Jörg Rogge (Hg.): Religiöse Ordnungsvorstellungen und Frömmigkeitspraxis im Hoch- und Spätmittelalter (= Studien und Texte zur Geistes- und Sozialgeschichte des Mittelalters; Bd. 2), Affalterbach: Didymos-Verlag 2008, 143 S., 7 Abb., ISBN 978-3-939020-22-6, EUR 24,00
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Johannes Laudage: Die Salier. Das erste deutsche Königshaus, München: C.H.Beck 2006
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Jörg Rogge (Hg.): Fürstin und Fürst. Familienbeziehungen und Handlungsmöglichkeiten von hochadeligen Frauen im Mittelalter, Ostfildern: Thorbecke 2004
Dieser kleine, feine Band versammelt acht Referate, die bereits im Juli 2006 zu Ehren des 60. Geburtstages von Franz J. Felten in Mainz gehalten wurden. Der neunte Referent hat die Möglichkeit genutzt, seinen Beitrag an anderer Stelle zu veröffentlichen.
Wie schon der Titel des Sammelbandes verrät, pendeln die Beiträge, die aus verschiedenen Bereichen der Religions- und Ordensgeschichte stammen und den Zeitraum vom 11. bis zum 15. Jahrhundert umspannen, zwischen den beiden Polen Theorie und Praxis. Schlaglichtartig beleuchten sie verschiedene Aspekte religiöser Ordnungsvorstellungen und der Frömmigkeitspraxis, ohne jedoch durch einen theoretischen Rahmen oder eine konkretere erkenntnisleitende Fragestellung miteinander verbunden zu sein. Dies ist aber das einzige Manko der Publikation. Die einzelnen Beiträge sind in sich sehr gehaltvoll und präsentieren dem geneigten Leser kaleidoskopartig die ganze Vielfalt der Themenspektren.
Nach einer kurzen Einführung durch den Herausgeber Jörg Rogge zeigt Stefan Weinfurter in seinem Artikel über die Macht der Reformidee die praktische Wirksamkeit von religiösen Ordnungsvorstellungen in der "hohen" Politik aber auch der Gesellschaft auf. So macht er die fast schon direkte Verbindung von Theorie und Praxis deutlich: "Reformen und politisches Handeln waren damit eine enge Verbindung eingegangen. Die Reformpraxis hatte die gesellschaftliche Ordnung und die politische Willensbildung erfasst" (27).
Auch Christina Lutter lotet in ihrem Aufsatz über die Frömmigkeitsvorstellungen und deren Praxis den Raum zwischen Theorie und deren praktischer Umsetzung aus. Allerdings tut sie das nicht anhand von normativen Texten, denen sie Beschreibungen des "realen" Lebens gegenüberstellt, sondern sie bewegt sich im quellenmäßigen Rahmen der literarischen Gattung von miracula, Wundergeschichten. Sie wertet diese vor dem Hintergrund der Zielgruppe, an die sie gerichtet waren aus, und kommt zu dem Ergebnis, dass "symbolisches Wissen in der sozialen und liturgischen Praxis des monastischen Raumes über das Körperverständnis der Menschen eingeübt wurde" und betont die "Bedeutung, die Verkörperung schwer fassbarer Glaubensinhalte durch ihre physische Nachvollziehbarkeit und gelebte Vergegenwärtigung gehabt haben mochte" (58). Sie sucht und findet somit gleichsam das Mittel, mit dem Theorie in Praxis umgesetzt werden konnte.
Mechthild Dreyer setzt sich mit den Gedanken Bernhards von Clairvaux', die Führungsämter in der Kirche betreffend, auseinander. Sie sieht bei ihm klar den Wunsch "die ursprünglich innerbenediktinische Reformbewegung auf die Gesamtkirche auszudehnen". Für Bernhard "ist der Mönch der wahre Geistliche" (74). Gleichzeitig intellektualisiert er Demut und macht sie damit zu einer höchstpersönlichen Angelegenheit und inneren Einstellung. Demut ist nach Dreyer für Bernhard von Clairvaux das einzige Mittel gegen die Missstände in den Kirchenämtern aber auch gegen die Eitelkeit der aufkommenden Universitätsgelehrten. Bekanntlich lässt die Umsetzung dieser theoretischen Demutskonzeption bis heute vielerorts in Welt und Kirche auf sich warten.
Nicht zufällig handelt auch der nächste Beitrag von Gert Melville von den Zisterziensern, deren Ordnungsvorstellungen für das 12. Jahrhundert von immenser Bedeutung gewesen sind. Melville untersucht aber weniger die Theorie, sondern das ganz handfest-praktische Problem der - wie er es nennt - "Aufdauerstellung" von neu gegründeten Orden. Er kommt zu dem Schluss, dass dies vor allem durch die Entwicklung von Institutionen erfolgen musste: "Aufdauerstellung bedeutete daher vor allem ein Abarbeiten von personal gebundenen Vermächtnissen, von personal verantworteten Defiziten und wohl auch von personal entworfenen Visionen" der charismatischen Gründergeneration (85).
Mit Ordnungen ganz anderer Art beschäftigt sich Uta Strömer-Caysa, wenn sie die Ordnung der Engel im deutschen Predigtwerk Meister Eckhardts in den Blick nimmt. Ganz wie die Erde scheint auch der Himmel mit seinen Engelsbewohnern in der Vorstellung Meister Eckhards hierarchisch geordnet zu sein, dessen Weltbild "kosmologische mit theologisch-moralischen Aspekten verknüpft" (111). Wie sah die Ordnung der Engel für den Prediger Meister Eckhard aus, und in welchem Verhältnis standen sie zu den Menschen? Welche Funktion hatten sie für die Gläubigen? Dies sind die Leitfragen von Strömer-Caysa.
Wieder ganz nah an der gelebten Wirklichkeit analysiert Sebastian Scholz die Bedeutung von Stiftungen, Memoria und Repräsentation auf Denkmälern. Er kommt für das 15. Jahrhundert zu dem Schluss, dass die "Darstellung ihrer Frömmigkeit den Menschen im 15. Jahrhundert ein wichtiges Anliegen war" (131). Dabei gelang es nicht nur in ganz individueller Weise die eigene Frömmigkeit zu präsentieren und zu veranschaulichen, sondern man hatte zumindest den Anspruch auch die der anderen zu fördern.
Ein kurzer Beitrag von Johannes Meier zu den Reformbestrebungen im Prämonstratenserorden während des 15. Jahrhunderts und deren Nachwirkungen im Zeitalter der Reformation rundet den Band ab.
Den einzelnen Beiträgen jeweils nachgestellt ist ein Quellen- und Literaturverzeichnis, was dem Wunsch des Herausgebers und der Veranstalter des Symposiums entgegen kommen dürfte, mit diesem an sich schon anregenden Band weitere Forschungen anzustoßen.
Christian Hillen