Rezension über:

Sven Pflefka: Das Bistum Bamberg, Franken und das Reich in der Stauferzeit. Der Bamberger Bischof im Elitengefüge des Reiches 1138-1245 (= Veröffentlichungen der Gesellschaft für fränkische Geschichte. Reihe IX: Darstellungen aus der fränkischen Geschichte; Bd. 49), Würzburg: Gesellschaft für fränkische Geschichte 2005, 442 S., 7 Abb., ISBN 978-3-7686-9307-3, EUR 36,00
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Rezension von:
Gerhard Lubich
Fakultät für Geschichtswissenschaft, Ruhr-Universität Bochum
Redaktionelle Betreuung:
Jürgen Dendorfer
Empfohlene Zitierweise:
Gerhard Lubich: Rezension von: Sven Pflefka: Das Bistum Bamberg, Franken und das Reich in der Stauferzeit. Der Bamberger Bischof im Elitengefüge des Reiches 1138-1245, Würzburg: Gesellschaft für fränkische Geschichte 2005, in: sehepunkte 7 (2007), Nr. 11 [15.11.2007], URL: https://www.sehepunkte.de
/2007/11/10937.html


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Sven Pflefka: Das Bistum Bamberg, Franken und das Reich in der Stauferzeit

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Wer bei einem ersten Blick auf den Titel des anzuzeigenden Werkes meint, es handle sich dabei lediglich um eine "einfache" Institutionsgeschichte, sieht sich schnell getäuscht. Pfelfkas Arbeit ist mehr, genau genommen dreimal soviel: Wie im Titel angeführt, geht es um die Untersuchung nicht allein einer Institution, sondern dreier Faktoren und deren gegenseitige Abhängigkeiten. Thematisiert wird in dieser Bamberger Dissertation des Jahres 2004 die Wechselbeziehung zwischen Reichspolitik, Bischofsherrschaft und regionalen Verhältnissen. Gewiss steht dabei das Bistum als Institution sowohl im Reichsgefüge als auch als Machtzentrum "vor Ort" in der Regel im Schnittpunkt; doch kann durch den gewählten Betrachtungswinkel - und dies macht den Reiz der vorliegenden Untersuchung aus - durch die immer mögliche Verkettung regionaler Elemente mit dem Königtum eine Art dreidimensionaler Eindruck entstehen, bei dem jeweils jeder einzelne Faktor Einfluss auf den anderen nimmt.

Wie bewältigt der Autor nun darstellerisch den dafür notwendigen Dreisprung? Dem Inhaltsverzeichnis nach scheint dem regionalen Aspekt, der Ortsgebundenheit des Geschehens also, ein Vorrang eingeräumt zu werden, lautet die Überschrift des ersten Kapitels doch "Franken: Königslandschaft - Stauferlandschaft" (1-14). Allerdings finden sich in diesem Abschnitt lediglich einige wenige grundlegende Bemerkungen zu den regionalen Voraussetzungen (Grobgliederung der Herrschaftsverhältnisse, Nomenklatur auf 2 ff.); vielmehr findet der Verfasser hier den Ort, Zielsetzung, Untersuchungsfeld, Quellengrundlage und Vorgehensweise zu umreißen. Ebenso wird auf die Gewichtung von erzählenden und urkundlichen Quellen eingegangen, Begrifflichkeiten wie etwa "Hof" und "Hoftag" werden problematisiert sowie die Aussagekraft des königlichen Itinerars kritisch hinterfragt, zumal dieses "nicht unbedingt vom Wollen des Herrschers, sondern von den politischen Gegebenheiten und Notwendigkeiten bedingt ist" (12). Damit wird deutlich, dass der Verfasser weniger von der prägenden Macht Einzelner (Könige wie Bischöfe oder Adlige) ausgeht, sondern vielmehr von einer - allerdings nicht eigens thematisierten oder gar analysierten - gegenseitigen Bedingtheit des jeweiligen Handelns.

