B. Soler Huertas / P. Mateos Cruz / J.M. Noguera Celdrán (eds.): Las sedes de los ordines decurionum en Hispania. Ánalisis arquitectónico y modelo tipológico (= Anejos del Archivo Español de Arquelolgía; 67), Madrid: Consejo Superior de Investigaciones Científicas 2013, 362 S., ISBN 978-84-00-09771-4, EUR 36,40
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Das Forum in Hispania als religiöses und administratives Zentrum stand häufig im Fokus von Untersuchungen [1]. Der Kongress "Las sedes de los ordines decurionum en Hispania", der 2011 in Mérida stattfand, widmete sich nun im Besonderen der Curia - ihrer Lage, Architektur, Ausstattung und Chronologie. Da die archäologischen Grabungen der vergangenen Jahre neue Erkenntnisse zum Forum und seinen Monumenten in Spanien und Portugal geliefert haben, war ein Ziel, wie die Organisatoren und Herausgeber Begoña Soler Huertas, Pedro Mateos Cruz, José Miguel Noguera Celdrán und Joaquín Ruiz de Arbulo Bayona im Vorwort betonen, die Aktualisierung des hispanischen Monumentenregisters.
Nach einem einleitenden Artikel von Jean-Charles Balty zur Curia konzentrieren sich 19 Aufsätze - auf Spanisch, Französisch und Portugiesisch verfasst und mit zahlreichen Bildern und Zeichnungen versehen - auf die Denkmäler einzelner Orte, die nach den Provinzen "Hispania Citerior", "Hispania Ulterior Baetica" und "Hispania Ulterior Lusitania" sortiert sind. Es können im Rahmen dieser Besprechung nicht alle Artikel gewürdigt werden, es sollen aber zumindest einige Schwerpunkte, die sich aus der Zusammenstellung ergeben, hervorgehoben werden.
Jean-Charles Balty hat in seinem Werk "Curia ordinis" alle bis zum Anfang der 90er Jahre bekannten Curiae untersucht [2]. Es gilt immer noch als Standardwerk zur Erforschung der Curia. Jean-Charles Balty beschränkt sich im Aufsatz des Sammelbandes daher auf die Besonderheiten der Architektur und Innendekoration der Curia sowie ihre Lage auf dem Forum. Wichtige Merkmale sind die Form (rechteckig/quadratisch) und innere Aufteilung der Curia (Vestibül/Aula), die analog der des Tempels folgt. Für eine gute Akustik ist eine relativ große Höhe zudem von Vorteil. Ferner ist die Curia auf dem Forum prominent gelegen und reich ausgestattet (opus sectile-Böden, Marmordekor, Skulpturen).
Die Autoren der weiteren Artikel bemühen sich, neben einer detaillierten Beschreibung der Befunde und Funde auch Rekonstruktionsvorschläge zu machen. Zwar sind die erhaltenen Mauerreste oder dekorativen Elemente teils nur sehr rudimentär erhalten, jedoch geben die Zeichnungen einen guten Eindruck der repräsentativen Denkmäler wieder. Unsicherheit besteht nach wie vor in der Zahl der Dekurionen einer Stadt und der damit einhergehenden "Mindestgröße" der Curia. Daher verwundert es nicht, dass sich nur zwei der 19 Beiträge mit relativ kleinen Gebäuden (30 m2) beschäftigen, die als Curia bezeichnet werden. Es handelt sich zum einen um die Curia von Lucentum und zum anderen um jene von Munigua. Manuel Olcina, Antonio Guilabert und Eva Tendero sprechen das Gebäude 6 aus der zweiten Phase des Forums in Lucentum als Versammlungsort an, da es auf der Mittelachse und gegenüber vom Tempel liegt. Seine Größe von knapp 30 m2 bot 30 bis 40 Dekurionen Platz. Für Munigua kommt Thomas Schattner nach Prüfung aller auf dem Forum liegenden Monumente (Basilika, Portikus, Tempel, sogenannte Curia) zu dem Schluss, dass ebenfalls ein relativ kleines Gebäude (29,61 m2) als Curia gedient haben muss. Es handelt sich dabei um das bereits von Theodor Hauschild als Curia bezeichnete Gebäude. In beiden Fällen fehlen epigrafische Zeugnisse, die eine eindeutige Zuordnung erlaubt hätten.
