Bertrand Haan: Une Paix pour l'éternité. La Négociation du traité du Cateau-Cambrésis (= Bibliothèque de la Casa de Velázquez; Vol. 49), Genève: Droz 2010, X + 279 S., ISBN 978-84-96820-48-7, EUR 23,00
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Der Friede von Cateau-Cambrésis gehört zu den Zäsurfrieden in der Geschichte der internationalen Beziehungen, und die ihm vorausgehenden Verhandlungen bildeten eine wichtige Stufe innerhalb der Entwicklung der modernen Diplomatie. Entsprechend präsent ist der Friede in der Forschungsliteratur. Umso bemerkenswerter ist es, dass erst jetzt eine angemessene wissenschaftliche Aufarbeitung in monographischer Form vorliegt. Mit Bertrand Haan hat sich dabei ein ausgewiesener Kenner der Diplomatie und der französisch-spanischen Beziehungen des Themas angenommen und es auf eine solide Quellenbasis gestellt: Alleine das Verzeichnis der Manuskriptquellen umfasst sechs Seiten. Das Ergebnis ist eine gelungene Geschichte der Verhandlungen im Vorfeld des französisch-spanischen Friedens von 1559.
Haan schildert zunächst die Ausgangslage. Der lebenslange Konflikt zwischen Kaiser Karl V. und Franz I. brach nach dem Tod des französischen Königs unter seinem Sohn und Nachfolger Heinrich II. 1551 erneut auf. Als Karl V. abdankte und sein Reich aufteilte zwischen seinem Sohn Philipp II., der auch den Konflikt mit Frankreich erben sollte, und seinem Bruder Ferdinand I., bedurfte er einer Atempause: Es war symptomatisch, dass 1556 in Vaucelles kein Frieden, sondern ein Waffenstillstand geschlossen wurde, dessen Geschichte hier ebenfalls erstmals aufgearbeitet ist. Historisch wirksam wurde er nicht. Das blieb erst dem Frieden vorbehalten, der 1558 in Cercamp und schließlich 1559 in Cateau-Cambrésis verhandelt wurde. Auf der Vorbereitung und Durchführung dieser Verhandlungen liegt der Schwerpunkt von Haans Analyse. Insgesamt konzentriert er sich bewusst auf die französisch-spanische Perspektive. Die Rolle Englands mit ihren interessanten Aspekten der frühen Politik Elisabeths I. als Verbündeter Philipps II. im Krieg gegen Frankreich wird nur am Rande thematisiert.
Haan entwickelt seine Darstellung nicht am Verlauf der Akten entlang, sondern zeigt im besten Sinne moderner Diplomatiegeschichte das Spektrum auf, das Außenpolitik und Diplomatie beeinflusste: die Rolle höfischer Parteien, die Wahrung der Ehre des Fürsten im Friedensschluss, die Prämissen bei der Wahl der Bevollmächtigten oder die gegenseitige Wahrnehmung. Haans eigener Anspruch ist es, die Mechanismen der Verhandlungen und die Prinzipien, denen dieser Friede gehorchte, aufzudecken. Er tut dies, ohne die politischen und diplomatischen Inhalte zu vernachlässigen. Zugleich macht er die Prozessualität der Friedensverhandlungen sichtbar, zum Teil mit originellen Ansätzen wie der Analyse der Konstituierung von unterschiedlichen Verhandlungsräumen, in der sich Diplomatiegeschichte und methodisches Raumkonzept verbinden. Allerdings bleibt dieser wie mancher andere Aspekt zu knapp und wird angerissen, aber nicht wirklich ausgeführt. Im Zentrum der Darstellung steht der unterschiedliche Stil der französischen und spanischen Diplomatie, die in Synthese den Frieden hervorbrachten.
Der Friede von Cateau-Cambrésis regelte das Verhältnis zwischen der französischen und der spanischen Krone für rund drei Jahrzehnte neu, wobei die französische Krone sich aus Italien zurückzog und so die spanische Hegemonialstellung akzeptierte. Haans These ist es, dass dies kein Ergebnis der folgenden inneren Schwäche Frankreichs gewesen sei, sondern eine bewusste Entscheidung der friedenschließenden Könige und eine damit implizierte Neuordnung Europas. Philipp II. und vor allem auch Heinrich II. hätten gezielt auf einen beständigen Frieden hingearbeitet. Die Wiederherstellung der Freundschaft, ein Formelement frühneuzeitlicher Friedensverträge, interpretiert Haan in diesem Frieden als ernsthafte Absicht vor dem Hintergrund einer neuen Priorität: Der Friede von Cateau-Cambrésis ist für ihn ein bewusster Übergang vom Zeitalter der Hegemonialkriege zum Zeitalter der Religionskriege. Auch wenn sich diese These angesichts des plötzlichen Todes Heinrichs II. nicht konsequent überprüfen lässt, bietet sie doch einen interessanten Ansatz für weitere Forschungsdiskussionen.
