Arno Störkel: Fürstliche Jagd im barocken Franken. Allein und einzig zu einem Plaisir und Staate eines grossen Herrn, Bayreuth: Rabenstein 2012, 113 S., ISBN 978-3-928683-47-0, EUR 24,80
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Arno Störkel hat ein Buch über ein wenig beachtetes Thema geschrieben, die Parforcejagd in der Frühen Neuzeit. In Franken, seinem Untersuchungsgebiet, aber auch überall sonst, so Störkel, galt die Ausübung des Jagdrechts "als unverzichtbare Demonstration des eigenen exklusiven Rechtstitels gegenüber Benachbarten oder im Lande selbst sitzenden minderprivilegierten Besitzern der niedrigen Jagd". Auch sei die Jagd für die Untertanen eine stete Erinnerung an die Herrschaftsrechte ihres Fürsten gewesen, "der sie zwingen konnte, seine Hunde zu verpflegen, seine Treiber zu spielen und ihre Felder vom Wild abfressen und von der wilden Jägerei zertrampeln zu lassen" (3).
Die Parforcejagd war die schädlichste aller Jagdformen für die Bauern, die sich über "die übermäßige und schädliche Hegung des Wildbanns" beschwerten. Gleichzeitig war sie "aber zu einer wahren Kunstform geworden [...] und ein fester Bestandteil barocken Hoflebens" (3). Trophäensammlungen und Jagddarstellungen in Gemälden und Graphiken fanden sich an fast jedem Hof im Heiligen Römischen Reich und so auch an den fränkischen Höfen. An einer ganzen Sammlung bildlicher Darstellungen entlang hat Störkel sein Werk entwickelt. Die meisten dieser Bilder entstanden zur Zeit des letzten Markgrafen von Ansbach und Bayreuth, jedoch nicht in seinem Auftrag, nicht einmal für seinen Hof. Ein hochrangiges Mitglied des markgräflichen Hofes war der Auftraggeber: Ludwig Carl Wilhelm von Pöllnitz.
Pöllnitz durchlief eine steile militärische Karriere am Württemberger Hof, ehe er dort nach Ende des Siebenjährigen Krieges "Parforce Oberjägermeister" wurde (45). Als Obristkammerherr kam er 1771 an den Ansbacher Hof. Die ersten seiner 22 Jagdbilder hat er schon aus Stuttgart mitgebracht, das Gemälde "Sammlung zur Jagd am See" entstand bereits um 1763, das letzte der Serie, "Englische Fuchsjagd", datiert von ungefähr 1780. Der Maler der Gemälde war Johann Jacob Kleemann. Doch hat er die Gemälde wahrscheinlich nicht alleine geschaffen. Beteiligt waren wohl auch seine Brüder Johann Wolfgang und Christian Friedrich Carl; ganz genau lässt sich dies nicht sagen. Alle Gemälde sind in Öl auf Leinwand gemalt und von ähnlichen Proportionen. Sie sind seit 2011 in der Dauerausstellung "Markgräfliche Jagd" auf Burg Zwernitz zu sehen (52). Störkel beschreibt die Gemälde und ihren Inhalt in der Reihenfolge, in der sie ausgestellt sind. Sein Buch soll auch als Katalog zur Ausstellung dienen.
Diese Art der Darstellung hat Vorteile, denn so lassen sich Kunstgeschichte und Geschichte verbinden, die Details der Jagdform präzise beschreiben und veranschaulichen. Die Darstellungsform hat aber auch Nachteile: Informationen über den gesellschaftlichen Stellenwert der Jagd, über ihren Repräsentationswert tauchen nicht zusammengefasst, sondern immer wieder an einzelnen Stellen auf.
Störkel beginnt seine Ausführungen nach einer knappen Einleitung mit den anderen in der Zeit praktizierten Jagdformen, der Sauhatz, einer der ältesten Jagdformen, die eher eine Mutprobe als ein gesellschaftliches Ereignis war (5), beschreibt danach kurz die Falkenjagd, die im Ansbacher Fürstentum drei Jahrhunderte lang die dominierende Jagdform war (6-7), und widmet sich schließlich der Deutschen oder eingestellten Jagd, bei der man das Wild mit Lappen umstellte, um es aus einem Häuschen inmitten der Einhegung heraus zu erlegen (8-9).
