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Jaromír Balcar / Jürgen Zarusky: Richard Overy: Die Diktatoren. Einführung, in: sehepunkte 6 (2006), Nr. 1 [15.01.2006], URL: https://www.sehepunkte.de
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Richard Overy: Die Diktatoren

Einführung

Von Jaromír Balcar / Jürgen Zarusky

Obwohl diktaturvergleichende, empirisch gesättigte Untersuchungen seit langem als Desiderat der Forschung gelten, haben sich bislang nur wenige Wissenschaftler an eine komparative Analyse der Regime Hitlers und Stalins gewagt. In seinem jüngsten Buch stellt sich Richard Overy, Professor für moderne Geschichte an der Universität von Exeter, dieser Herausforderung. Er erhebt dabei keinen bescheidenen Anspruch: Mit seinem Werk, so der Autor, soll "eine empirische Grundlage für jede Erörterung der Frage, was die Ähnlichkeiten und Unterschiede der beiden Systeme ausmacht, geschaffen" und "eine komparative `operative´ Geschichte der beiden Systeme vorgelegt werden, um die umfassende historische Frage beantworten zu können, auf welche Weise eine persönliche Diktatur eigentlich funktionierte." (18) Das ist eine titanische Aufgabe. Um die beiden Regime unter einer Vielzahl bedeutsamer Perspektiven ins Visier nehmen zu können, musste Overy ein Gebirge aus Quellen und Forschungsliteratur bewältigen - die Bibliographie seines Werkes umfaßt denn auch über 50 Seiten.

Für diese Leistung ist Overy bereits viel Respekt gezollt worden. Sein Buch wurde 2005 mit dem renommierten Wolfson History Prize ausgezeichnet, den zuvor u.a. Ian Kershaw für seine Hitler-Biographie und Antony Beevor für sein Stalingrad-Buch erhalten haben. In Deutschland war das Echo zurückhaltender, jedoch - trotz vereinzelter Einwände - insgesamt ebenfalls sehr positiv. So bezeichnete etwa Hans-Ulrich Wehler in der "ZEIT" das Buch als "beeindruckende Synthese" und attestierte dem Autor "schlechterdings imponierende[…] Sachkunde".

Das Erscheinen eines aufsehenerregenden Buches zu einem fundamentalen, hierzulande seit langem besonders umstrittenen Thema war für das sehepunkte-Team der Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte Anlass genug, ein Forum zu organisieren, in dem vier Rezensenten Overys Werk unter verschiedenen Aspekten beleuchten:

Helmut Altrichter richtet sein besonderes Augenmerk auf die Analyse der Herrschaftsorganisation, Bernhard Chiari auf Alltag, Wirtschaft und Krieg, Leonid Luks hat insbesondere die geistesgeschichtlich-ideologische Dimension im Blick, Jürgen Zarusky die Behandlung der terroristischen Verfolgungssysteme beider Diktaturen. Insgesamt kommen die Rezensenten, die sich durchweg seit langem mit deutscher und russisch/sowjetischer Geschichte befassen, zu einem deutlich kritischeren Urteil, als es bislang in der Presse zu lesen war.

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