Rezension über:

Christian Hillen (Bearb.): Die Zisterzienserabtei Marienstatt (= GERMANIA SACRA. Dritte Folge 14: Die Bistümer der Kirchenprovinz Köln. Das Erzbistum Köln; Bd. 7), Berlin: de Gruyter 2016, XVI + 563 S., 10 Abb., 1 Kt., ISBN 978-3-11-046735-2, EUR 149,95
Inhaltsverzeichnis dieses Buches
Buch im KVK suchen

Rezension von:
Werner Rösener
Gießen
Redaktionelle Betreuung:
Sebastian Becker
Empfohlene Zitierweise:
Werner Rösener: Rezension von: Christian Hillen (Bearb.): Die Zisterzienserabtei Marienstatt, Berlin: de Gruyter 2016, in: sehepunkte 18 (2018), Nr. 2 [15.02.2018], URL: https://www.sehepunkte.de
/2018/02/29996.html


Bitte geben Sie beim Zitieren dieser Rezension die exakte URL und das Datum Ihres Besuchs dieser Online-Adresse an.

Christian Hillen (Bearb.): Die Zisterzienserabtei Marienstatt

Textgröße: A A A

Die Erforschung des Zisterzienserordens und seiner zahlreichen Niederlassungen hat in den letzten Jahrzehnten erstaunlich zugenommen. Bei diesen Studien ging es sowohl um die Spiritualität als auch um deren gesellschaftliche Funktion und ökonomische Bedeutung, ferner um die Organisationsstrukturen des Ordens und die Frage, warum sich die Zisterzienserklöster im Hochmittelalter so erfolgreich in Europa ausbreiten konnten. In der deutschen Forschung bildete die große Zisterzienserausstellung in Aachen 1980, die mit verschiedenen Projekten verbunden war, einen wichtigen Einschnitt und setzte der Zisterzienserforschung innovative Akzente. Neue Anstöße gingen dann von der internationalen Tagung in Mainz im Jahr 2007 aus, die sich mit den Zisterziensern im Rahmen der europäischen Geschichte beschäftigte und die Zisterzienser unter vielfältigen Aspekten untersuchte. Zu einzelnen Zisterzienserklöstern erschien ebenfalls eine beeindruckende Zahl von Publikationen, die die Geschichte der Zisterzienser im lokalen und regionalen Kontext behandelten.

Der vorliegende Band von Christian Hillen bearbeitet im Rahmen des Forschungsprojekts der Germania Sacra der Göttinger Akademie der Wissenschaften die Geschichte der Zisterzienserabtei Marienstatt im Westerwald von deren Gründung im Hochmittelalter bis zur Säkularisation (1803). Grundlage dieser Monografie ist also das Bearbeitungsschema, das dem Langzeitprojekt der Germania Sacra im Rahmen der Göttinger Akademie der Wissenschaften verpflichtet ist. Im Vorwort geht der Verfasser auf einige Besonderheiten der Geschichte von Marienstatt ein und hebt zu Recht hervor, dass diese Zisterze eine monastische Institution mittlerer Größe darstellte. Eine Marienstatter Schreibwerkstatt war offenbar nicht vorhanden, sodass keine bedeutenden Handschriften überliefert sind. Allein pragmatische Schriftlichkeit in Form von Urkunden, Brief- und Rechnungsbüchern ist im Klosterarchiv vorhanden. Nach Ansicht des Verfassers hat diese Feststellung zur Folge, dass sich eine Geschichte Marienstatts nur anhand der Quellen der pragmatischen Schriftlichkeit schreiben lässt. Hier erhebt sich allerdings die Frage, ob die Geschichtsdarstellung zur Entwicklung Marienstatts damit nicht allzu sehr eingeschränkt wird. Die Auswertung der benachbarten Kloster- und Kirchenarchive und vor allem die Überlieferung des Mutterklosters Heisterbach hätte wahrscheinlich weitere Einblicke in die Geschichte des Marienstatter Konvents ermöglicht, zumal die Filiationen der Zisterzienserklöster und vor allem die Beziehungen zum Generalkapitel eine hervorragende Rolle spielten.

Aufschlussreich ist die Gründungsgeschichte von Marienstatt, die mit einer frühen Klosterverlegung verbunden war. Gemäß den Angaben der Marienstatter Tafeln wurde 1215 von Heisterbacher Mönchen in einem Ort im Westerwald, den man später Altenklosterhof nannte, ein neues Zisterzienserkloster gegründet; Stifter waren dabei Eberhard von Arenberg und seine Frau Adelheid von Molsberg. 1220 stellte aber der Marienstatter Abt beim Generalkapitel der Zisterzienser den Antrag, das neue Kloster an den späteren Standort verlegen zu dürfen. Die Gründe für diese Klosterverlegung waren offenbar vor allem die wirtschaftlichen Schwierigkeiten, die aus der ungünstigen Ortswahl entstanden. Ferner waren Unstimmigkeiten im Spiel, die im Umkreis der Klosterstifterin Adelheid von Molsberg entstanden waren. Der Umzug des Konvents an den neuen Standort an die Nister war wahrscheinlich erst 1227 endgültig abgeschlossen, sodass die Gründungsphase von Marienstatt etwa zwölf Jahre in Anspruch nahm. Klosterverlegungen fanden bei vielen Gründungen von Zisterzen statt, doch ist bei Marienstatt die lange Dauer der Klosterverlegung auffällig. Eine ruhige Entwicklung erlebte Marienstatt erst durch die Güterstiftung, die Heinrich und Mechthild von Sayn 1227 der jungen Abtei gewährten. Schutzprivilegien der Kurie und des Reiches garantierten dann die sichere Fortentwicklung Marienstatts im Spätmittelalter. Da die Stiftung Heinrichs von Sayn und seiner Frau die feste Etablierung Marienstatts erst ermöglichten, sind sie als zweite Stifter anzusprechen, wie der Verfasser zu Recht feststellt (91). Mit der politischen Entwicklung des Hauses Sayn blieb die Geschichte der Abtei in den folgenden Jahrzehnten eng verknüpft. Im Kontext der Säkularisation wurde die Abtei Marienstatt 1803 aufgelöst und in den Besitz der Fürsten von Nassau-Weilburg überführt. Eine neue Phase der Abtei begann schließlich 1888, als eine Neubesiedlung Marienstatts durch Zisterzienser erfolgte und eine Wiederbelebung des Konventslebens ermöglicht wurde.

Gemäß dem Bearbeitungsschema der Germania Sacra werden die einzelnen Kapitel zu Marienstatt in gewohnter Weise abgehandelt: Literatur und Denkmäler (1-57), Archiv und Bibliothek (59-76), eine historische Übersicht (77-106), Verfassung und Verwaltung (107-184), religiöses und geistiges Leben (185-198), Besitz (199-350) und Personallisten (351-527). Ein ausführliches Register (529-563), Abbildungen zur Marienstatter Abteikirche und vor allem die Wiedergabe der berühmten Marienstatter Tafeln schließen diesen inhaltsreichen, solide gearbeiteten Band ab und bereichern die Reihe der Germania Sacra zur Geschichte der deutschen Reichskirche um ein weiteres Exemplar. Inwieweit dieses traditionelle Bearbeitungsschema revidiert werden müsste, kann hier nicht diskutiert werden.

Werner Rösener