Rezension über:

Rudolf Biederstedt: Löhne und Preise in Vorpommern 1500 bis 1627, Schwerin: Thomas Helms Verlag 2005, 210 S., ISBN 978-3-935749-47-3, EUR 42,00
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Rezension von:
Wilfried Reininghaus
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Redaktionelle Betreuung:
Michael Kaiser
Empfohlene Zitierweise:
Wilfried Reininghaus: Rezension von: Rudolf Biederstedt: Löhne und Preise in Vorpommern 1500 bis 1627, Schwerin: Thomas Helms Verlag 2005, in: sehepunkte 6 (2006), Nr. 9 [15.09.2006], URL: https://www.sehepunkte.de
/2006/09/10912.html


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Rudolf Biederstedt: Löhne und Preise in Vorpommern 1500 bis 1627

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Der 1996 verstorbene frühere Greifswalder Stadtarchivar Rudolf Biederstedt hat eine umfangreiche Sammlung von Preisen und Löhnen aus "seiner" Region hinterlassen, die die Historische Kommission für Pommern nun herausgibt. Es handelt sich um 227 Tabellen im Querformat, in denen Werte den Dekaden zwischen 1500 und 1620/27 zugeordnet werden. 1627 wurde deswegen als Schlusspunkt genommen, weil in jenem Jahr die vorschwedische Zeit in Vorpommern endete. Die Preise und Löhne werden offenbar so, wie sie in den Quellen vorgefunden wurden, wiedergegeben. Bei den Löhnen sind einzelnen Berufen bestimmte Leistungen oder Zeitlöhne zugeordnet. Boten erhielten z. B. Laufgeld für eine Meile, Dachdecker wurden wie die meisten anderen hier vertretenen Handwerker tageweise entlohnt. Schneider wurden nach Art der gelieferten Kleidung, Töpfer für das Setzen eines Ofens bezahlt. Bei den Preisen von der Anmietung eines Morgens Ackerland bis zur "Reihe" Zwiebeln ist der Bezug zwischen Ware und Maßeinheit um einiges variantenreicher.

Abgedeckt wird die ganze Palette des alltäglichen Lebens. Allerdings werden nicht alle Waren kontinuierlich abgedeckt. Gelegentlich ist zu einer Ware nur ein einziger Preis in 127 Jahren belegt, während andere Warengruppen (Bier, Brot, Hering, Schafe, Schuhe) breit dokumentiert sind. Ob immer die gleiche Einheit gemessen wurde, ist schwer nachzuprüfen. Die "Kellermiete" für ein Jahr bietet nach Meinung des Rezensenten so viele methodische Probleme, dass dieser Preis besser hätte herausgenommen werden sollen. Denn wie groß waren die miteinander in Beziehung gesetzten Keller? Wahrscheinlich differierte ihre Größe, weshalb auch die Preise erheblich variierten. Auch fällt bei den Schuhpreisen auf, dass sie teilweise auf Kunden, z. B. Arme bzw. Adlige, bezogen waren. Auch hieraus ergeben sich methodische Probleme. Biederstedt räumt ein, dass die von ihm ermittelten Preise für Waren unterschiedlicher Qualität galten. "So ist ein Schiff natürlich nicht gleich Schiff, Haus nicht gleich Haus, Pferd nicht gleich Pferd" (10). Bei näherem Lichte wird der Benutzer des Tabellenwerks bei der Auswertung der nebeneinander präsentierten Daten oft alleine gelassen, zumal Angaben zu den Fundorten von Preisen und Löhnen in den Archiven in den meisten Fällen fehlen. Aus einzelnen Angaben folgt, dass die Masse der Daten aus Rechnungsbüchern von Kirchen, aber auch aus kommunalen Unterlagen oder aus Akten von Korporationen stammt.

In der Einleitung veröffentlicht die Nachlassverwalterin Karin Bratz einige Bemerkungen aus dem Nachlass von R. Biederstedt, der mehrere Aufsätze zum Thema geschrieben sowie 1993 die Monographie "Bürgerkämpfe in Greifswald 1600 bis 1627" veröffentlicht hat. Wichtigste Fakten der Auswertung werden hier benannt: den Kaufkraftschwund der Löhne, die auseinanderklaffende Schere zwischen Preisen und Löhnen, die verstärkte Preissteigerung bei Getreide. Zu einer ausführlicheren Auswertung seiner Materialsammlung ist Biederstedt selbst nicht mehr gekommen. Dies ist zu bedauern, weil so eine Vertiefung oder Überprüfung der einschlägigen Arbeiten, z. B. von Wilhelm Abel über die Konjunkturverläufe des 16. Jahrhunderts, nicht stattfand. Auch ist aufgrund der hier veröffentlichten Daten nicht nachvollziehbar, warum Biederstedt behauptet, die Regionalgeschichte der DDR sei "oft unkorrekt" mit dem Material der historischen Statistik umgegangen (10).

So bedarf es weiterer Forschungen, um die Frage zu klären, wie sich die materielle Lage der Menschen bei sinkenden Reallöhnen gestaltet hat. Hierfür Material geliefert zu haben, ist das Verdienst der vorgelegten Publikation - trotz der genannten methodischen Bedenken.

Wilfried Reininghaus