Rezension über:

Damjan Donev: The Busy Periphery. Urban Systems of the Balkan and Danube Provinces (2nd - 3rd c. AD) (= Archaeopress Roman Archaeology; 61), Oxford: Archaeopress 2020, VIII + 379 S., 106 Abb., 21 Tbl., 123 Kt., ISBN 978-1-78969-349-2, GBP 54,00
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Rezension von:
Markus Zimmermann
Universität Bayreuth
Redaktionelle Betreuung:
Matthias Haake
Empfohlene Zitierweise:
Markus Zimmermann: Rezension von: Damjan Donev: The Busy Periphery. Urban Systems of the Balkan and Danube Provinces (2nd - 3rd c. AD), Oxford: Archaeopress 2020, in: sehepunkte 21 (2021), Nr. 4 [15.04.2021], URL: https://www.sehepunkte.de
/2021/04/34776.html


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Damjan Donev: The Busy Periphery

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Damjan Donev untersucht in der hier zu besprechenden Monographie die Urbanisierung der Donau- und Balkanprovinzen des Römischen Reiches in der hohen Kaiserzeit aus siedlungsgeographischer Perspektive. Obwohl die ebenfalls an der Donau liegenden Provinzen Raetien und Noricum nicht behandelt werden, handelt es sich um ein sehr großes Untersuchungsgebiet, in dem in den letzten Jahrzehnten viel geforscht und auch vermehrt auf Englisch publiziert worden ist, so dass diesen Provinzen in jüngerer Zeit zu Recht ein größeres Interesse innerhalb der Altertumswissenschaften entgegengebracht wird, was sich auch in der Publikation deutschsprachiger Überblicksdarstellungen zu dieser Region niederschlägt. [1]

Der Untersuchungsraum der Arbeit erstreckt sich somit auf die Provinzen Macedonia, Epirus, Dalmatia, Pannonia Superior, Pannonia Inferior, Moesia Superior, Moesia Inferior, Thracia und Dacia. Die Anzahl der zu untersuchenden Provinzen mutet ob der Masse an Quellen und Sekundärliteratur, die für jede dieser Provinzen vorhanden sind, enorm an und ist für eine einzelne Person wohl nur schwer zu bewältigen. Diesem Problem ist sich Donev bewusst und entzieht sich ihm zumindest teilweise, indem er seine Fragestellung einschränkt; und zwar auf die Untersuchung der "urban geography" (2) sowie die daraus resultierenden Auswirkungen auf die Wirtschaft der Untersuchungsregion. Außerdem gesteht er ein, dass Experten für eine bestimmte Region oder Provinz sicherlich das ein oder andere vermissen werden (10). Für seine Untersuchung hat er alle Siedlungen erfasst, die mehr als 5 ha umfassten und über Steinarchitektur verfügten, sowie diejenigen, von denen bekannt ist, dass sie eine Selbstverwaltung besaßen. Trotz dieser Beschränkungen hat der Autor eine beeindruckende Menge an siedlungsgeographischen Daten zusammengetragen und ausgewertet, die auf den publizierten archäologischen und epigraphischen Forschungen zu den Siedlungen seines Untersuchungsgebietes beruhen.

