Gerhard Krieger (Hg.): Verwandtschaft, Freundschaft, Bruderschaft. Soziale Lebens- und Kommunikationsformen im Mittelalter, Berlin: Akademie Verlag 2009, 574 S., ISBN 978-3-05-004487-3, EUR 59,80
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Dieser Tagungsband des Mediävistenverbandes versammelt 31 Beiträge aus allen Fachbereichen der Mittelalterforschung. Die thematische 'Beschränkung' auf die drei im Titel genannten Leitbegriffe wird bereits im Vorwort (10) aufgegeben und durch ein viertes Thema, das der Herrschaft, ergänzt. Diese Erweiterung ist durchaus legitim, weil einige Beiträge nur entfernt, manche gar nicht auf die Thematik des Titels eingehen. Aber nicht nur inhaltlich, auch konzeptionell handelt es sich durchweg um einen heterogenen Band. Denn es finden sich erstens überblickshafte Darstellungen eines Forschungsbereichs wie der gelungene Beitrag Daniel Föllers über die skandinavischen Runeninschriften, der präzise Essay Gerhard Dilchers über Modelle gewillkürter Rechtsformen und der interessante Einblick in die neuere Glossenforschung durch Claudine Moulin. Zweitens wählen andere Autoren einen quellenbezogenen Zugang wie Philippe Depreux in seiner umsichtigen Arbeit über die Memorialfunktion der karolingischen Privilegienpolitik, Georg Strack in seiner überraschenden Auswertung von dreizehn humanistischen Universitätsreden über das "Lob der Deutschen" und Klaus Oschema in seinen reflektierten Überlegungen zur Figur des Schmeichlers in den Schriften Guillaume Fillastres. Eine dritte Gruppe von Beiträgen sticht durch die Formulierung neuer Thesen zu viel diskutierten Fragestellungen hervor. Dazu zählen beispielsweise der überzeugende Aufsatz von Hans-Werner Goetz über die zuletzt eher unterschätzte Bedeutung der Verwandtschaft im frühen Mittelalter, die theoretisch anspruchsvollen Überlegungen Régine Le Jans zum "kompetitiven Tausch" im Frankenreich und die gedankenreichen Ausführungen Geneviève Bührer-Thierrys zum Blick des Herrschers in der Karolingerzeit. Viertens sind auch Beiträge von Tina Bode und Katrin Köhler aufgenommen, die Einblick in entstehende Dissertationsprojekte gewähren. Als Nachtrag fügte der Herausgeber einen eigenen Aufsatz über "Philosophie und soziale Lebensform im Mittelalter" an, der sich mit einigen Positionen der politischen Theorie des 13. bis 15. Jahrhunderts befasst.
Im Ganzen kann dem Herausgeber durchaus zugestimmt werden, wenn er als "Gesamtergebnis" des Bandes die These aufstellt, "dass sich das Feld sozialer Beziehungen und deren kommunikative Seite im Mittelalter als äußerst vielfältig und verschieden darstellt" (11). Die Stärke des Bandes liegt nicht in der Konzeption, sondern in den vielfältigen und beachtenswerten Resultaten der Einzelbeiträge, die hier nur exemplarisch vorgestellt werden konnten.
Karl Ubl