Rezension über:

Sönke Zankel: Projektarbeit und Forschendes Lernen. Ein Leitfaden für die Fächer Politik, Wirtschaft und Geschichte. Mit über 125 Ideen für die Praxis (= Geschichte unterrichten), Frankfurt/M.: Wochenschau-Verlag 2018, 165 S., zahlr. s/w-Abb., ISBN 978-3-7344-0623-2, EUR 15,00
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Rezension von:
Lukas Greven
Didaktik der Gesellschaftswissenschaften, RWTH Aachen
Redaktionelle Betreuung:
Christian Kuchler
Empfohlene Zitierweise:
Lukas Greven: Rezension von: Sönke Zankel: Projektarbeit und Forschendes Lernen. Ein Leitfaden für die Fächer Politik, Wirtschaft und Geschichte. Mit über 125 Ideen für die Praxis, Frankfurt/M.: Wochenschau-Verlag 2018, in: sehepunkte 18 (2018), Nr. 12 [15.12.2018], URL: https://www.sehepunkte.de
/2018/12/31679.html


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Sönke Zankel: Projektarbeit und Forschendes Lernen

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Das von reformpädagogischen Ideen geprägte Konzept projektförmigen Lernens zählt nicht nur in Form seiner prominentesten Beispiele, wie dem "Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten" oder dem "Schülerwettbewerb zur politischen Bildung", zu den essentiellen Bestandteilen zeitgemäßer schulischer Praxis. Sönke Zankel ergänzt mit seinem Leitfaden zur Projektarbeit nun eine Vielfalt aktueller [1] und älterer Publikationen [2], die sich ebendiesem projektförmigen, meist auch forschenden Lernen aus verschiedener fachspezifischer oder aus allgemeindidaktischer Perspektive [3] widmen. Der Autor richtet sich mit seinem in der Reihe "Unterrichten" des Wochenschau Verlags erschienenen Band dabei konsequent und systematisch mit Impulsen, Hinweisen und Ratschlägen an praktizierende Lehrerinnen und Lehrer.

Die praxisnahe Publikation gliedert sich in vier Hauptkapitel, wobei die ersten beiden theoretische sowie konzeptionelle Überlegungen, die letzten zwei praktische Projekt- und Unterrichtsvorschläge umfassen. Das sehr feingliedrige Inhaltsverzeichnis, welches durch die Berücksichtigung von Kleinstkapiteln (Kapitel vom Umfang eines Seitenabschnitts) zum Teil etwas unübersichtlich wirkt, ermöglicht den Leserinnen und Lesern auch die gezielte Lektüre von Unterkapiteln oder ausgewählten Passagen. Durch diesen übersichtlichen Aufbau des Bandes gelingt es Zankel, sowohl die theoretischen Ausführungen als auch die Projektkonzepte und Unterrichtsvorschläge seinem selbst erklärten Ziel entsprechend als "Inspirationssteinbruch" (139) zu präsentieren.

Von den bereits vorliegenden Publikationen hebt sich der Autor mit seinem Band gleich in zweifacher Hinsicht ab: Zum einen bleibt er bei den Projektkonzepten, welche in diesem Band in großer Zahl und Vielfalt anhand exemplarischer Beispiele erläutert werden, nicht bei der theoretischen Darstellung stehen. Stattdessen geht er auf ihre konkrete Umsetzung und Organisation ein, indem er erstmals Zugänge aus dem Projektmanagement für den gesellschaftswissenschaftlichen Projektunterricht fruchtbar macht. Zum anderen denkt der Autor die Projektarbeit konsequent fächerübergreifend, ohne jedoch die Fachspezifika der drei im Band berücksichtigten Fächer Geschichte, Politik und Wirtschaft auszuklammern.

Im ersten Hauptkapitel widmet sich Zankel in einer dem Ziel des Bandes als Praxisleitfaden entsprechenden Kürze der theoretisch-definitorischen Einordnung von Projektlernen und Forschendem Lernen sowie Überlegungen zur Rolle der Lehrkraft. Der Autor führt hier zunächst in Anlehnung an bestehende Kriterien eine eng gefasste Definition von Projektarbeit ein, welche essentielle Kennzeichen, wie Problemlösungsorientierung, von fakultativen, wie Orientierung an Schülerinteressen, unterscheidet (17-18). Er betont, dass die Ziele der Projektarbeit, zum Beispiel Förderung der Problemlösungsfähigkeit, zunächst überfachlich sind, es allerdings den Lehrenden zwingend obliegt, eine Orientierung an den fachspezifischen Kompetenzmodellen vorzunehmen. Eine Ausgestaltung der Projektarbeit in der Lernform des "Forschenden Lernens" kann laut Zankel dabei die Fachspezifik fördern, da dieser jeweils die epistemologischen Prinzipien der Geschichts- respektive Politikwissenschaft sowie der Wirtschaftswissenschaften unterlegt sind. Das verbindende Moment dieser Lernform mit der Projektarbeit erkennt der Autor in der für beide kennzeichnenden, hohen Bedeutsamkeit von Schülerselbstständigkeit und Eigenverantwortung. Dementsprechend sieht er die Funktion der Lehrkraft im projektförmigen, forschenden Lernen dann auch in einer durchdachten Ausgestaltung des Freiraums, in welchem sich die Schülerinnen und Schüler lernend bewegen, um Überforderung und Frustration zu vermeiden. Als wesentlich erachtet er dabei vor allem die Etablierung einer Fehlerkultur, in der auch Misserfolge zu nutzbringenden Elementen des Lernprozesses werden.

