Paul Dräger (Hg.): Historie über Herkunft und Jugend Constantins des Grossen und seine Mutter Helena. Von einem unbekannten Verfasser, 2., erweiterte Auflage, Trier: Kliomedia 2010, 248 S., ISBN 978-3-89890-152-9, EUR 26,90
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Paul Dräger, Philologe und ehemaliger Gymnasiallehrer, nutzt sein Pensionärsdasein verdienstvoll, indem er unter anderem Übersetzungen altsprachlicher Texte aus Antike und Mittelalter publiziert. Darunter fällt auch die Historia de ortu atque iuventute Constantini Magni eiusque matre Helena (zum Titel 91; 177) - besser bekannt als Libellus de Constantino Magno -, die Dräger nun in einer erweiterten Auflage vorlegt. Inhaltlich hat sich bis auf verbesserte Errata nichts geändert, zum Nutzen des Lesers wurden allerdings die Paralleltexte Historia Helene matris Constantini imperatoris und De navitate Constantini imperatoris synoptisch zur leichteren Vergleichbarkeit abgedruckt (58-83). Die zweite Änderung stellen (Wikipedia-)Abbildungen dar, die allerdings inhaltlich keinerlei Gewinn bringen; zudem befindet sich das versprochene, "in das Literaturverzeichnis integrierte Abbildungsverzeichnis" (9) nicht dort, sondern oben auf der Impressumsseite. Bleiben wir gleich beim Literaturverzeichnis, das sich nur um einen eigenen Beitrag Drägers erweitert hat. Grundsätzlich fehlen aber einige Artikel zur Helena-Forschung. [1]
Der Text eines unbekannten Autors stammt laut Dräger vermutlich aus dem 12.-14. Jahrhundert, ein für die Rezeptionsgeschichte zu Constantin und seiner Mutter durchaus spannender Bericht. Allerlei Versatzstücke aus verschiedenen Genres (Liebe, Reise, Abenteuer) begegnen, z.B. räuberische Händler, Piraten, eine Liebesgeschichte mit Aussetzung auf einer einsamen Insel, Erkennung der wahren Abstammung durch Gnorismata. Auch die Bibel scheint Vorlagen geliefert zu haben (225-229). Diese bunte Mischung möchte Dräger nicht als Roman oder Novelle, sondern als Historie bezeichnen (92; 175-177).
Beim lateinischen Text handelt es sich bewusst nicht um eine kritische Edition, was "übereifrige[n] potentielle[n] Rezensenten" schon im Vorwort (8) hinter die (grünen) Ohren geschrieben wird. Zumindest werden Abweichungen von der Edition Giangrassos [2] angegeben (88-89). Drägers Ziel, die Übersetzung des lateinischen Textes eng am Original zu entwickeln (dazu 239-242), darf als gelungen bezeichnet werden. Das Hauptaugenmerk liegt auf dem Kommentar, der das Werk sowohl philologisch als auch historisch einordnet (91-159), gefolgt von einigen nützlichen Indizes (160-171). Ebenso praktisch ist das Kapitel "Zur Constantin- und Helena-Legende" (181-224) in der ans Ende des Buches gestellten Einleitung. Dort werden zahlreiche Parallelüberlieferungen und Motiv-Parallelen präsentiert. Allerdings handelt es sich dabei teilweise um Übersetzungen Drägers von italienischen Übersetzungen des Originals (z.B. 184, Anm. 22).
Für eine wissenschaftliche Untersuchung des Libellus de Constantino Magno jedoch hat Dräger mit seinem Werk eine verlässliche Basis geschaffen und gleichzeitig den Text einem breiterem Publikum zugänglich gemacht.
Anmerkungen:
[1] Zum Beispiel: Patrick Laurence: Héléna, mère de Constantin: métamorphoses d'une image, Augustinianum 42 (2002), 75-96; Stefan Heid: Die gute Absicht im Schweigen Eusebs über die Kreuzauffindung, RQA 96 (2001), 37-56; Franca Ela Consolino: Helena Augusta: from innkeeper to empress, in: Roman women, hrsg. v. Augusto Fraschetti / übers. v. Linda Lappin, Chicago 2001, 141-159 (Original in: Roma al femminile, hrsg. v. Augusto Fraschetti, Roma 1994). Vgl. zur Literatur auch die Rezension zur ersten Auflage von Bruno Bleckmann, HZ 283 (2006), 166-167.
[2] Giulletta Giangrasso: Libellus de Constantino Magno eiusque matre Helena. La nascita di Constantino tra storia e leggenda. Florenz 1999 (Per Verba. Testi mediolatini con traduzione. Bd. 13).
Stefan Priwitzer-Greiner