Frank Althoff (Bearb.): Politische Correspondenz Friedrichs des Großen. Band 47 (April bis Dezember 1782) (= Veröffentlichungen aus den Archiven Preußischer Kulturbesitz; Bd. 45), Köln / Weimar / Wien: Böhlau 2003, XXII + 819 S., ISBN 978-3-412-11903-4, EUR 74,90
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Mehr als 60 Jahre nach dem Erscheinen des bislang letzten Bandes (1939) fand nun endlich ein zentrales Prestigeunternehmen der borussischen Historiografie seine Fortsetzung: die Edition der außenpolitischen Korrespondenz Friedrichs des Großen. 1879 begonnen und von preußischen Archivaren und Historikern wie Reinhold Koser, Albert Naudé und Gustav Berthold Volz getragen, war das für die Geschichte der hohen Politik der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts unschätzbare Quellenwerk 1939 bei Band 46 und chronologisch im März 1782 angelangt. Dann unterbrachen der 2. Weltkrieg, die Teilung Deutschlands mit den bekannten Auswirkungen auf die Archivlandschaft, aber auch die modische, ja allzu modische Absage an die "Geschichte der Haupt- und Staatsaktionen" die Fortführung.
Erst 1990 startete die Preußische Historische Kommission unter Federführung von Peter Baumgart eine Initiative zur Wiederaufnahme des Unternehmens. Es ist nun wahrlich kein Ruhmesblatt für die deutsche Wissenschaftspolitik, dass, wie Peter Baumgart in seinem berechtigt bitteren Vorwort ausführt (VII-IX), dieses Vorhaben mangels Förderung nur unter den ungünstigsten materiellen Rahmenbedingungen, vor allem durch das große persönliche Engagement des Bearbeiters, der sich durch seine Dissertation zur Außenpolitik Friedrichs des Großen 1763-1786 und seine Vertrautheit mit den einschlägigen Archivbeständen angeboten hatte [1], durch- und schließlich auch wirklich zu Ende geführt werden konnte.
Vorarbeiten für den nun vorliegenden Band, der den Zeitraum April bis Dezember 1782 abdeckt (Nr. 29541-30123), waren im 2. Weltkrieg verschollen, sodass Althoff bei Null beginnen musste. In großteils nebenberuflicher Arbeit (!) hat der Bearbeiter in getreuer Fortführung der bis 1939 geltenden Gestaltungsrichtlinien den Anschluss an die klassischen Vorgängerbände souverän gemeistert. Er beginnt mit einer historischen Einführung (XI-XIX) in den außenpolitischen Zeithintergrund, der kurz umrissen durch die Niederlage Großbritanniens in den nordamerikanischen Kolonien, die Anbahnung einer österreichisch-russischen Allianz, die kritische Situation der Vereinigten Provinzen der Niederlande, die an der Seite Frankreichs in den Krieg gegen London eingetreten waren, die Krimkrise und die stete Angst Friedrichs II. vor der österreichischen Revanche charakterisiert ist.
Es folgt die Offenlegung der Editionskriterien (XIX-XXI). Sie gestatten im Sinne der Leserfreundlichkeit recht bedeutende Eingriffe in Grammatik und Orthografie, ehe der Leser im Hauptteil mit 672 (französischsprachigen) Schreiben Friedrichs an Kabinettsminister, Diplomaten, Verwandte und Herrscherkollegen in Volledition konfrontiert wird. Schreiben an den König, auf die er reagiert, werden, soferne sie für das Verständnis des Zusammenhangs wichtig sind, regestiert beziehungsweise in Auszügen und Petitdruck Friedrichs Briefen vorgeschaltet. Der Sachkommentar ist von erfrischender "preußischer" Knappheit. Mit der Identifizierung von Personen (und der Ermittlung ihrer Lebensdaten), die in vielen Editionen zum Selbstzweck aufsteigt, hier aber über das Personenverzeichnis erfolgt, wird keine unnötige Energie verschwendet.
Als Quellenbasis diente in erster Linie die Überlieferung des Geheimen Staatsarchivs Preußischer Kulturbesitz zu Berlin, in das nach der Wiedervereinigung auch die bis dahin in Merseburg verwahrten Bestände rücküberführt wurden. Einige wenige ergänzende Stücke kamen aus Archiven in Stockholm, Den Haag, Paris und London.
Beschlossen wird die gediegene Arbeit von einem Personenindex (715-740), einem Korrespondentenindex (741 f.), einem nach Staaten gegliederten Sachindex (743-769) und einem "Verzeichnis der Quellen" (771-817), das Aufbewahrungsort und Signatur der einzelnen Stücke nachweist, vielleicht aber besser und platzsparender in den Kopf der edierten Stücke integriert werden sollte. Überlegenswert scheint auch, die Wiedergabe jeder königlichen Unterschrift am Ende der Schreiben zu opfern. Das routinemäßige "Federic" kostet Platz und beinhaltet keinen Informationswert an sich.
Die angekündigte Fortsetzung des Editionsunternehmens ist lebhaft zu begrüßen und bei Frank Althoff, heute Archivar am Geheimen Staatsarchiv in Berlin, in den besten Händen. Der Direktor des Geheimen Staatsarchivs Preußischer Kulturbesitz in Berlin, Jürgen Kloosterhuis, wird wohl auch das Erscheinen der Folgebände durch die Aufnahme in die Reihe der "Veröffentlichungen" seines Hauses ermöglichen. Damit hätte die "Politische Correspondenz" allen Widrigkeiten zum Trotz jene institutionelle Verankerung gefunden, die sie unzweifelhaft verdient.
Anmerkung:
[1] Frank Althoff: Untersuchungen zum Gleichgewicht der Mächte in der Außenpolitik Friedrichs des Großen nach dem Siebenjährigen Krieg 1763-1786 (= Quellen und Forschungen zur Brandenburgischen und Preußischen Geschichte; Bd. 10), Berlin 1995.
Michael Hochedlinger