Karlheinz Blaschke (Hg.): Geschichte der Stadt Dresden. Band 1: Von den Anfängen bis zum Ende des Dreißigjährigen Krieges, Stuttgart: Theiss 2005, 767 S., 150 Farbabb., ISBN 978-3-8062-1906-7, EUR 49,90
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Reiner Gross / Uwe John (Hgg.): Geschichte der Stadt Dresden. Band 2: Vom Ende des Dreißigjährigen Krieges bis zur Reichsgründung, Stuttgart: Theiss 2006, 861 S., 372 Abb., 8 Karten, ISBN 978-3-8062-1927-2, EUR 49,90
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Holger Starke (Hg.): Geschichte der Stadt Dresden. Band 3: Von der Reichsgründung bis zur Gegenwart, Stuttgart: Theiss 2006, 976 S., 366 Abb., ISBN 978-3-8062-1928-9, EUR 49,90
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Michele C. Ferrari (Hg.): Vil guote Buecher zuo Sant Oswalden. Die Pfarrbibliothek in Zug im 15. und 16. Jahrhundert, Zürich: Chronos Verlag 2003
Erich Klibansky / Klaus Schäfer (Hgg.): Die Rechnungen der mainzischen Kellerei Amöneburg aus dem 14. Jahrhundert, Marburg: Historische Kommission für Hessen 2019
Bernhard Glasauer: Herzog Heinrich XVI. (1393 - 1450) der Reiche von Bayern-Landshut. Territorialpolitik zwischen Dynastie und Reich, München: Utz Verlag 2009
Karlheinz Blaschke (Hg.): Moritz von Sachsen - Ein Fürst der Reformationszeit zwischen Territorium und Reich. Internationales wissenschaftliches Kolloquium vom 26. bis 28. Juni in Freiberg (Sachsen), Leipzig: Sächsische Akademie der Wissenschaften 2007
Reiner Groß: Geschichte Sachsens, Berlin: Edition Leipzig 2001
Die urkundliche Ersterwähnung der Stadt Dresden am 31. März 1206 bot im vergangenen Jahr den Bürgern der sächsischen Landeshauptstadt vielfältige Gelegenheit, das Jubiläum "800 Jahre Dresden" zu feiern. Entsprechende Jubiläen der Ersterwähnung oder sogar der Gründung (was allerdings im Falle Dresdens nicht zutrifft) bietet der Stadtgeschichtsforschung allenthalben Gelegenheit, Bilanz zu ziehen und eine größere stadtgeschichtliche Gesamtdarstellung vorzulegen. In den letzten beiden Jahrzehnten sind aus diesem Anlass beispielsweise Stadtgeschichten von Berlin, Freiburg im Breisgau, Münster, Würzburg und Halle erschienen.
Der Trend geht zur zwei- bis dreibändigen Gesamtdarstellung, eine Aufgabe allerdings, die mittlerweile nicht mehr von einem einzelnen Autor, sondern nur noch von einer größeren Arbeitsgruppe zu bewältigen ist. Hier schlägt sich der seit einigen Jahrzehnten von der deutschen und europäischen Forschung erreichte Professionalisierungsgrad in der Stadtgeschichte nieder, und dies ist umgekehrt auch in den Konzepten der neueren Stadtgeschichten ablesbar, in denen das Streben nach einer stringenten Gesamtdarstellung immer stärker hinter dem Bemühen zurücktreten muss, die eine Geschichte der Stadt in einem breiten Fächer facettenreicher Einzelbeiträge zu entfalten. Entsprechend treten neben den oder die Stadt- und Landeshistoriker als Autor(en) weitere Vertreter vielfältiger Teildisziplinen der Geschichtswissenschaft, aber auch der historisch arbeitenden Nachbarfächer.
Moderne Stadtgeschichte lässt sich nur multiperspektivisch und multidisziplinär darstellen. Die Probleme liegen dabei nicht nur auf der fachlich-methodischen Ebene, denn der wachsende Professionalisierungsgrad der Stadtgeschichtsforschung steht zwangsläufig in einem Spannungsverhältnis zu dem hohen und legitimen Anspruch, aus Anlass eines Stadtjubiläums die Geschichte des bürgerlichen Gemeinwesens auch für breitere Leserkreise, die vielbeschworene interessierte Öffentlichkeit, in einer interessanten und anschaulichen Weise darzulegen. Man sollte dieses Problem nicht unter- oder geringschätzen. Von einigen zeitgeschichtlichen Themensegmenten einmal abgesehen gehören Stadtgeschichten wohl zu jenem historischen Genre, das überhaupt noch größere Leserkreise außerhalb der geschichtswissenschaftlichen Zunft zu erreichen vermag.
