Elmer Kolfin: The young gentry at play. Northern Netherlandish scenes of merry companies 1610-1645. Translated from Dutch by Michael Hoyle, Leiden: Primavera Press 2005, 296 S., ISBN 978-90-5997-013-7, EUR 34,50
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Bei den Darstellungen der so genannten Fröhlichen Gesellschaften handelt es sich um ein in den Niederlanden des 17. Jahrhunderts überaus beliebtes Bildthema, das nicht nur in der Malerei ungewöhnlich weite Verbreitung fand, sondern auch im Bereich der Druckgrafik und der Buchillustration seinen festen Platz behaupten konnte. Entsprechend hohe Auflagen und die Produktion von vielfältigen Varianten unterschiedlichster Qualität und Ausrichtung machen die Fröhlichen Gesellschaften daher zu einem sehr vielseitigen und interessanten Forschungsgegenstand, zu dem jedoch erstaunlicherweise bislang keine ausführliche, systematische Untersuchung vorlag. Mit seiner 2002 an der Universiteit Leiden eingereichten und 2005 in englischer Übersetzung publizierten Dissertation hat sich Elmer Kolfin dieses Forschungsdesiderats angenommen.
Bereits das außergewöhnlich reichhaltige und bislang kaum strukturierte Material von heute noch bekannten Gemälden und Illustrationen der Fröhlichen Gesellschaften stellt eine besondere Herausforderung für den Untersuchenden dar. Kolfin grenzt den Forschungsschwerpunkt seiner Arbeiten denn auch sehr sinnvoll auf die nordniederländischen Szenen der Zeit von 1610-1645 ein und konzentriert sich damit auf die Blütezeit dieses Themas in der Malerei. So steht die Untersuchung der Gemäldeproduktion in ihren vielfältigen Facetten im Mittelpunkt und macht den deutlich umfangreichsten Teil der Publikation aus. In insgesamt drei übergeordneten Kapiteln wird das Thema der Fröhlichen Gesellschaft in sehr unterschiedlichen, jedoch sich jeweils aufeinander beziehenden Aspekten ausgeleuchtet. Ergänzt wird dieses Material durch eine ausführliche Bibliografie, einen Index der aufgeführten Maler sowie durch zahlreiche meist schwarz-weiße, teilweise jedoch auch farbige Abbildungen am Ende jedes Kapitels.
Das erste Kapitel widmet Elmer Kolfin der Entstehung und Bildtradition der Fröhlichen Gesellschaften, die in der Zeit von 1580-1610 als Motiv in der Malerei, vor allem jedoch auch in der Grafik aufblühten. Anhand ausgewählter Beispiele beschreibt er die Integration der Fröhlichen Gesellschaften in neue profane Themen, biblische Sujets oder Allegorien und skizziert ihre Entwicklung von einem untergeordneten Element des Hintergrunds zum Hauptmotiv im Vordergrund. Die sehr komplexe und weit verzweigte Bildtradition fasst Kolfin schließlich zu drei übergeordneten Entwicklungssträngen zusammen: die idealisierende, moralisierende und satirische Darstellungsform. Mit einer abschließenden Diskussion zu den Unterschieden in der Darstellung in den nördlichen und südlichen Niederlanden bis 1610 eröffnet er die Perspektive für das folgende Kapitel der Arbeit, das sich explizit mit den nördlichen Niederlanden zwischen 1610-1645 befasst.
Hier skizziert der Autor zunächst die ikonographische und stilistische Entwicklung der Fröhlichen Gesellschaften; er beschreibt übersichtlich die künstlerische Entwicklung der jeweiligen Maler, ihre Erfindungen und Neuerungen. Dies geschieht in kurzen, prägnanten Ausführungen, die die gegenseitigen Einflüsse und die Charakteristika der einzelnen Künstler, aber auch die Ausrichtungen und Spezialisierungen der verschiedenen Städte gut aufzeigen. Im Anschluss wird der Produktionsprozess der Fröhlichen Gesellschaften mit seinen für dieses Thema so typischen Methoden der Wiederholung, der Variation und Kombination erläutert. Eine erste Analyse der unterschiedlichen Maltechniken ergänzt schließlich den Abschnitt zur Werkstattpraxis und leitet über zu der Frage nach Verkauf, Besitz und Hängung von Fröhlichen Gesellschaften. Wie Kolfin im Folgenden zeigen kann, war der Markt für jene Gemälde deutlich lokal orientiert und bediente meist das mittlere Marktsegment, zu dem die städtische Mittelschicht und das gehobene Bürgertum gehörten.