Haans Darstellung schließt mit einer Edition des französisch-spanischen Friedensvertrags und der verschiedenen in diesem Zusammenhang relevanten Übereinkünfte ab. Der Friede mit England ist auch hier ausgeklammert. Es handelt sich um keine wissenschaftliche Edition im engeren Sinne: Weder sind spanische Überlieferungen nachgewiesen [1] noch gibt es einen textkritischen Apparat oder eine Klärung der editionstechnischen Regeln. Die Dokumente dieses wichtigen Friedens sind jedoch hier nun nach archivalischer Vorlage erstmals gedruckt.
Insgesamt liegt mit Haans Buch nun eine überzeugende Darstellung des Friedens von Cateau-Cambrésis vor, die allerdings inhaltlich durch die stärkere Einbeziehung Englands und methodisch durch eine stärkere Einbeziehung der aktuellen internationalen Forschung noch gewonnen hätte. Die Studie reiht sich in die wachsende Zahl neuerer Studien ein, die gezielt nach der Friedensfähigkeit und der Friedensdiplomatie der politischen Akteure der kriegsintensiven Frühen Neuzeit fragen. [2] Haan plädiert dafür, die Beziehungen der Fürsten dieser Epoche nicht nur unter der Perspektive des Krieges, sondern auch unter der des Friedens zu thematisieren, die er eng verknüpft sieht mit den Vorstellungen von Recht und von Freundschaft. Tatsächlich kann er dabei zeigen, dass selbst widrige Tendenzen wie ein unterschiedlicher Diplomatiestil bei entsprechenden Voraussetzungen nicht friedenshemmend wirkten, wie es rund ein Jahrhundert später bei den französisch-spanischen Verhandlungen auf dem Westfälischen Friedenskongress der Fall war. [3] Leider blendet Haan diese langfristigen Dimensionen des französisch-spanischen Konflikts über Cateau-Cambrésis hinaus aus und stellt diesen Frieden als eine Erfolgsgeschichte in eine Reihe mit dem Pyrenäenfrieden von 1659. Eine Symbiose, welche die Kriegs- und die Friedensfähigkeit der Akteure in ein rechtes Maß zueinander setzt, steht damit aus. Haans Studie aber ist insgesamt ein überzeugender Hinweis darauf, dass der habsburgisch-französische Konflikt, der Europa scheinbar vom Beginn der Neuzeit bis zur diplomatischen Revolution von 1756 strukturierte, durchaus Perspektiven aufweist, die ihn in seiner durchgängigen Entwicklung alles andere als zwangsläufig erscheinen lassen.
Anmerkungen:
[1] Die Überlieferung einer zeitgenössischen spanischen Kopie ist nachgewiesen in der Datenbank "Europäische Friedensverträge der Vormoderne" des Instituts für Europäische Geschichte Mainz und dort in digitalisierter Form zugänglich: http://www.ieg-mainz.de/likecms/likecms.php?site=site.htm&dir=&nav=85 (geöffnet am 4. 1. 2012).
[2] So zum Beispiel Lucien Bély: L'art de la paix en Europe. Naissance de la diplomatie moderne XVIe-XVIIIe siècle, Paris 2007; Christoph Kampmann / Maximilian Lanzinner / Guido Braun / Michael Rohrschneider (Hgg.): L'Art de la Paix. Kongresswesen und Friedensstiftung im Zeitalter des Westfälischen Friedens (= Schriftenreihe der Vereinigung zur Erforschung der Neueren Geschichte e.V.; 34), Münster 2011.
[3] Siehe dazu Michael Rohrschneider: Der gescheiterte Frieden von Münster. Spaniens Ringen mit Frankreich auf dem Westfälischen Friedenskongress (1643-1649) (= Schriftenreihe der Vereinigung zur Erforschung der Neueren Geschichte e.V.; 30), Münster 2007.
Anuschka Tischer