Rezension über:

Pilar León Alonso / Rafael Hidalgo Prieto (Hgg.): Homenaje a Pierre Gros (= ROMULA; 2), Sevilla: Seminario de Arqueologia 2003, 260 S., ISSN 1695-4076

Rezension von:
Sven Ahrens
Institut für Archäologie, Kunstgeschichte und Konservation, Universität Oslo
Redaktionelle Betreuung:
Sabine Panzram
Empfohlene Zitierweise:
Sven Ahrens: Rezension von: Pilar León Alonso / Rafael Hidalgo Prieto (Hgg.): Homenaje a Pierre Gros, Sevilla: Seminario de Arqueologia 2003, in: sehepunkte 5 (2005), Nr. 3 [15.03.2005], URL: https://www.sehepunkte.de
/2005/03/6835.html


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Pilar León Alonso / Rafael Hidalgo Prieto (Hgg.): Homenaje a Pierre Gros

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Kaum ein europäisches Land kann mit so vielen archäologischen Zeitschriften aufwarten wie Spanien. Es war von daher zu erwarten, dass auch das Seminar für Klassische Archäologie an der jungen Universidad Pablo de Olavide in Sevilla (seit 1997) kurz nach seiner Gründung eine eigene Zeitschrift ins Leben rufen würde. Diese Zeitschrift erschien erstmals im Jahre 2002 und wurde von ihren Herausgebern Pilar León Alonso und Rafael Hidalgo Prieto 'Romula' getauft - nach dem antiken Namen der Stadt Sevilla, Colonia Julia Romula. Der Name soll einem Hauptziel der Zeitschrift Ausdruck verleihen: der Publikation der archäologischen Forschungen im antiken Sevilla. Bislang verfügte in Sevilla allein das 'Departamento de Historia Antigua' der Universidad de Sevilla über ein Publikationsorgan - 'Habis' -, das allerdings das breite Spektrum aller Altertumswissenschaften bediente. 'Romula' dürfte also für klassische Archäologen von größerem Interesse sein und kann wohl schon jetzt neben den 'Anales de Arqueología Cordobesa' der Universidad de Córdoba für diesen Bereich als wichtigste Zeitschrift Andalusiens gelten. 2003 erschien der zweite Jahrgang, der dem französischen Archäologen Pierre Gros gewidmet ist. Ihn verbindet eine lange intensive Zusammenarbeit mit seinen spanischen Kollegen. Der Band enthält neun spanische und einen italienischen Artikel auf 260 üppig bebilderten Seiten. Wie auch im ersten Band werden vorwiegend Themen der klassischen Archäologie behandelt, wobei sich die Mehrzahl der Beiträge mit römischer Architektur, Bauornamentik und Stadtentwicklung beschäftigt. Dies ist allerdings nicht zwangsläufig als ein Zugeständnis an die Interessengebiete von Pierre Gros zu verstehen, da diese Thematik auch im ersten Band überwiegt. Vielmehr zeichnet sich hier eine Hauptforschungsrichtung der südspanischen Archäologie ab, deren Ergebnisse auch die nächsten Bände von 'Romula' bestimmen dürften.

Der einleitende Artikel von Pilar León untersucht den kulturellen und künstlerischen Austausch zwischen Ionien und der iberischen Halbinsel. Pilar León hat sich bereits in früheren Arbeiten intensiv mit iberischer Plastik auseinandergesetzt. [1] Dementsprechend konzentriert sich die Analyse auf herausragende Beispiele iberischer Skulptur. Sie kommt zu dem Schluss, dass sich von den stetigen Einflüssen des Ostens auf die iberische Kunst besonders die ionischen Einflüsse bemerkbar gemacht hätten. Vor allem sei die iberische Skulptur von archaischen Elementen geprägt, die allerdings auf der iberischen Halbinsel vorwiegend mit großer zeitlicher Verzögerung aufgegriffen und modifiziert wurden. Es folgen zwei Artikel zur Antikenrezeption in Italien, die ebenfalls geeignet sein mögen, einen internationalen Archäologen- und Kunsthistorikerkreis anzusprechen. Zum einen wird dem Interesse nachgegangen, das dem Marcellustheater und anderen Bauten des Marsfeldes im Mittelalter und dann in den antiquarischen Schriften des 16. und 17. Jahrhunderts zuteil wurde. Zum anderen erfahren die antiken Inhalte der manieristischen Fresken des Palazzo della Corgna in Castiglione di Lago eine nähere Beschreibung. Die weiteren Artikel beschränken sich dann allerdings mit einer Ausnahme auf die Archäologie Andalusiens.

