Rezension über:

Andreas Flurschütz da Cruz: Zwischen Füchsen und Wölfen. Konfession, Klientel und Konflikte in der fränkischen Reichsritterschaft nach dem Westfälischen Frieden (= Konflikte und Kultur - Historische Perspektiven; Bd. 29), Konstanz: UVK 2014, 459 S., einige Abb., ISBN 978-3-86764-504-1, EUR 69,00
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Rezension von:
Peer Frieß
Zorneding
Redaktionelle Betreuung:
Sebastian Becker
Empfohlene Zitierweise:
Peer Frieß: Rezension von: Andreas Flurschütz da Cruz: Zwischen Füchsen und Wölfen. Konfession, Klientel und Konflikte in der fränkischen Reichsritterschaft nach dem Westfälischen Frieden, Konstanz: UVK 2014, in: sehepunkte 15 (2015), Nr. 12 [15.12.2015], URL: https://www.sehepunkte.de
/2015/12/27588.html


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Andreas Flurschütz da Cruz: Zwischen Füchsen und Wölfen

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Der Streit um das Rittergut Westheim-Eschenau zwischen den Familien der Fuchs von Bimbach und der Wolf von Wolfsthal steht nur vordergründig im Zentrum der bei Mark Häberlein in Bamberg entstandenen Dissertation. Der sich über mehrere Jahrzehnte hinziehende Konflikt bildet vielmehr den Kristallisationskern, um den herum der Verfasser den Kosmos der unterfränkischen Reichsritterschaft und ihres Ringens um Macht und Ansehen im 17. und 18. Jahrhundert vor dem geistigen Auge des Leser wiedererstehen lässt. Auf ungewöhnlich breiter Quellenbasis, die neben den einschlägigen staatlichen und kirchlichen Archiven auch das erhalten gebliebene Fuchsarchiv Burgreppach umfasst, und auf einer umfassenden Kenntnis des aktuellen Forschungsstandes aufbauend, wird der Prozess im Detail nachgezeichnet. Dies allein würde schon eine wichtige Bereicherung unseres Wissenstandes bezüglich der fränkischen Reichsritterschaft darstellen.

Dem vorgeschaltet ist eine mindestens ebenso verdienstvolle Einbettung des Konflikts in den historischen Kontext, der ganz wesentlich von den beiden fränkischen Hochstiften Würzburg und Bamberg bestimmt war. Die Fülle des auf diese Weise ausgebreiteten Materials - und das macht den besonderen Wert dieser Dissertation aus - wird allerdings nicht einfach nur thematisch und chronologisch geordnet präsentiert. Flurschütz nützt eine breite Palette von theoretischen Interpretationsansätzen, um tiefer liegende Strukturen und Prozesse sichtbar zu machen. Neben der Generationenforschung, der Mikrohistorie und dem Konzept der Justiznutzung erweisen sich insbesondere die Ansätze von Wolfgang Reinhard zur Mikropolitik sowie zu Patronage- und Klientelsystemen als fruchtbar. Flurschütz kann überzeugend herausarbeiten, dass sich die Protagonisten beider Familien ganz gezielt in die Netzwerke der Bamberger bzw. der Würzburger Fürstbischöfe begeben, um den nötigen Rückhalt für ihre Auseinandersetzung zu erhalten.

Als einen wichtigen Indikator verwendet der Verfasser bei seiner Analyse unter anderem die Namengebung und die Patenschaftsbeziehungen der beiden Familien. So verweist etwa die Patenwahl anlässlich der Taufe Philipp Gastons auf die Nähe der Familie Wolf von Wolfsthal zu Fürstbischof Johann Philipp von Schönborn, um nur ein Beispiel unter vielen herauszugreifen (126f.).

Weit über das Ringen um das vergleichsweise unbedeutende Rittergut Westheim-Eschenau hinaus, treibt das Streben beider Familien nach Rang und Ansehen den Konflikt voran. Dass Johann II. Wolf von Wolfsthal 1629 bereit war, vom evangelisch-lutherischen zum katholischen Glauben zu konvertieren, um seine Chancen auf Rangerhöhung durch die Übernahme von Hofämtern am Fürsten- oder Kaiserhof zu verbessern, fügt sich stimmig in das gezeichnete Gesamtbild. Anders als bei den von Stefan Birk untersuchten Konversionen oberschwäbischer Reichsritter im 16. Jahrhundert, die noch als persönliche Gewissensentscheidung nach einem einschneidenden Schlüsselerlebnis stilisiert wurden [1], erfolgte der Konfessionswechsel hier pragmatisch und unauffällig. Besonders interessant ist daneben die Erkenntnis, dass sich der Streit um das kleine Rittergut gegen Ende von den unmittelbar betroffenen Familien löste und zum Stellvertreterkonflikt zwischen Lothar Franz von Schönborn und Johann Philipp von Greiffenclau wurde, die den Konflikt sogar auf die Reichsebene hoben.

Durch einen Vergleich mit ähnlich gelagerten Streitfällen kann Flurschütz abschließend plausibel machen, dass die von ihm am Beispiel der Familien Fuchs von Bimbach und Wolf von Wolfsthal ermittelten Strategien durchaus generalisierbar sind und als typisch für die fränkische Reichsritterschaft der Zeit gelten dürfen. Auch wenn der Verfasser am Ende deutlich macht, dass noch zahlreiche Fragen offen bleiben, wie z.B. die Rolle der Frauen in der Gesellschaft des frühneuzeitlichen Ritteradels, ist ihm eine profunde und kluge Arbeit gelungen, die unser Verständnis von der Funktionsweise adeliger Herrschaftssicherung in Franken erheblich vertieft und erweitert.


Anmerkung:

[1] Stefan Birkle: Reichsritterschaft, Reformation und Konfessionalisierung in Oberschwaben, Epfendorf 2015, 455-471.

Peer Frieß