Auf dem hier skizzierten schmalen Grad zwischen wissenschaftlichen und öffentlichen Leseinteressen muss sich auch die monumentale Geschichte der Stadt Dresden bewegen und bewähren. Das dreibändige Werk wurde, und schon das kann schon nicht hoch genug angerechnet werden, "im Auftrag der Stadt Dresden" herausgegeben. Zu diesem Zweck hat sich bereits 1994 eine größere Arbeitsgruppe von Vertretern der Stadt, der dortigen kulturellen Institutionen und der Wissenschaft konstituiert. Nur auf einer solchen breiten Grundlage lässt sich eine Stadtgeschichte wie die vorliegende von langer Hand heute noch mit einem präsentablen Ergebnis schaffen. Dreierlei ist dabei entscheidend, und insofern kann die Entstehungsgeschichte der "Geschichte der Stadt Dresden" als Modellfall für künftige Jubiläen anderer Städte verstanden werden: 1. muss die Stadt ein solches Vorhaben organisatorisch fördern und finanzieren; 2. müssen die Vorbereitungen rechtzeitig beginnen, um immer bestehende Forschungslücken und -desiderata zu bewältigen, und 3. bedarf es klarer herausgeberschaftlicher Zuständigkeiten, um einen größeren Autorenkreis zusammenzuführen.
Die Dresdner Arbeitsgruppe "Stadtgeschichte Dresden 2006" hat seit 1995 zweimal jährlich getagt und die inhaltliche Erarbeitung der Stadtgeschichte begleitet. Entscheidend war dabei "die konzeptionelle Festlegung der Stadtgeschichte auf eine chronologisch ausgerichtete Darstellung in drei Bänden, die Vergabe von Stipendien für stadtgeschichtliche Forschungsarbeiten (insgesamt 65), die Gewinnung von Herausgebern und Autoren, die Findung eines geeigneten Verlages, die Durchführung jährlicher Kolloquia zu einem stadtgeschichtlichen Schwerpunktthema, die Festlegung des Zeitplanes" (Band 1, 13). Wie der Blick auf das Erscheinen der drei Dresden-Bände zeigt, hat sich diese langfristige Planung bestens bewährt. Band 1 ist 2005 herausgekommen, die Bände 2 und 3 sind im Jubiläumsjahr 2006 gefolgt.
Als Herausgeber des ersten Bandes zeichnet Karlheinz Blaschke verantwortlich, zuletzt Inhaber des Lehrstuhls für sächsische Landesgeschichte an der TU Dresden, als Kenner der sächsischen Landesgeschichte, aber auch als Stadthistoriker seit Jahrzehnten auf vielen Gebieten ausgewiesen. Seine klar konturierte Einleitung zum Band 1 ("Die Stadt in ihrer Geschichte") skizziert nicht nur die Etappen der Dresdner Stadtgeschichtsforschung, sondern schlägt am Ende mit dem Hinweis auf die Frauenkirche auch den Bogen von der Frühzeit der Stadt zur Gegenwart, konnte diese älteste Kirche der Stadt doch als Glanzpunkt der Dresdner Wiederaufbaumaßnahmen im Jubiläumsjahr 2006 wieder vollendet werden; somit umschließt die Frauenkirche tatsächlich ein Jahrtausend Dresdner Stadtgeschichte.
Der erste Band der Stadtgeschichte muss den Bogen vom frühen Mittelalter bis zum Dreißigjährigen Krieg schlagen, kurzum auch fast ein Jahrtausend Stadtgeschichte behandeln. Chronologisch ist der Band in zwei große Abschnitte untergliedert, nämlich "Frühgeschichte und Mittelalter" sowie "Die Renaissancestadt 1547-1648". Es versteht sich aber von selbst, dass sich unterhalb dieser chronologischen Gliederung ein breites Spektrum von Themenabschnitten entfaltet, das hier nur stichwortartig benannt werden kann: Vor- und Frühgeschichte der Dresdner Landschaft aus archäologischer Sicht; die Landschaft Nisan (der Dresdner Talkessel) vom 10. bis 12. Jahrhundert; die Anfänge Dresdens; die Dresdner Burg im Mittelalter, Wirtschaft und Verfassung; Kirche, geistliches Leben und Schulwesen im Spätmittelalter; Architektur und Bildende Kunst; die Stadt als Lebenseinheit im späten Mittelalter; Musikkultur Dresdens bis 1539.