Auch die Kampfjagden, bei denen Tiere in einem ummauerten Hof oder dem Schlosshof selbst gegeneinander gehetzt oder von Hunden gejagt wurden, stellt Störkel kurz vor, ebenso das Fuchsprellen. Dies war eine in unseren heutigen Augen besonders unschöne Form der Jagd, nicht so in denen der Hofgesellschaft des 18. Jahrhunderts. Füchse wurden in einem geschlossenen, mit "Strik-Leitern" ausgelegten Areal freigelassen. Wenn die Tiere quer über diese Leitern liefen, so schmissen die Jagdteilnehmer die Füchse in die Luft, "wie man sonst einen Ball bey dem Ballspiel mit dem Racket in die Höhe spielt. Man lässt sie so oft springen, dass endlich die armen Füchse nicht mehr Atem kriegen können, und bey dieser Übung endlich platzen müssen. [...] Dergleichen Jagd ist sehr lebhaft [...] ohne dass sie den Damen das geringste Entsetzen verursachen, als welche mit den Füchsen gar kein Mitleid haben" (11). Die Fuchsjagd selbst, wie wir sie vor allem aus Großbritannien kennen, war dagegen wenig beliebt. Sie gehörte nur zur niederen Jagd, die für hohe Herrschaften nicht hinreichend prestigeträchtig war (12-13).
Die Parforcejagd selbst war, wie wir erfahren, eine große Inszenierung, das Gemälde "Rendez-Vous zur Jagd" (54f.) gibt davon einen Eindruck. Erfunden am französischen Hof, wurde diese Jagdform schon bald in verschiedenen Reichsterritorien kopiert. Sie folgte feste Regeln, die am Hof Ludwigs XIV. aufgestellt worden waren, "gewissermaßen eine Verlegung der höfischen Inszenierung in die freie Natur" (15). Verfolgt und gehetzt von Hunden und Jägern zu Pferd wurde meist ein einzelnes Stück Wild, in der Regel ein Hirsch, bevor es schlussendlich gestellt und mit dem Hirschfänger getötet wurde. Diese Szenen geben die Gemälde "Der Lancier-Hund" (60f.), "Verfolgung des Hirschs" (62f. und 76f.), "Der Hirsch stellt sich" (68f.) wider. "Bei perfekter Regie konnte das Schauspiel [...] in stets neuen Runden über Stunden hinweg vorgeführt werden." (15)
Während die Jagdteilnehmer gewöhnlich in Grün gekleidet erschienen, wurde dies bei der Parforcejagd unterschiedlich gehandhabt. Je nachdem, wo die Jagd stattfand, hatte man in Rot (so in Köln, Kurpfalz, Darmstadt, Bayreuth, Ansbach), Blau (in Versailles), Himmelblau (Kurbayern) oder gar Gelb (Sachsen) zu erscheinen, Männer wie Frauen; Herzog Carl Eugen von Württemberg und Oberjägermeister von Pöllnitz sind allerdings im grünen Rock gemalt (56f. und 58f.). Von den Frauen wird berichtet, dass sie der Jagd nicht nur zuschauten oder dem Geschehen in Wagen folgten. Sie nahmen vielmehr auch als Jägerinnen mit der Büchse in der Hand an der Jagd teil. So sagen es zeitgenössische Berichte, so zeigen es Porzellane, Keramiken und andere Kunstgegenstände. Kleid, Rock und Überrock konnten 250 fl. und mehr kosten.
Die Jagd war ein teures Vergnügen, gut "allein und einzig zu einem Plaisir und Staate eines grossen Herrn", wie Störkel aufgrund der Gemälde und der von ihm herangezogenen, zahlreichen Archivalien zeigen kann und im Untertitel des Buches demonstrativ festhält. Er hat ermittelt, dass in den fränkischen Markgrafentümern zwischen 6.000 und 20.000 fl. jährlich dafür aufgewendet wurden. Allerdings sei es abwegig, "von der Parforcejagd als einem Kostenfaktor zu sprechen, der maßgeblich dazu beigetragen habe, die Länder des letzten Markgrafen Alexander in das finanzielle 'Aus' zu treiben" (32). Sein Buch ist nicht nur ein nützlicher, sondern auch aufgrund der guten Abbildungen ein schöner Baustein für eine Kulturgeschichte der Jagd im 17. und 18. Jahrhundert.
Jürgen Luh