In dem letzten, abschließenden Kapitel, setzt sich Elmer Kolfin mit dem Thema der Fröhlichen Gesellschaften in der Buchillustration zwischen 1600-1650 auseinander. Hier erforscht er die unterschiedliche Form der Einbindung und Ausdeutung von Darstellungen der Fröhlichen Gesellschaften im Kontext verschiedener Literaturformen. Neben illustrierten Liedbüchern, widmet er sich sowohl der Emblemliteratur als auch didaktischen Büchern mit Illustrationen. Diese untersucht er auf ihre jeweils spezifischen sozialen und moralischen Aussagen und diskutiert, inwiefern hier noch die im ersten Kapitel herausgearbeiteten idealisierenden, moralisierenden und satirischen Tendenzen zu erkennen sind.
Elmer Kolfin gelingt in seiner Arbeit das Kunststück, zu dem sehr umfassenden, materialreichen Thema der Fröhlichen Gesellschaften einen gelungenen Überblick sowohl zur Bildtradition und der chronologischen Entwicklung, als auch zu produktionstechnischen oder literarischen Aspekten zu entwerfen. Besonders wichtig für die Einordnung des Themas der Fröhlichen Gesellschaften in den kulturellen Kontext der Niederlande des 17. Jahrhunderts ist dabei die Behandlung der verschiedenen Medien (Malerei, Druckgrafik und Buchillustration), in denen das Thema Verbreitung fand. Dass der Autor auf diese Weise zu interdisziplinären Ergebnissen kommt, die keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben können, sondern in diesem Zusammenhang nur einen bestimmten inhaltlichen Aspekt anreißen und beleuchten, ist selbstverständlich. In einigen Fällen, etwa der Frage nach Mechanismen des Kunstmarktes und maltechnischen Vorgängen, müssen seine Untersuchungen beschränkt bleiben. Zu Recht verweist er mit diesen sehr interessanten Ansätzen jedoch auf aktuelle Forschungsbereiche mit großem Entwicklungspotenzial.
Mit insgesamt 222 Vergleichsabbildungen ist die Publikation ungewöhnlich reich ausgestattet und spiegelt gut die enorme Bilderflut wieder, die eine Bearbeitung dieses Thema mit sich bringt. An dieser Stelle wäre es jedoch schön gewesen, die zahlreichen Abbildungen nicht an das Ende eines jeden Kapitels zu setzen, sondern begleitend in den Text einzufügen. Zusammen mit den nochmals an anderer Stelle gebündelten Farbabbildungen nötigt diese Handhabung dem Leser teilweise lästiges Blättern auf, um die vielen im Text genannten Bildvergleiche nachvollziehen zu können.
Beginnt das erste Kapitel zu den bildlichen Vorläufern des 16. Jahrhunderts noch etwas trocken und nüchtern, so entwickelt sich der Text sprachlich und wird zunehmend flüssiger. Je weiter sich der Autor seinem eigentlichen Thema, nämlich den Fröhlichen Gesellschaften des 17. Jahrhunderts in den nördlichen Niederlanden nähert und je mehr eigene Betrachtungen er einbringen kann, desto spannender und anregender werden seine Ausführungen. Er liefert frische Beobachtungen, die er verständlich und nachvollziehbar darlegt, sodass man sich als Leser bereichert, jedoch nicht belehrt fühlt. Die Publikation darf daher als sehr gelungenes und zu empfehlendes Buch bezeichnet werden, dem es gelingt, trotz ausführlicher, detailreicher Darlegungen nie den roten Faden zu verlieren und auf diese Weise einen fundierten Überblick mit interessanten, weiterführenden Forschungsansätzen zu dem Thema der Fröhlichen Gesellschaft zu liefern.
Katja Kleinert