Rezension über:

Jochen A. Fühner: Kaiser Maximilian I. und die Juden in den österreichischen Erblanden (= Mitteleuropäische Studien; Bd. 1), Gabriele Schäfer Verlag 2007, 136 S., ISBN 978-3-933337-46-7, EUR 16,50
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Rezension von:
Ingeborg Wiesflecker-Friedhuber
Institut für Geschichte, Karl-Franzens-Universität, Graz
Redaktionelle Betreuung:
Stephan Laux
Empfohlene Zitierweise:
Ingeborg Wiesflecker-Friedhuber: Rezension von: Jochen A. Fühner: Kaiser Maximilian I. und die Juden in den österreichischen Erblanden, Gabriele Schäfer Verlag 2007, in: sehepunkte 8 (2008), Nr. 9 [15.09.2008], URL: https://www.sehepunkte.de
/2008/09/13592.html


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Jochen A. Fühner: Kaiser Maximilian I. und die Juden in den österreichischen Erblanden

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Jochen A. Fühner behandelt das Verhältnis Kaiser Maximilians zu den Juden in den österreichischen Erblanden, wobei er sich fast ausschließlich auf die niederösterreichische Ländergruppe (die heutigen Bundesländer Wien, Niederösterreich, Oberösterreich, Steiermark, Kärnten und auf Krain) beschränkt und die oberösterreichische mit Tirol, Vorarlberg und den österreichischen Vorlanden nicht berücksichtigt. Selbstverständlich muss dabei eingeräumt werden, dass die Juden in der Zeit Maximilians hier eine wesentlich geringere Rolle spielten als in den niederösterreichischen Ländern.

Einschränkend muss gesagt werden, dass es sich nicht um eine Untersuchung aufgrund neuer primärer Quellen handelt, sie beruht vielmehr auf gedruckten Quellen und der wissenschaftlichen Literatur. Gleichwohl versucht der Autor, Fragestellungen nachzugehen, die bisher nicht so stark im Mittelpunkt standen, wie etwa, ob sich Maximilian für die jüdische Religion interessierte oder wie er zum Antijudaismus der Zeit stand.

Der Autor bietet eine sehr ausführliche Vorgeschichte, die ungefähr die Hälfte des Werkes ausmacht. Er holt weit aus von den Anfängen jüdischer Siedlungen in Österreich, dem heutigen Niederösterreich sowie der Steiermark und arbeitet dann knapp aber gut verständlich das Verhältnis der einzelnen österreichischen Herrscher zu den Juden in ihren Ländern heraus. Beginnend mit dem letzten Herzog aus der Familie der Babenberger, Friedrich II. dem Streitbaren, der mit seiner Judenordnung die Weichen für die folgenden Jahrhunderte stellte, behandelt er dann die frühen Habsburger Rudolf I., Albrecht I., Albrecht II., Rudolf den Stifter und seine Nachfolger bis hin zur Wiener Gesera, dem furchtbarsten Pogrom im mittelalterlichen Österreich. Kaiser Friedrich III., der den Zeitgenossen als Judenfreund galt, ist dann ein eigenes Kapitel gewidmet, in dem es im Wesentlichen nur um die Wiederansiedlung von Juden in Österreich geht, wobei aber merkwürdigerweise die langwierigen Auseinandersetzungen Friedrichs III. mit den steirischen Ständen über die Judenfrage fast völlig fehlen, die für das Verhältnis dieses Herrschers zu den Juden doch sehr interessant wären.

Im Zentrum der Arbeit stehen die Beziehungen Maximilians I. zu den Juden in seinen "Erbländern". Breiten Raum nimmt die Darstellung der schon mehrfach untersuchten Vertreibung der Juden aus Steiermark und Kärnten ein. Sehr eingehend beschäftigt sich Fühner mit dem weiteren Schicksal der vertriebenen Juden und der Wiederansiedlung eines Großteiles von ihnen im Osten Niederösterreichs und im westungarischen Grenzraum und den daraus resultierenden Problemen Maximilians mit den niederösterreichischen Ständen.

Detailliert befasst sich der Autor in einem eigenen Kapitel auch mit den Geschäftsbeziehungen Maximilians mit einzelnen Juden, insbesondere mit dem Juden Hirschl, die während seiner ganzen Regierungszeit bestanden.

Im abschließenden Kapitel versucht der Autor, das persönliche Verhältnis Maximilians zu den Juden zu beleuchten und die eingangs gestellten Fragen zu beantworten. Dabei konnte im Wesentlichen nur die schon bisher in der neueren Literatur vertretene Meinung bestätigt und präzisiert werden. Diese besteht darin, dass Maximilian kein Interesse an den Juden als Religionsgemeinschaft hatte, dass er sie, je nachdem, wie es für ihn finanziell günstig war, schützte oder sich die Vertreibung abkaufen ließ, dass er einzelne Juden, allen voran Hirschl, schätzte und privilegierte, dass er sicher kein Judenfeind aus religiösen Gründen war und auch die furchtbaren Anschuldigungen, die als Vorwand für die Austreibungen dienten, nicht glaubte, dass er aber, anders als sein Vater, den Juden nicht wirklich freundlich gesinnt war.

Die Untersuchung ist klar gegliedert, ansprechend dargestellt und gut dokumentiert. Der Autor beweist im umfangreichen wissenschaftlichen Apparat eine umfassende Benützung der gedruckten Quellen und der Literatur, wenn auch, abgesehen von etlichen einschlägigen Aufsätzen [1], einige ältere, aber durchaus noch unverzichtbare Werke [2] sowie jüngere Arbeiten fehlen, wie die einschlägigen Abschnitte in der "Germania Judaica" und in der neuen "Geschichte der Juden in Österreich". [3]

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass das vorliegende Buch zwar keine neuen Forschungsergebnisse bringt, aber eine interessante und verlässlich gearbeitete Zusammenfassung über Maximilians Verhältnis zu den Juden in seinen niederösterreichischen Erblanden darstellt.


Anmerkungen:

[1] z.B. Stephan Laux: Dem König eine "ergetzlikhait". Die Vertreibung der Juden aus der Steiermark (1496/1497), in: Gerald Lamprecht (Hg.): Jüdisches Leben in der Steiermark. Marginalisierung - Auslöschung - Annäherung (= Schriften des Centrums für Jüdische Studien, Bd. 5), Bozen u.a. 2004, 33-57.

[2] Wie Johann E. Scherer: Die Rechtsverhältnisse der Juden in den deutsch-österreichischen Ländern, Leipzig 1901 oder David Herzog: Urkunden und Regesten zur Geschichte der Juden in der Steiermark (1475-1558), Graz 1934.

[3] Germania Judaica, Band 3, Teil 1-3, Tübingen 1987-2003; ferner die von Eveline Brugger, Martha Keil, Albert Lichtblau, Christoph Lind und Barbara Staudinger verfassten Abschnitte in: Geschichte der Juden in Österreich (= Österreichische Geschichte, hg. von Herwig Wolfram, Bd. 15), Wien 2006.

Ingeborg Wiesflecker-Friedhuber