Entsprechend dieser Vorgaben erfolgt nun die Durchführung, die sich denjenigen Aspekten widmet, bei denen dieses Miteinander kenntlich wird. Wenngleich hierfür Prozesse von einer gewissen Dauer am ehesten aussagekräftig scheinen, beginnt der Hauptteil der Arbeit mit dem, was der Verfasser zu Recht als "Ausnahmeereignisse und -zeiten im politischen Leben der Ortskirche und des Reiches" gewertet hat (7 f.): Die Bischofs- und Königswahlen mit den jeweils gegenseitigen Einflussnahmen (entweder des Königs bei einer Bamberger Bischofswahl oder umgekehrt eines Bamberger Bischofs bei einer Königswahl); diese werden in vergleichsweise knapper Darstellung in den Kapiteln II (15-38) und III (39-73) ausgeführt, wobei die nuancierte Wertung des Andechser Einflusses auf die Bistumsgeschichte (Kapitel II. 2, 29-38) Quellenkenntnis, Weitblick und ein auch ansonsten deutlich werdendes sicheres Urteil zeigen. Es folgt der längste eigenständige Teil (74-201), der sich der wechselvollen Geschichte des Bamberger "Bischofs im Reichsdienst" widmet, die entlang bereits im Titel treffend resümierender Unterüberschriften entwickelt wird. Anhand einiger der wichtigsten Wegstationen der Reichsgeschichte entsteht dadurch ein aus Bamberger Perspektive gezeichnetes Bild der staufischen Regierungszeit, das in seiner darstellerischen Geschlossenheit überzeugt, ohne dabei zu einigen offenen Forschungsfragen neue Meinungen entwickeln zu müssen (wenn beispielsweise bei der Frage nach dem Bamberger Königsmord nach kluger Darlegung und Abwägung der Quellen festgehalten wird, dass "kein Grund besteht, die traditionelle Forschungsmeinung ... zu verlassen", 183). Konsequent folgt nun der Gegenpart: "Der König in Bamberg", wobei die Frage nach den wechselnden Herrschaftsschwerpunkten der staufischen Herrscher auch mit Unterstützung zahlreicher Itinerarkarten behandelt wird (202-237). Die spezifische Berücksichtigung des lokalen Rahmens, die gleichsam das Dreieck schließt, geht unter dem Titel "Fränkische Profile" auf 90 Seiten (238-328) einer Reihe im Zusammenhang mit Bamberg immer wieder behandelten Fragen und Themenkomplexen nach, die jedoch nunmehr in dem bislang entwickelten Rahmen eingefügt werden. Zur Sprache kommen etwa die kirchenrechtliche Sonderstellung Bambergs (die ja bereits um die Wende zum 12. Jahrhundert betrieben wurde), die Bamberger Heiligen, das mitunter prekäre Verhältnis zu Würzburg sowie der "Bambergs Beitrag zur politischen Theorie im 12. Jahrhundert", eine Ergänzung zur Debatte um den honor (wobei sich an der Darstellung die Petitesse kritisieren ließe, dass z.T. unverhältnismäßig lang erscheinende Abschnitte aus Rahewins Teil der Gesta Frederici sowohl in Übersetzung als auch im Original angeführt werden, was mehr Raum als nötig beansprucht). Das Buch schließt mit einer Momentaufnahme "Am Konzil von Lyon", eine jeweils in reichs-, bistums- und landesgeschichtlicher Sicht zu begründende Zäsur, die neben einer Bestandsaufnahme zugleich für eine kurze Zusammenfassung und einen Ausblick genutzt wird.

Alles in allem bietet das vorliegende Buch eine glückliche Mischung aus solider, quellengestützter Arbeit, einem erfolgreich durchgeführten innovativen Ansatz sowie - auch dies darf nicht unerwähnt bleiben - klarer Gliederung und Diktion. Zu wünschen wäre dem Werk, dass es eben nicht als "nur" landesgeschichtliche Fundgrube betrachtet wird, sondern dass es vielleicht als Anstoß für eine Reihe ähnlicher Betrachtungen dient, durch die dann eine neue Form des Vergleichs zwischen verschiedenen Regionen und Bistümern und deren Beziehungen zum Königtum möglich würde. Zu beachten wäre dabei wohl, dass in Anbetracht der durch die späte Gründung Bambergs gegebenen Verhältnisse die "regionale" Komponente, das heutige Oberfranken, im Unterschied zu anderen Bistümern nicht mit der Diözese des untersuchten Bistums identisch war. Dies lässt eine besondere Positionierung Bambergs im regionalen Kontext und den herrschenden Machtverhältnissen vermuten, die wesentlich stärker als andernorts auch ohne Bindung an das Bistum entstanden waren, von ihm unabhängig blieben oder in Abgrenzung wirksam wurden. Doch ist diese Hypothese allein ein Vorgriff auf Untersuchungen, die noch zu erfolgen hätten. Pflefkas Werk könnte hierfür, wie gesagt, einen Anstoß bieten.

Gerhard Lubich