Pierre Terjanian (ed.): The Last Knight. The Art, Armor, and Ambition of Maximilian I, New Haven / London: Yale University Press 2019, 340 S., 266 Farbabb., ISBN 978-1-58839-674-7, USD 65,00
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Das Jahr 2019 war im deutschsprachigen Raum aus Sicht derjenigen Historikerinnen und Historiker, die sich schwerpunktmäßig mit dem Zeitraum um 1500 beschäftigen, durch die 500. Wiederkehr des Todestages des römisch-deutschen Königs und Kaisers des Heiligen Römischen Reichs Maximilian I. (1459-1519) geprägt. Zahlreiche Tagungen zu verschiedenen Aspekten des Lebens und Wirkens Maximilians wurden abgehalten und Ausstellungen zu den unterschiedlichsten mit dem Kaiser im Zusammenhang stehenden Themen konnten besucht werden. [1]
Doch auch außerhalb des deutschen Sprachraums wurde das "Maximilianjahr" zur Kenntnis genommen, wie der in dieser Rezension zu besprechende Ausstellungskatalog zeigt: Das Buch diente als Begleitband zur vom 7. Oktober 2019 bis 5. Januar 2020 im Metropolitan Museum of Art in New York gezeigten Ausstellung "The Last Knight: The Art, Armor, and Ambition of Maximilian I". Kuratiert wurde diese von Pierre Terjanian, dem "Arthur Ochs Sulzberger Curator in Charge of The Met Department of Arms and Armor", der zudem als Herausgeber des zugehörigen Katalogs fungierte. Unterstützung erhielt das New Yorker Team durch internationale Expertinnen und Experten auf dem Gebiet der mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Waffen- und Rüstungsgeschichte sowie der Geschichte Maximilians I. im engeren Sinne. So waren Beiträgerinnen und Beiträger aus den USA, Belgien und vor allem Österreich an der Forschungsarbeit beteiligt.
Eingeleitet wird der Band durch drei Aufsätze, die den allgemeinen Rahmen für die im Katalogteil besprochenen Objekte abstecken. Es geht um den Stellenwert von Rüstungen und Waffen für die Politik Maximilians beziehungsweise für den Herrscher selbst (Pierre Terjanian, 17-37). Weiters werden ein Überblick über die politischen Entwicklungen während der Herrschaftszeit Maximilians gegeben (Adam B. Brandow und Matthias Pfaffenbichler, 39-51) und die mit dem Kaiser verbundenen Ehren-, Ruhmes- und Gedächtniswerke besprochen sowie die Entwicklung der neuzeitlichen Wahrnehmung dieses Herrschers als "letzter Ritter" nachgezeichnet (Stefan Krause, 53-61).
Der Katalogteil setzt sich aus sechs großen Themenbereichen zusammen: Im Abschnitt "Burgundian Inheritance" werden Objekte präsentiert, die mit Maximilians im Jahr 1477 einsetzender burgundischer Herrschaft im Zusammenhang stehen (64-87). Der darauffolgende Teil "Martial Hero" nimmt die Bedeutung des Turniers in Bezug auf das Bild in den Blick, das Maximilian von sich selbst in der Öffentlichkeit sehen wollte: Offensichtlich war es das eines vorbildlichen Kämpfers, der sich bei Turnieren mit Leichtigkeit durchsetzen konnte (88-129). Zu Recht nehmen jene Darstellungen, die im Zuge des bekannten, nie abgeschlossenen "Gedachtnus"-Projekts Maximilians - des "Freydal" - entstanden sind und den gleichnamigen Helden bei verschiedenen Turnierszenen zeigen, ausreichend Platz ein (120-129).
Der Abschnitt "Head of Lineage" (130-187) beeindruckt wiederum mit Prunkstücken wie dem Kürass (Katalognr. 75) sowie dem Harnisch von Maximilians Sohn Philipp I. (Nr. 76) und dem Faltenrockharnisch von Maximilians Enkel Karl V. (Nr. 82). Ebenfalls wird Maximilians Verhältnis zu Ritterorden näher beleuchtet - hier vor allem in Bezug auf den Orden vom Goldenen Vlies sowie den im Jahr 1469 gegründeten und von Maximilian intensiv geförderten St. Georgs-Orden ("The Grand Master of Knights", 188-217).
