg 14 KLs 54/47 (zum Außenlager Beendorf).
[9] Dazu gehören: Berlin (Ost) (4) 35 P KLs 9/51, BStU ASt I/1 514/51 (zum Außenlager Wilhelmshaven - das Verfahren endete in der DDR mit einem vollstreckten Todesurteil gegen den früheren Kapo Emil Nitz, den Buggeln zwar erwähnt (372), das Verfahren gegen diesen aber offensichtlich weder in der veröffentlichten noch Originalform kennt. Siehe auch C.F. Rüter (Hg.): DDR-Justiz und NS-Verbrechen. Sammlung ostdeutscher Strafurteile wegen nationalsozialistischer Tötungsverbrechen, Amsterdam 2002ff.); dort ebenfalls veröffentlicht ist: Magdeburg 11 StKs 234/48, BStU Mgdb ASt 234/48 (zu den Außenlagern Braunschweig und Hannover-Misburg). Weitere relevante Verfahren bei der BStU sind: Magdeburg 11 StKs 64/49, BStU Mgdb ASt I 64/49 (zum Außenlager Watenstedt); Mühlhausen StKs 14/50, BStU Eft ASt 719/75 (zum Außenlager Fallersleben); Schwerin StKs 200/49, BStU Swn ASt 385/49 (zum Außenlager Salzgitter); AG Bad Liebenwerda DLs 125/47 sowie Halle 13a StKs 104/48, BStU Hle ASt 7032/48 (zum Außenlager Alderney). Vom Anmahnen weiterer eher abgelegen zu verortender Archivalien wie beispielsweise Schwerin StKs 32/47, Landeshauptarchiv Schwerin, 6.11-7 GStA, Nr. 765 (zum Außenlager Boizenburg) wurde hier abgesehen.
Edith Raim