Im zweiten Teil über die Renaissancestadt schreitet die Betrachtung von der Bürgerstadt über den Weg zur Residenzstadt bis zum Thema Kirche und Frömmigkeit im 16. und frühen 17. Jahrhundert fort; als weitere Themenbereiche sind wiederum Architektur und Bildende Künste, dann Kultur, Kunst und Bildung, weiter Armen- und Bettelwesen und schließlich das Kapitel über die Lebensbedingungen unter dem Einfluss des Dreißigjährigen Krieges zu nennen. Dabei sind die genannten Kapitel durchweg noch weiter untergliedert und vielfach auch von wechselnden Autoren verfasst worden. Insgesamt haben 19 Autoren am ersten Band mitgewirkt.
Der zweite Band der Stadtgeschichte reicht von 1648 bis 1870/71 und umfasst in der Mitte das Augusteische Zeitalter Sachsens, das vor allem in Dresden gerne als Glanzzeit der Stadt bezeichnet wird. Unstrittig ist, dass die kursächsische Residenzstadt in den Jahrzehnten um 1700 jenes barocke Gepräge erhalten hat, das heute noch - trotz schwerster Kriegszerstörungen 1945 und gravierender Abrissmaßnahmen in der DDR-Zeit - geeignet ist, Touristenströme in die Elbmetropole zu ziehen.
Mit der Herausgeberschaft wurde Reiner Groß betraut, der als Direktor des Sächsischen Hauptstaatsarchivs in Dresden und seit 1994 als mittlerweile pensionierter Professor für Regionalgeschichte Sachsens an der TU Chemnitz in vielfältiger Weise mit der frühneuzeitlichen Landes- und Stadtgeschichte vertraut ist. Wie schon im ersten Band hat auch hier der Herausgeber längere Abschnitte zur Bearbeitung übernommen, doch ist dieser Band insgesamt das Gemeinschaftswerk von 21 Autoren.
Diesmal folgt das chronologische Darstellungsprinzip drei Großabschnitten, nämlich: Residenz von europäischem Rang 1648-1763; Der Weg in das bürgerliche Zeitalter 1763-1830; Von der Residenz zur Großstadt 1830-1871. Besser als im Mittelalterteil ist es nun möglich, innerhalb dieser Großkapitel zunächst einmal einen historischen Gesamtabriss der Stadtgeschichte zu bieten; diese Abschnitte wurden jeweils vom Herausgeber verfasst. Dann schließen sich weitere Unterkapitel an, die stärker thematisch ausgerichtet sind: Ratsregiment und Stadtverwaltung; Handwerk, Manufaktur und Handel; Kirche und Religion; Städtisches und landesherrliches Bauen; Kunst, Kultur und Bildung; Leben in der Stadt bzw. Alltagsleben. Dieses Darstellungsprinzip wird in allen drei Epochenabschnitten durchgehalten, sieht man einmal davon ab, dass im Anschnitt 1830 bis 1871 als neuer Aspekt die Darstellung des technischen Fortschritts und der industriellen Entwicklung hinzukommen.
Mit besonderen Erwartungen nimmt man den dritten Band über die Zeit von der Reichsgründung bis zur Gegenwart in die Hand, ist dies doch der Abschnitt der Dresdner Stadtgeschichte, der bislang am schlechtesten erforscht ist, der auf der anderen Seite aber auch die brisantesten und düstersten Kapitel der Stadtgeschichte umspannt: nationalsozialistische und kommunistische Diktatur, und dazwischen die dramatische Zäsur der großflächigen Zerstörung des Stadtzentrums am 13. Februar 1945. Der für diesen Band verantwortliche Holger Starke ist im Herausgeberkreis der Stadtgeschichte der Jüngste, arbeitet als Kustos für Wirtschafts- und Gesellschaftsgeschichte am Stadtmuseum Dresden und hat diverse Veröffentlichungen zur neueren Geschichte der Stadt vorgelegt. Die Forschungsprobleme lassen sich am überbordenden Autorenverzeichnis ablesen: Insgesamt haben 46 Wissenschaftler zu diesem Band beigesteuert, der deshalb notgedrungen der disparateste innerhalb der Bandfolge sein muss.
Allerdings ist es dem Herausgeber gelungen, dem Band gleichwohl eine insgesamt stringente Gliederung zu geben, die diesmal vier Epochenabschnitten folgt: Dresden im Kaiserreich 1871-1918; Von der Weimarer Republik bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges; Vom Ende des Zweiten Weltkrieges bis zur Wiederbegründung des Freistaates Sachsen 1945-1990; Landeshauptstadt im Freistaat Sachsen 1990-2006. Ebenso wie im zweiten Band werden die Epochenkapitel zunächst durch einen historischen Gesamtabriss eröffnet, um dann zu den spezielleren Themen überzugehen: Politik, Verfassung und Verwaltung; Verkehrs- und Wirtschaftsentwicklung; Stadtentwicklung und Architektur; Kirche und Religion; Kultur; Bildung und Wissenschaft; Lebenswelten bzw. Alltag.
