Mischa Meier (Hg.): Pest. Die Geschichte eines Menschheitstraumas, Stuttgart: Klett-Cotta 2005, 478 S., ISBN 978-3-608-94359-7, EUR 29,50
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Obwohl die todbringende Beulen- und Lungenpest seit über 200 Jahren aus Europa verschwunden ist und dank entsprechender Antibiotika mittlerweile auch medizinisch beherrschbar ist, löst allein das Wort "Pest" noch heute kollektive Ängste aus; die Seuche steht nach wie vor als Chiffre für unkontrollierbare und tödliche Krankheiten. Entsprechend liegen mittlerweile viele einschlägige wissenschaftliche Publikationen zur Geschichte der Pest vor und der Boom an weiteren Neuerscheinungen scheint ungebrochen. Im hier anzuzeigenden vorliegenden Band nun gelang es dem Herausgeber, dem Althistoriker Mischa Meier, einschlägig ausgewiesene Althistoriker, Mediävisten, Neu- und Medizinhistoriker als Experten zu gewinnen (so etwa Klaus Bergdolt, Neithard Bulst, Martin Dinges oder Kay Peter Jankrift und andere), die die großen Pestepidemien in zwanzig Einzelstudien von den altorientalischen Reichen bis ins 20. Jahrhundert beschreiben und analysieren. Die Darstellung umfasst dabei nicht nur die Pestzüge im Römischen Reich und im christlichen Europa, sondern weitet den Blick auch auf Byzanz, den islamischen Raum und die Kolonien der europäischen Mächte im 19. Jahrhundert aus. Nach der Behandlung einzelner Großepochen folgt jeweils ein bilanzierender und perspektivisch angelegter Überblicksbeitrag; zwei Einzelbeiträgen gegen Ende des Bandes geht es speziell um den Niederschlag der Seuche in der bildenden Kunst und in der Literatur.
Insgesamt handelt es sich um einen sehr erfreulichen Beitrag zum Thema, indem durchweg auf der Höhe des Forschungsstandes die große Bandbreite seuchengeschichtlicher Untersuchungen dargelegt wird. So wird auf die demografischen, sozialen, religiösen, kulturellen und politischen Folgen der Pest eingegangen und auch den bislang weniger beachteten Seuchenzügen der Antike und des frühen Mittelalters großer Raum eingeräumt. Da verzichtet wurde, die Beiträge harmonisierend aufeinander abzustimmen, können alle Kapitel auch separat als Einzeluntersuchung sinnvoll gelesen werden, allerdings führt diese Vorgehensweise bei der Gesamtlektüre zu ermüdenden Redundanzen. So verweisen zahlreiche Autoren auf die mittlerweile wohlbekannten Gefahren retrospektiver Diagnosen - eine Problematik, die zudem im einleitenden Beitrag von Karl-Heinz Leven bezogen auf die Pest systematisch und kompetent aufgearbeitet wird. Kritisch anzumerken bleibt schließlich auch, dass die zahlreichen Abbildungen - abgesehen von den Farbtafeln im kunsthistorischen Beitrag Klaus Bergdolts - nicht wirklich durch Qualität beeindrucken können.
Jörg Vögele