Die zwei abschließenden Abschnitte beschäftigen sich zum einen mit jenen Plattnern, die im Auftrag Maximilians Rüstungen fertigten ("Armorers", 218-259), und zum anderen mit der Wirkung Maximilians auf seine Nachwelt ("Legacy", 260-299). Das bekannte Totenbildnis Maximilians (Nummer 149) steht dabei sicher nicht ohne Grund am Beginn des letzten Themenkomplexes, markiert es doch den Endpunkt des vorbildhaften Sterbens des Herrschers, der in überaus realistischer Weise als frommer Christ gänzlich ohne imperiale Insignien präsentiert wird. Demgegenüber stehen die "Gedachtnus"-Projekte Maximilians - der nie fertiggestellte "Triumphzug" und die "Ehrenpforte" -, welche die Ansprüche des Herrschers nochmals in aller Pracht und Monumentalität auf den Punkt bringen (Katalognr. 164, 165).
Der Katalog zeichnet umfangreich und detailliert nach, welche vorherrschenden und öffentlichkeitswirksamen Bilder von Maximilian zu dessen Lebzeiten und auch nach seinem Tod entworfen wurden. Eine große Stärke ist dabei, dass das Augenmerk nicht nur auf die beeindruckenden Endprodukte der handwerklichen Rüstungsfertigung oder der künstlerischen Ausgestaltung der "Gedachtnus"-Projekte gelegt wurde. Vielmehr kommen ebenso bisher noch kaum beachtete Quellen zur Sprache, die Licht auf die Hintergründe der jeweiligen Herstellungsprozesse werfen, wie etwa Briefe und Mandate Maximilians (etwa Nr. 120, 146) oder Rechnungen über fertiggestellte Rüstungen (etwa Nr. 143). Die vielen hochqualitativen Farbabbildungen sorgen für eine perfekte Illustration der Katalogtexte.
Letztere bewegen sich durchgehend auf hohem wissenschaftlichen Niveau, beziehen aktuelle Forschungsergebnisse ein und behalten gleichzeitig jene Zugänglichkeit, die hinsichtlich einer für einen Ausstellungskatalog zu erwartenden größeren Öffentlichkeit notwendig ist. Vielleicht wird manchmal ein wenig zu sehr auf die "Mastermind"-Stellung Maximilians hinter all seinen Memorialprojekten verwiesen, die in rezenten Publikationen zunehmend hinterfragt wird. [2] Das persönliche Interesse des Herrschers an diesen Vorhaben ist gleichzeitig freilich nicht von der Hand zu weisen und dies verdeutlicht auch dieses Buch. Abgerundet durch übersichtliche Aufzählungen der im Dienst Maximilians stehenden Plattner, ein Glossar der im Katalog verwendeten Fachausdrücke, eine Stammtafel Maximilians sowie eine Übersicht über die wichtigsten Lebensdaten des Kaisers stellt sich der Katalog als Publikation dar, die sowohl von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern als auch von einem breiteren Publikum mit großem Gewinn benutzt werden wird.
Anmerkungen:
[1] Alle Tagungen und Ausstellungen im Detail aufzuzählen, würde den dieser Rezension zur Verfügung stehenden Raum sprengen. Einen - ebenfalls nicht vollständigen, aber trotzdem nützlichen - Überblick gibt folgende Seite: https://www.hofkulturblog.de/followmax500-veranstaltungen-zum-500-todestag-maximilians-i/ (13.11.2020).
[2] Zuletzt kritisch etwa Manfred Hollegger: "Zu gedechtnuß der gutigkait vnnsers gemuts gegen seiner lieb". Maximilians I. "ansehenliche begrebnuß" für Friedrich III. als dynastisch und politisch funktionalisierte Memoria (?), in: Renate Kohn (Hg.) unter Mitarbeit von Sonja Dünnebeil / Gertrud Mras: Der Kaiser und sein Grabmal 1517-2017. Neue Forschungen zum Hochgrab Friedrichs III. im Wiener Stephansdom, Wien / Köln / Weimar 2017, 351-368; Andreas Zajic: Dynastische Selbstvergewisserung oder österreichisches Identifikationsangebot? Überlegungen zur Interpretation des illuminierten Vidimus des Maius-Komplexes von 1512, in: Privilegium Maius. Autopsie, Kontext und Karriere der Fälschungen Rudolfs IV. von Österreich (= Veröffentlichungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung; Bd. 69 / Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs; Sonderband 15), hgg. von Thomas Just / Kathrin Kininger / Andrea Sommerlechner / Herwig Weigl, Wien / Köln / Weimar 2018, 259-320, bes. 309 f.
Markus Gneiss