Bei näherer Betrachtung zeigt sich, dass auch hier ein Konzept zugrunde liegt, das durchaus auf Vergleichbarkeit zwischen den Epochenabschnitten zielt. Selbstverständlich werden aber auch besondere thematische Akzente gesetzt, beispielsweise, wenn im Abschnitt 1871 bis 1918 das Reformzentrum Dresden behandelt wird, oder im folgenden Abschnitt die Gauhauptstadt im 'Dritten Reich'. Mit besonderer Spannung liest man natürlich den Abschnitt über die Zerstörung Dresdens im Bombenkrieg, wobei die Darstellung der Kriegsjahre und des Bombenkrieges auf knapp 20 Druckseiten geschickt mit Ausführungen zur Dresdner Erinnerungskultur bis in die jüngste Zeit verbunden werden.
Die DDR-Zeit beansprucht gut 200 Druckseiten und bietet damit die erste umfassende Darstellung dieser Jahre, in denen - das zeigen die Ausführungen über Stadtentwicklung und Denkmalpflege - zahllose städtebauliche Fehlentscheidungen getroffen wurden, die bis heute das Bild der Stadt hinter der wiedererstandenen barocken Elbfassade prägen. Nicht dies sind freilich die letzten thematischen Akzente, die diese Stadtgeschichte prägen, sondern der unglaubliche Aufschwung, man könnte fast sagen, die Wiedergeburt der Stadt Dresden nach der Friedlichen Revolution von 1989 (die allerdings nicht, so 791, "von Dresden und Leipzig", sondern eben von Leipzig und Dresden, und auch manchen anderen Städten ausging), für die auch diese dreibändige Stadtgeschichte ein beeindruckendes Zeugnis darstellt.
Angesichts des gewaltigen Umfangs dieser Stadtgeschichte, die insgesamt über 2600 Druckseiten mit weit über 1000 Abbildungen, Graphiken und Karten umfasst, wäre es unangemessen, einzelne Versehen oder thematische Lücken zu monieren. Vielmehr muss betont werden, dass es den Herausgebern und Autoren insgesamt gelungen ist, innerhalb des vorgegebenen chronologischen Konzepts, das ich grundsätzlich für die beste Lösung halte, eine facettenreiche, gleichwohl nicht in Beliebigkeit ausufernde Stadtgeschichte vorzulegen. Ein Lesebuch in den Händen der Dresdner Bürger dürfte dieses Werk schwerlich werden, auch wenn sich die Herausgeber bemüht haben, den Fluss der Darstellung durch Schlaglichter, kleinere thematische Darstellungen, die bestimmte Aspekte vertiefend behandeln, aufzulockern, vor allem aber, die drei Bände durchgehend und reichhaltig zu bebildern.
Gleichwohl, es handelt sich um eine wissenschaftliche Stadtgeschichte, wie nicht zuletzt der Blick in den umfangreichen Anmerkungsteil zeigt, der aber an das Ende der Bände verbannt wurde, was vielleicht die Lesbarkeit, gewiss aber nicht die Benutzbarkeit der Bände erhöht. Bleibt nur noch zu erwähnen, dass alle drei Bände sowohl durch Personenregister (mit Lebensdaten!) als auch durch Ortsregister erschlossen werden, wobei das Stichwort Dresden stets besonders detailliert aufgeschlüsselt wird.
Eines bleibt noch nachzutragen: Neben den Herausgebern, die für das Konzept verantwortlich zeichnen, und den Autoren, die das Konzept dann mit Inhalt füllen, ist ein wissenschaftlich ausgebildeter Redakteur unverzichtbar; in diesem Falle war dies Uwe John, ohne dessen Erfahrung als Lektor und Historiker diese voluminöse Stadtgeschichte nicht die bei allen thematischen und konzeptionellen Variationen doch einheitliche Prägung erhalten hätte. Das Erscheinen dieser drei Bände dürfte für die Stadt Dresden die schönste Bestätigung dafür gewesen sein, wie sinnvoll es war, langfristig in die Erarbeitung dieser Stadtgeschichte zu investieren. Es ist die beste und umfassendste Stadtgeschichte, die bislang über eine Stadt in Mitteldeutschland vorgelegt worden ist. Die Geschichte der Stadt Dresden setzt Maßstäbe, nicht nur in Sachsen!
Enno Bünz