Mindestens fünf Curiae besitzen eine mittlere Grösse (55,2-67,5 m2) und bestehen aus einem einzigen Raum, so dass sie ebenso wie die zwei kleinen Curiae keine Unterteilung in Vestibül und Aula aufweisen. Es wird meist die Nutzung der Portikus als "Vestibül" vorgeschlagen. Zu dieser Gruppe zählen die Curiae von Ilipa (59 m2), Seilium (60 m2), Valentia (63 m2), Aruccitana (67 m2) und Saguntum (67,5 m2). Zwei von ihnen, die Curiae von Seilium und Aruccitana, stellen architektonische Sondertypen dar, weil sie querrechteckig sind und ihr Zugang auf der Lang- und nicht auf der Kurzseite liegt. Das Gebäude in Seilium sitzt am Kopfende der Basilika und ist auch nur von dort aus zugänglich, während jenes in Aruccitana neben der Aedes liegt und mit der Kurzseite an dieses Monument grenzt. Beide verfügen über Bankreihen, die Jean-Charles Balty als ein Merkmal nennt, sowie kleinere Annexbauten, die im Fall von Aruccitana als Aerarium und in Seilium als Aerarium und Tabularium angesprochen werden. Über einen Nebenraum verfügt des Weiteren die Curia von Saguntum, der von Carmen Aranegui und José Luis Jiménez allerdings als Secretarium bezeichnet wird. Eine besondere Ausstattung zeigt die Curia von Ilipa, die mit einem opus sectile-Boden aus drei verschiedenen Marmorsorten ausgelegt ist sowie diejenige in Aruccitana, die Marmorplatten für die umlaufenden Bankreihen aufweist.
Die grösseren, zumeist zweigeteilten Monumente, die als Curiae interpretiert werden, weisen deutliche Unterschiede auf. In drei von ihnen ist die Aula mit einem Podium ausgestattet, dazu gehören die Curiae von Baelo Claudio, August Emerita und Caparensium. In Augusta Emerita sind zusätzlich ebenso wie in Labitolosanum eine große Zahl an Postamenten geborgen worden, die an den Wänden aufgestellt waren. Wegen der Postamente lässt sich die Entstehung der Curia von Labitolosanum gegen 80 n. Chr. festlegen. Anfang des 2. Jahrhunderts wurde sie dann von Marcus Clodius Flacus, dem Stifter des Genius municipalis, neu gestaltet. Die Skulpturen wurden mit Ausnahme des Genius municipalis zu Ehren von Einzelpersonen errichtet. Das Monument selbst zeichnet sich durch zwei besonders große Raumteile aus, von denen das Vestibül knapp 35 m2 und die Aula knapp 108 m2 misst. Die Ausstattung ist nicht ganz so reich wie andernorts, lässt sich aber durch Fragmente der Wandmalerei rekonstruieren. Sie imitierte Marmor in den Farben ocker, violett und Bordeauxrot.
Zwei Curiae sind rechteckig und enden in einer halbrunden Nische, dazu zählen die Curia von Ituci und Asturica Augusta, wobei letztere nur aus einem einzigen Saal besteht. In diesem Band wird von Ángel Ventura, José Antonio Morena und Antonio Moreno erstmals die Curia von Ituci vorgestellt. Der rechteckigen Aula mit halbrunder Exedra ist ein Vestibül mit vier im Quadrat aufgestellten Säulen und einem zentralen impluvium vorgelagert. Sie besitzt eine Nutzfläche von 56 m2, die 48 Dekurionen Platz geboten hat. Dies bedeutet, dass die Curiae mit einer grösseren Gesamtfläche nicht unbedingt mehr Platz geboten haben als die Curiae aus einem einzigen Saal. Das in Asturica Augusta als Curia gedeutete Monument liegt auf der Mittelachse des Forums und seine Mauern sind nur teilweise bekannt. Sie lassen aber zu, das Gebäude rechteckig und mit halbrunder Exedra zu rekonstruieren. An zwei über Eck erhaltenen Außenwänden lagern Strebepfeiler an, so dass von einer relativ großen Höhe auszugehen ist. Den Boden schmückt ein opus sectile-Paviment. Nach neuen archäologischen Erkenntnissen kann dieses Gebäude nicht mehr - wie ursprünglich angenommen -, als Aedes Augusti interpretiert werden.
Es werden in dem Band auch weniger "eindeutige" Zuschreibungen wie die Nutzung der Aedes als Curia für Tarraco vorgestellt. Nachdem der Curia in Tarraco bisher ein Gebäude am Foro de la colonia zugewiesen worden war, schlagen nun Ricardo Mar, Joaquín Ruiz de Arbulo und David Vivó als Versammlungsort für das concilium provinciae Hispanie citerioris einen Monumentalbau vor, der das Foro provinciale präsidiert. Es handelt sich um die "aedes de culto" oder "aula monumental", die über eine Breite von 31 m und eine Ausstattung aus Carrara-Marmor verfügt. Die Hypothese wird durch den Fund von Inschriften auf dem Forum gestützt, die das concilium provinciae Hispanie citerioris den vergöttlichten Kaisern, ihrer Familie und flamines und weiteren Personen widmete.