Gerahmt von einer Einleitung (Kapitel 1) und einigen Schlussfolgerungen (Kapitel 7), widmet sich Donev in fünf Kapiteln, in denen zu Beginn jeweils die relevanten Quellen und Methoden erläutert werden, der Siedlungsstruktur seines Untersuchungsgebiets. Er beginnt mit der Frage der Siedlungskontinuität von vorrömischer bis in die römische Zeit. Er kommt zu dem Ergebnis, dass mindestens 205 der 400 von ihm untersuchten Siedlungen keine vorrömische Siedlungsphase gehabt hätten, wobei es aber auch starke regionale Unterschiede gegeben habe. So sei die Kontinuität in Makedonien und der Küstenregion der Adria viel höher gewesen als im Rest des Untersuchungsgebiets (Kapitel 2). Es folgt eine genauere Behandlung der neu gegründeten Siedlungen. Von diesen seien etwas mehr als 40% bei Militärlagern entstanden, was - wie zu erwarten war - die große Bedeutung des Militärs für die Urbanisierung der Grenzprovinzen entlang der Donau aufzeige, während das Militär für die Urbanisierung der weiter vom Limes entfernt gelegenen Gegenden in der hohen Kaiserzeit von geringerer Bedeutung gewesen sei (Kapitel 3). Daran anschließend wird die Größe der Siedlungen untersucht. Hierbei besteht das Problem, dessen sich Donev bewusst ist, dass aufgrund des Standes der archäologischen Forschung die Größe der meisten Siedlungen nicht genau bekannt ist, weshalb er mit Schätzungen der Mindest- und Maximalgrößen operiert. So kann er wahrscheinlich machen, dass die Mehrheit der Siedlungen des Untersuchungsgebiets weniger als 15 ha umfasst hätten. Die meisten größeren Städte hätten sich entweder an der Küstenregion der Adria oder aber entlang des Donaulimes sowie teilweise an den wichtigen Verkehrsknotenpunkten im Innern der Provinzen befunden (Kapitel 4). Es folgen interessante Ausführungen zur Größe der landwirtschaftlich genutzten Fläche in den Provinzen. Donev legt dazu Radien von 5 und 10-15 km um die jeweiligen Siedlungen fest. Durch diese Radien möchte er das Gebiet erfassen, innerhalb dessen es aus den Siedlungen heraus noch möglich war, Landwirtschaft zu betreiben, beziehungsweise das Gebiet, aus dem Landwirte noch ohne größere Probleme in die Stadt kommen konnten, um ihre Güter zu verkaufen. Auf diese Weise kann Donev wahrscheinlich machen, welche Siedlungen auf die Landwirtschaft und welche eher auf andere wirtschaftliche Felder ausgerichtet waren oder eine strategische Funktion erfüllten. Ferner kann er zeigen, wieviel landwirtschaftliche Fläche für die Ernährung der Bewohner der jeweiligen Siedlungen vorhanden gewesen sein sollte und wie dies die Urbanisierung positiv oder negativ beeinflussen konnte (Kapitel 5). Schließlich werden noch die administrativen Territorien besprochen, wobei Donev darauf hinweist, dass eine exakte Rekonstruktion der Verwaltungsgebiete der Siedlungen aufgrund der fragmentarischen Quellenlage unmöglich sei. Unter Anwendung von Thiessen-Polygonen und unter Berücksichtigung der bekannten Quellen, hautsächlich Inschriften, versucht sich Donev dennoch den in römischer Zeit bestehenden Verwaltungsgebieten seines Untersuchungsraums anzunähern. Hierbei stellt er teilweise starke Unterschiede in der von ihm rekonstruierten Größe der einzelnen Verwaltungsgebiete der autonomen Siedlungen fest, die von 500 bis zu 5000 km² reichen, was wiederum Rückschlüsse auf die lokalen und regionalen Verhältnisse ermöglicht.

In all diesen nur kurz vorgestellten Kapiteln macht Donev eine Vielzahl von interessanten Beobachtungen sowohl zu einzelne Städten und Regionen als auch im überregionalen Vergleich. Experten für einzelne Orte oder Provinzen wird dies bestimmt zu weiteren Überlegungen und teilweise wohl auch zu Widerspruch animieren. Manche seiner Erkenntnisse, wie zum Beispiel, dass das Militär für die Urbanisierung des Untersuchungsgebiets, besonders der Grenzregionen der Donauprovinzen, eine wichtige Rolle spielte, waren auch schon ohne siedlungsgeographische Argumente die communis opinio der Forschung. Die siedlungsgeographischen Überlegungen zur Versorgung der Städte und die dadurch möglichen Rückschlüsse auf eine mutmaßliche ehemalige Bevölkerungsgröße sowie die Funktion der jeweiligen Siedlung sind hingegen überaus interessant. Zu weiterer Beschäftigung mit der schon lange geführten Diskussion über das Wesen des römischen Imperialismus wird auch eine der Schlussfolgerungen Donevs anregen, nach der in seinem Untersuchungsgebiet Spuren einer zentralen Planung der Urbanisierung greifbar seien (279). Dies ist zwar keine neue These, der Versuch ihrer Begründung anhand siedlungsgeographischer Daten eines so großen Untersuchungsraumes ist es jedoch schon.


Anmerkung:

[1] L. Borhy: Die Römer in Ungarn, Darmstadt 2014; K. Brodersen: Dacia felix. Das antike Rumänien im Brennpunkt der Kulturen, Darmstadt 2020; N. Gudea / T. Lobüscher: Dacia. Eine römische Provinz zwischen Karpaten und Schwarzem Meer, Mainz 2006; R. Ivanov / G. von Bülow: Thracia. Eine römische Provinz auf der Balkanhalbinsel, Mainz 2008; M. Mirkovic: Moesia Superior. Eine Provinz an der mittleren Donau, Mainz 2007; M. Sanader: Dalmatia. Eine römische Provinz an der Adria, Mainz 2009; M. Zahrnt: Die Römer im Land Alexanders des Großen. Geschichte der Provinzen Macedonia und Epirus, Mainz 2010.

Markus Zimmermann