Eckhard Meyer-Zwiffelhoffer: Imperium Romanum. Geschichte der römischen Provinzen (= C.H. Beck Wissen; 2467), München: C.H.Beck 2009, 128 S., 4 Karten, ISBN 978-3-406-56267-9, EUR 7,90
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Die vorliegende Einführung ist eine Studienlektüre aus der Reihe "C. H. Beck Wissen", die den vorwiegend studentischen Leserkreis auf eine Reise durch ca. 1000 Jahre Imperium Romanum begleiten möchte. Dem Verfasser Eckhard Meyer-Zwiffelhoffer gelingt es, auf knappstem Raum die Grundzüge der territorialen Entwicklung des römischen Reiches und auch die damit untrennbar verbundenen staatlichen Veränderungen von der republikanischen Frühzeit bis zur Spätantike in einer klaren und anschaulichen Sprache nachzuzeichnen.
Er teilt seine Darstellung in drei große Abschnitte, wobei der erste Abschnitt ("Eine kurze Geschichte des Imperium Romanum": 11-44) im Rahmen der chronologischen Ordnungsbegriffe Expansion - Konsolidierung - Transformation das Verhältnis zwischen Rom und den sukzessive unterworfenen Gebieten von der frühen Republik bis zur Spätantike darstellt, der zweite Abschnitt ("Imperiale Herrschaft, Regierung und Verwaltung": 44-79) unter den Themenschwerpunkten militärische Sicherheit und zivile Ordnung den 'Regelfall' imperialer Herrschaft in den römischen Provinzen beleuchtet, und der dritte Abschnitt ("Die Provinzen zwischen Anpassung, Loyalität und Widerstand": 80-117) das Spannungsverhältnis zwischen Herrschern und Beherrschten in den Provinzen hinterfragt. Dieser dreigliedrige Hauptteil wird eingerahmt durch Erläuterungen zum Imperium Romanum als historischem Machtgebilde (7-11), zu den Begriffen Imperium und Provinz (11-15) und schließlich zu den arcana imperii (117-121), nämlich Integration der Provinzialen und sukzessive Nivellierung des Bürgerverbandes, Kommunikation und Kooperation zwischen Zentrum und Peripherie und innerhalb der hierarchischen Struktur des Herrschaftsverbandes, geschickte Ausnutzung kontingenter Faktoren durch die politisch Handelnden. Es schließen sich Literaturhinweise, eine Zeittafel und ein Sachregister an.
Es ist die große Stärke des Buches, dass es kein reiner geschichtlicher Abriss der römischen Provinzeinrichtung ist, sondern den chronologischen Rahmen benutzt, um die flexible römische Herrschaftsgestaltung zu erklären. Dabei dient die Herrschaftsorganisation als roter Faden, der die Provinzialentwicklung mit der historischen Ausbildung und Umgestaltung des römischen Gemeinwesens geschickt verknüpft. Meyer-Zwiffelhoffer nimmt durchgängig aktuelle Forschungsdiskussionen (22: "... sie wurden dabei ... zur Weltmacht, ohne ein Weltreich zu besitzen ...") [1] und Anregungen u. a. aus der Politikwissenschaft auf. [2] Es ist sicherlich der knappen Seitenanzahl geschuldet, dass z.B. das insbesondere für die Expansionsphase so wichtige bellum iustum-Konzept nur ganz kurz angesprochen wird (62). [3]
Über manche zeitliche Einordnung ließe sich sicherlich diskutieren, so ob es das Imperium Romanum in der transitorischen Zeit zwischen Republik und Prinzipat tatsächlich schon als zusammenhängenden Herrschaftsraum bzw. als "Weltreich" gegeben hat (24; 57; 110), oder ob man eine grundlegende Abkehr von der lateinischen Sprache und Kultur im Herrschaftsraum von Konstantinopel schon mit Theodosius II. (408-450 n. Chr.) konstatieren kann (121). Immerhin setzt sich das Griechische als Amtsprache erst unter Herakleios (610-641 n. Chr.) durch, ebenso war der Gedanke des ungeteilten Herrschaftsraumes beispielsweise noch unter Iustinian (527-565 n. Chr.) und Maurikios (582-602 n. Chr.) präsent. Meyer-Zwiffelhoffer setzt eine eigenständige oströmische Geschichte zwar schon mit der Herrschaft des Theodosius II. (10; 121) an, lässt seine Zeittafel allerdings erst mit der Herrschaft des Iustinian enden, der durch seine Rückeroberungen zumindest kurzfristig die alte Reichseinheit wiederherstellen konnte.
Was allerdings wirklich missverständlich beim studentischen Rezipienten ankommen könnte, ist die sprachliche Gleichsetzung von neuzeitlicher Kolonialherrschaft mit dem römischen Herrschaftsanspruch über die Provinzialen und die Bezeichnung der provinzialen Oberschicht als "koloniale Elite" (118f.). [4] Meyer-Zwiffelhoffer spricht ja selbst im ersten Abschnitt zu Recht nur von den römischen und latinischen Bürger- und Veteranenkolonien (16-23).
Es sei allerdings betont, dass die o.g. Punkte den Wert des Buches keinesfalls schmälern. Es handelt sich um ein ausgezeichnetes Kompendium zu den römischen Provinzen, das über eine reine Faktensammlung weit hinausgeht. In der vorgegebenen Kürze wird alles Wissenswerte straff präsentiert und von allen Seiten her beleuchtet. Meyer-Zwiffelhoffers Darstellung wird bei Prüfungsvorbereitungen o. ä. sicherlich gute Dienste leisten.
Anmerkungen:
[1] Bei der Diskussion um "Weltmacht" oder "Weltreich" hätte man die Literaturhinweise noch ergänzen können um H. Heftner: Der Aufstieg Roms. Vom Pyrrhoskrieg bis zum Fall von Karthago, 2. Aufl. Regensburg 2005.
[2] Z. B. Münklers Betrachtung des kaiserzeitlichen Rom als 'Erfolgsmodell' einer gelungenen Einbindung der provinzialen Peripherie: H. Münkler: Imperien. Die Logik der Weltherrschaft. Vom Alten Rom bis zu den Vereinigten Staaten, Berlin 2005.
[3] Eine kleine Korrektur sei an dieser Stelle gestattet: 167 v. Chr. wurden die römischen Bürger nur von den direkten Steuern befreit (46), vgl. Plin. nat. 33,56; Plut. Aem. 38; Val. Max. 4,3,8; Cic. off. 2,76. Erst im Jahre 60 v. Chr. wurden durch die praetorische lex Caecilia die italischen portoria abgeschafft, vgl. Cic. Att. 2,16,1; Cass. Dio 37,51.
[4] Unnötig und auch missverständlich ist meines Erachtens der neuzeitliche Vergleich zum Phänomen der Akkulturation (110).
Iris Samotta