Hervorzuheben ist die Aufarbeitung der Grabungsdokumentation von Caparensium durch Enrique Cerrillo. Ein ursprünglich als Jupiter-Tempel in den 40er Jahren freigelegtes Gebäude kann von ihm nachvollziehbar als Curia umgedeutet werden.
Nach einer Revision der Innenausstattung, dem opus sectile-Boden und dem Wandschmuck aus Marmorplatten, wird für die Curia von Carthago Nova eine Datierung am Ende des 1. Jahrhunderts oder Anfang des 2. Jahrhunderts vorgeschlagen. Die Errichtung des Forums der Stadt wird wegen der Goldbuchstaben in augustäischer Zeit angenommen. Ob bereits zu dieser Zeit eine Curia unter der heutigen existierte oder ob die Versammlungen in verschiedenen Tempeln abgehalten wurden, können die Autoren bisher nicht beantworten. Der Togatus capite velato, den die Autoren eher als Augustus oder Tiberius denn als Genius coloniae identifizieren, und der in der Curia geborgen wurde, stammt aber aus einem älteren Gebäude, möglicherweise der vorherigen Curia.
Die Curia von Valeria wird aufgrund neuer Grabungen nun von Ángel Fuentes und Rosario Escobar nicht mehr im Osten der Basilika, sondern im Westen verortet. Die Curia wird zudem im nicht erhaltenen Obergeschoss vermutet. Die Autoren begründen diese Zuordnung mit der Nähe zur Basilika, der rechteckigen Form und den Dimensionen (120 m2). Zudem lag die obere Etage auf Bodenniveau der Basilika.
Während Jean-Charles Balty davon ausging, dass sich noch in flavischer Zeit die Basilika und Curia im Osten des Forums von Conimbriga befunden haben, konnte Virgílio Hipólito Correia durch die Forschungen der letzten Jahre eine differenzierte Entwicklung des Forums vorlegen. Nach dem Bau des Forums in augustäischer Zeit, fand der Umbau mit Errichtung der Basilika und Curia bereits in claudisch-neronischer Zeit statt. Dieser Komplex wurde dann in flavischer Zeit zugunsten einer Portikus entfernt, die an drei Seiten um den Platz gelegt wurde.
Die Curiae in Hispania lassen sich aufgrund der epigraphischen oder archäologischen Zeugnisse mehrheitlich in das 1. Jahrhundert n. Chr. einordnen, von denen die meisten bereits im 2. Jahrhundert wieder verlassen wurden, die Nutzungzeit der Gebäude also sehr kurz war.
Auch wenn Jean-Charles Baltys Studie aus dem Jahr 1991 nach wie vor die Grundlage für die Erforschung der römischen Curia darstellt [2], schließen die besprochenen Kongressakten eine Lücke, da seitdem eine Reihe neuer Forschungen vorgenommen worden sind. Diese in angemessener Form vorgestellt und zusammengeführt zu haben, ist ein Verdienst dieses Bandes, der somit die hispanischen Curiae auf den neuesten Forschungsstand bringt.
Als Problem bleibt nach wie vor, dass viele Curiae nicht sicher identifiziert werden können. Es scheint keine Normgröße gegeben zu haben und es ist unklar, wie viele Personen Platz finden mussten. Vermutlich war das von Ort zu Ort verschieden, und auch die Zahl der vermögenden Familien dürfte geschwankt haben.
Anmerkungen:
[1] Hier nur eine Auswahl: Los foros romanos de las Provincias Occidentales. Actas de la Mesa Redonda, Universidad de Valencia 27.-31. Enero de 1986 (Madrid 1987); J. M. Noguera Celdrán (Hg.): Fora Hispaniae. Paisaje urbano, arquitectura, programas decorativos y culto imperial en los foros de las ciudades hispanorromanos, Actas del Congreso (Murcia 2009); T. Nogales Basarrate (Hg.): Ciudad y foro en Luistania Romana (Mérida 2010)
[2] J.-Ch. Balty: Curia ordinis. Recherches d'architecture et d'urbanisme antiques sur les curies provinciales du monde romain (Brüssel 1991)
Jenny Abura