Margaret Ann Zaho: Imago Triumphalis. The Function and Significance of Triumphal Imagery for Italian Renaissance Rulers (= Renaissance and Baroque. Studies and Texts; Vol. 31), Frankfurt a.M. [u.a.]: Peter Lang 2004, XI + 143 S., 31 fig., ISBN 978-0-8204-6235-6, EUR 59,90
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Innerhalb der Studien zur kunstgeschichtlichen Antikenrezeption kommt den Rückgriffen auf antike Triumphalmotive eine besondere Rolle zu. In seltener Vielzahl und Dichte haben sich die visuellen Prototypen, im besonderen Triumphbögen und Reliefskulpturen, sowie die literarischen Quellen der Triumphikonografie erhalten, sodass die Forschung mit Blick auf das ausgeprägte Interesse an derartigen Motiven auch immer die Spezifik der jeweiligen Antikenimagination analysieren konnte.
Einem besonderen Aspekt dieses Nachlebens antiker Kultur widmet sich Margaret Ann Zaho in der hier anzuzeigenden Studie, die ausschließlich die Verbildlichungen des Triumphalmotivs im Rahmen repräsentativer Herrscherinszenierung fokussiert.
Dies geschieht mit einem bemerkenswert statischen Blick auf die antike Überlieferung: "Alfonso of Aragon in Naples, Federico da Montefeltre of Urbino, Sigismondo Malatesta of Rimini and Borso d'Este of Ferrara are prime examples of rulers who manipulated the triumphal motif into a grand eloquent expression of their own personal character" (2). Nicht etwa einen schöpferischen Umgang, sondern "Manipulation" unterstellt die Autorin den vier Protagonisten ihrer Studie bei deren Rekurs auf antike Repräsentationsmodelle. Dementsprechend ist sie auch weniger an künstlerischen Problemen der Antikenrezeption interessiert, als sie eine, freilich nur für den Zeitraum zwischen 1443 und 1472 gültige politische Ikonografie der Triumphalmotive entwirft.
Die Arbeit ist in fünf Kapitel gegliedert, denen eine kurze Einleitung vorangestellt ist. Die Beschreibung des Ansatzes gleicht einem ersten Fazit: "[...] this study's intention is to establish that the revival of the image of the antique triumph during the Renaissance was a powerful propagandistic tool. Its popularity relied on the fact that the image of the triumphal procession could at once suggest victory, antiquity, perpetuity, and power." (6) Simplifizierende Statements dieser Art sind ob ihrer Plattheit und Selbstgewissheit ein Ärgernis. Wer solche dem fragwürdigen Prinzip des "make it short and simple" gehorchenden Äußerungen am Beginn einer Arbeit platziert, darf nicht mit viel Kredit des Lesers rechnen.
Im ersten Kapitel stellt Margaret Ann Zaho die Geschichte des Römischen Triumphs dar, referiert seine östliche Wurzeln, die etruskischen Umbildungen und schließlich Idee und Praxis des Triumphzugs der Römer. Bei der exemplarischen Diskussion des Titusbogens entgeht ihr, dass bereits die zahlreichen antiken Ehrenbögen (unter anderen Rimini, Ancona, Verona, Pula) und Prunktore (unter anderen Autun, Ferrara, Verona) als Modifikation der Triumphbogenidee zu betrachten sind. Diese Beispiele stehen nicht im Zusammenhang mit einem Triumph, sondern suchten die dem Triumphgedanken zugrunde liegende Personalisierung von Ruhm und Ehre in neue repräsentative Bahnen zu lenken.
Der Evolution des Triumphgedankens in Kunst und Literatur widmet sich das zweite Kapitel. Hier steht Petrarca im Mittelpunkt, dessen "Trionfi" den antiken Triumphzuggedanken geradezu modellbildend modifizierten und in die spätmittelalterlichen Tugenddiskurse implantierten. Am Beispiel zweier etwa 1445 entstandener "cassone"-Tafeln Francesco Pesellinos exemplifiziert die Autorin die Visualisierung des literarischen Musters.
In den Kapiteln drei, vier und fünf geht Margaret Ann Zaho unter dem Schlagwort "Personalisierung des antiken Triumphs" auf die oben erwähnten Potentaten ein. Am Anfang steht völlig zurecht Alfons von Aragon, der nicht nur den ersten nachantiken Triumphzug veranstalten, sondern auch den ersten nachantiken Triumphbogen erbauen ließ. Das alles ist bestens untersucht und die Autorin geht an keinem Punkt, auch nicht mit ihrer Personalisierungsthese, über die Forschungsergebnisse von George Hersey und anderen hinaus. Jede Information wird aus der Sekundärliteratur gewonnen; müßig zu erwähnen, dass man angesichts dieser Arbeitsweise gewichtige deutsche Forschernamen wie Hanno-Walter Kruft, Andreas Beyer oder Philine Helas vergeblich sucht, von denen die letztgenannte Autorin die Textquellen zum Triumphzug und deren Verhältnis zum Bogenrelief detailliert analysiert hat.