Im zweiten Großkapitel, welches den vorliegenden Band für den Unterrichtsalltag besonders wertvoll macht, wendet sich der Autor der effektiven Organisation und Ausgestaltung von Projektprozessen zu, wobei er den Leserinnen und Lesern drei von den insgesamt fünf Checklisten im Buch, etwa "Checkliste für das Verfassen von Zeitungsberichten" (59), als Unterstützung bereitstellt. Neben allgemeinen Hinweisen zu allen Projektphasen erschließt Zankel hier, wie bereits angedeutet, in überzeugender Weise zwei Zugänge des Projektmanagements für die gesellschaftswissenschaftliche Projektarbeit: die klassische und eine agile Form (Kanban-Methode). Beide Methoden, erstere auch in einer Basisvariante für jüngere Schülerinnen und Schüler geeignet, werden dabei detailliert dargestellt und kritisch hinsichtlich ihrer Potentiale und Grenzen beurteilt. Die Kanban- (japanisch: Signalkarte) Methode (55), bei der die von einzelnen Schülerinnen und Schülern zu erledigenden Aufgaben an einem charakteristischen Kanban-Board mittels Klebezetteln visualisiert und Kategorien wie "Erledigt" zugewiesen werden, verspricht den Leserinnen und Lesern dabei das größte Potential, da sie, so der Autor, hohe Transparenz im Arbeitsprozess in Gruppen- oder Projektarbeit schaffe und eine effektive Lösung der "schwierige[n] Aufgabe einer gerechten Bewertung der Einzelleistung" (55) darstelle.

Aufbauend auf der Gesamtheit dieser theoretischen sowie konzeptionellen Überlegungen präsentiert der Autor in den beiden den Band abschließenden, insgesamt umfangreichsten Kapiteln Projektkonzepte für die Fächer Politik (65-84), Wirtschaft (84-107) und Geschichte (107-136) sowie fächerübergreifende respektive -verbindende Projektideen (139-159), welche der Autor vor allem für Realisation in Arbeitsgemeinschaften oder im Ganztagsbereich vorsieht. Für die einzelnen Fächer werden dabei ausgewählte, erprobte Projektideen ausführlich dargestellt und zusätzlich weitere Projektbeispiele angeführt, wobei die einleitende theoretische Differenzierung von projektförmigem und forschendem Lernen insofern Berücksichtigung findet als dass für die Fächer Politik und Wirtschaft auch Beispiele ohne forschende Lernform dargestellt werden.

Obwohl die Projektideen beeindruckend vielfältig sind, ist vielen, unabhängig von der fachlichen Ausrichtung, zweierlei gemein: Zum einen, dass der geforderten positiven Fehlerkultur entsprechend Schwierigkeiten und Misserfolge offen thematisiert werden, vor allem aber, dass die Schule nicht nur als "Ort der Wissensvermittlung [...], sondern auch [der Wissensgenerierung]" (10) im Fokus steht. So werden beispielsweise für das Fach Wirtschaft Ideen präsentiert, die den "Markt Schule" erschließen (94-104). In den Projekten im Fach Geschichte steht vor allem die "Schulgeschichte als unterschätztes Forschungsfeld" (109) im Zentrum, wobei es dem Autor besonders gelingt, die Fruchtbarkeit der forschenden Lernform für die Projektarbeit darzustellen.

Gerade aufgrund dieser zahlreichen Einblicke in die gelingende Praxis von Projektarbeit und Forschendem Lernen, aber auch wegen der überzeugenden Ausführungen zur effektiven Projektorganisation erweitert Zankels Band die Wochenschau-Reihe "Unterrichten" um ein hilfreiches Element. Dabei mag - neben wenigen Punktuationsfehlern - einzig der einige Passagen des Bandes auszeichnende, anekdotenhafte Stil manche Leserin oder manchen Leser insbesondere dort irritieren, wo er ins floskelhafte übergeht (etwa: "Das Einfachste ist es, eine gute Idee zu haben, das Schwierigste, sie umzusetzen" (74)). Auch könnten die Praxisleitfäden Berufseinsteigerinnen und -einsteigern Schwierigkeiten bereiten, da der Erfolg vieler Projekte auch vom ausgeprägten Erfahrungswissen des Autors respektive des Lehrenden abhängig scheint. Insgesamt liegt jedoch ein überzeugender Band vor, welcher der schulischen Projektpraxis vielfältige Anregungen bieten kann. Daher sei im Sinne einer induktiven Weiterentwicklung des projektförmigen, forschenden Lernens abschließend die Hoffnung formuliert, dass dieser Band, wie vom Autor einleitend formuliert, den Ausgangspunkt von Diskussion und Austausch über die Fachgrenzen hinweg bildet - Anstöße gibt Zankel in jedem Fall ausreichend.


Anmerkungen:

[1] Vergleiche Wolfgang Beutel / Sven Tetzlaff (Hgg.): Handbuch Schülerwettbewerbe zur Demokratiebildung, Frankfurt a.M. 2018; Heike Wolter: Forschend-entdeckendes Lernen im Geschichtsunterricht, Frankfurt a.M. 2018; Hans-Wolfram Stein: Demokratisch handeln im Politikunterricht. Projekte zur "Demokratie als Herrschaftsform", Schwalbach / Ts. 2016; Michael Sauer (Hg.): Spurensucher. Ein Praxisbuch für historische Projektarbeit, 3. überarb. Aufl., Hamburg 2014.

[2] Vergleiche Simone Lässig / Karl Heinrich Pohl (Hgg.): Projekte im Fach Geschichte. Historisches Forschen und Entdecken in Schule und Hochschule, Schwalbach / Ts. 2007; Volker Reinhardt (Hg.): Projekte machen Schule. Projektunterricht in der politischen Bildung, Schwalbach / Ts. 2005.

[3] Vergleiche Karl Frey: Die Projektmethode. "Der Weg zum bildenden Tun", 12. überarb. Aufl., Weinheim 2012.

Lukas Greven