Da das antike Sevilla verglichen mit anderen Städten der Region - wie zum Beispiel Italica, Córdoba oder Carmona - recht wenig erforscht ist, ist es außerordentlich erfreulich, dass archäologischen Untersuchungen zu dieser interessanten Stadt in der Zeitschrift besonderes Gewicht beigemessen werden soll. So stellt Carlos Márquez in seinem Beitrag endlich brauchbares Abbildungsmaterial von den Architekturresten in der Calle Mármoles und auf der Alameda de Hércules zur Verfügung. Die bedeutende Architekturdekoration wird hier erstmals genau untersucht und eine stimmige Zuordnung und Herkunftsbestimmung vorgenommen. Ein anderer Artikel berichtet über neueste Ausgrabungsergebnisse: Oliva Rodríguez Gutiérrez und Araceli Rodríguez Azogue legen hervorragend mit ihrer Ausstattung erhaltene Gräber aus einer kaiserzeitlichen Nekropole Sevillas in überzeugenden Zeichnungen und Fotografien vor.

Weitere Beiträge widmen sich der Stadtentwicklung des antiken Córdoba. Da im letzten Jahrzehnt eine Vielzahl solcher Untersuchungen veröffentlicht worden ist, kann Córdoba als wohl eine der best erforschten antiken Städte der Baetica gelten. Die Standortbestimmung des Prätoriums der Stadt im 3. Jahrhundert nach Christus anhand der unpublizierten Inschrift einer Reiterstatue fügt einen weiteren Stein in das Mosaik des antiken Stadtplans. Die zusammenfassenden Bemerkungen zum Tempel in der Calle Claudio Marcelo oder der Stadtentwicklung Italicas vermögen den Leser allerdings kaum noch zu überraschen. Eine Untersuchung über bereits von Carlos Márquez beschriebene und unterschiedlichst datierte Kapitelle in der Mezquita kann als neue Erkenntnis eigentlich nur die hadrianische Datierung bieten, die nun endlich mehr oder weniger einer vielleicht auch antoninischen Datierung nahe kommt. Der Artikel stellt einen Auszug aus der in Vorbereitung begriffenen Dissertation von Antonio Peña Jurado dar, der sich mit der Spolienverwendung in der Mezquita beschäftigt - ein seit Christian Ewert und Jens-Peter Wisshak bereits vielfach aufgegriffenes Thema. [2]

Resümierend muss man dem kleinen Institut in Sevilla ein großes Lob dafür aussprechen, dass es mit 'Romula' eine wichtige Diskussionsplattform für die klassische Archäologie in Andalusien geschaffen hat. Zukünftig würde man sich allerdings eine noch stärkere Konzentration der Beiträge auf Sevilla und die üppigen antiken Städten seiner näheren Umgebung wünschen - gerade auch wegen einer klareren räumlichen Abgrenzung zu den 'Anales de Arqueología Cordobesa'. International mag 'Romula' vielleicht eine untergeordnete Rolle spielen, aber aus einer auf Spanien ausgerichteten archäologischen Fachbibliothek ist die Zeitschrift nicht mehr wegzudenken.


Anmerkungen:

[1] Siehe unter anderen Pilar León: La sculpture des ibères, Paris 1998.

[2] Christian Ewert / Jens-Peter Wisshak: Forschungen zur almohadischen Moschee 1: Vorstufen (= Madrider Beiträge; 9), Mainz 1981. - Zum Beispiel in: Arturo Diaz Martos: Capiteles corintios romanos de Hispania, Madrid 1985; María Angeles Gutiérrez Behemerid: Capiteles romanos de la Península ibérica, Valladolid 1992; Carlos Márquez: Capiteles romanos de Corduba Colonia Patricia, Córdoba 1998.

Sven Ahrens