Nach dem eingeführten Muster folgt die Darstellung zu Sigismondo Malatesta und Federico da Montefeltro. Dass deren Triumphalmotivik in Albertis "Tempio Malatestiano" in Rimini und im Doppelporträt von der Hand Piero della Francescas weitgehend dem Tugendtriumph Petrarcas folgt, spielt für die Autorin keine Rolle. Dies gilt auch für die beachtliche Anpassungsfähigkeit des Triumphalmotivs, für seine Medialisierung in Architektur, Reliefplastik, Tafelmalerei und Fresko. In dieser Formvariabilität, besonders aber in inhaltlicher Hinsicht liegen zwischen der Triumphrezeption in Neapel und derjenigen in Rimini Welten. Versuchte das Relief am Triumphbogen des Castel Nuovo die Authentizität des Triumphzugs zu visualisieren, steht Agostino di Duccios Reliefausstattung des "Tempio Malatestiano" ganz im Zeichen der Allegorien.
Mit Borso d'Este schließt die Autorin ihre Untersuchung ab. Auch hier referiert sie zunächst Dynastiegeschichte, Biografie und Porträtbildnis, ehe sie auf ihren Gegenstand eingeht, die Fresken Francesco del Cossas und anderer im Palazzo Schifanoia zu Ferrara. Leider bietet die Autorin auch hier nicht mehr als eine Bildbeschreibung. Sätzen wie dem folgend zitierten muss angesichts ihrer Oberflächlichkeit nichts hinzugefügt werden: "The frescoes, which have been described as masterpieces, offer a rare and extensive glimpse into the world of Renaissance life in Ferrara. The style and beauty of Cossa's contributions to the cycle have been compared with the works of Pisanello, Piero della Francesca, Rogier van der Weyden and Alberti" (117). Das Zitat ist symptomatisch: Auf die gleiche Art und Weise, wie hier höchst unterschiedliche Künstler miteinander verglichen werden, lenkt sie ihre komparatistische Perspektive auf die vier Fürsten. Nicht Differenzierung ist das Ergebnis sondern buchstäbliche Gleichmacherei.
Gemessen am schmalen Untersuchungsausschnitt greift die Autorin in ihrer historischen Herleitung weit aus. Wer eine Studie über die triumphale Herrschaftsgestik aus lediglich drei Jahrzehnten des Quattrocento zur Hand nimmt, kann sich über Ursprung der Triumphzugsidee und die historische Praxis besser in Lexika und Handbüchern informieren. Demgegenüber bestimmt den Ausblick eine in ihrer Beschränkung völlig unbefriedigende Perspektive. Hier wird Mantegnas Zyklus mit dem "Triumph Cäsars" als "shift in the function and the significance of triumphal imagery" (121) bewertet, und davon kann mit Blick auf die Triumphzugspraxis des 16. Jahrhunderts überhaupt keine Rede sein.
Hinweise auf Albrecht Dürer oder Kaiser Maximilian sucht man dementsprechend vergebens. Die Autorin setzt zwischen dem durchaus richtig beobachteten "iconographical self-fashioning" (123) im Spiegel antiker Triumphzüge (exakt so auch auf Maximilian übertragbar) und der Einzugspraxis des 15. und 16. Jahrhunderts einen Schnitt, der kaum der historischen Wahrnehmungspraxis entspricht.
Zum Kriterium dieser Zäsur erhebt Margaret Ann Zaho das Prinzip "all'antica", als hätte der Rückgriff auf antike Praktiken eine unveränderliche Form besessen. Der beständige Wandel der Antikenimagination, ihre in der Anpassung an unterschiedliche politische, soziale oder kulturelle Ziele modifizierte Gestalt, scheinen demgegenüber das Nachleben antiker Kultur genauer zu kennzeichnen, als das in dieser Studie vertretene statische Antikenbild.
Als Francesco Gonzaga Mantegna mit dem "Triumphzug Cäsars" beauftragte, sollte die Leinwandserie den Herrscher im Lichte der Antike genauso überhöhen, seinen Ruhm vermehren und seine Kenntnisse repräsentieren wie dies bei den der Studie als Leitfiguren dienenden Tyrannen geschah. Aber sowohl der Auftraggeber als auch der Künstler besaßen ein ganz anderes, nämlich antiquarisches Verständnis von Antike. Sie konnten daher auf Petrarcas literarisches Modell verzichten und entwickelten ein wesentlich abstrakteres Repräsentationsmodell "all'antica".
Das Büchlein von Margaret Ann Zaho bietet dem Kunsthistoriker keine neuen Erkenntnisse. In Darstellungsstil und Anspruch geht es nicht über eine Seminararbeit hinaus und simplifiziert komplexe historische Sachverhalte in einem wissenschaftlichen Standards abträglichen Maße. Die Studie ist daher nicht zur Lektüre zu empfehlen.
Stefan Schweizer