Rezension über:

Stefan Faust: Schlachtenbilder der römischen Kaiserzeit. Erzählerische Darstellungskonzepte in der Reliefkunst von Traian bis Septimius Severus (= Tübinger Archäologische Forschungen; Bd. 8), Rahden/Westf.: Verlag Marie Leidorf 2012, XX + 230 S., 81 Tafeln, 1 Beilage, ISBN 978-3-89646-988-5, EUR 64,80
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Rezension von:
Kai Michael Töpfer
Institut für Klassische Archäologie, Ruprecht-Karls-Universität, Heidelberg
Redaktionelle Betreuung:
Sabine Panzram
Empfohlene Zitierweise:
Kai Michael Töpfer: Rezension von: Stefan Faust: Schlachtenbilder der römischen Kaiserzeit. Erzählerische Darstellungskonzepte in der Reliefkunst von Traian bis Septimius Severus, Rahden/Westf.: Verlag Marie Leidorf 2012, in: sehepunkte 13 (2013), Nr. 2 [15.02.2013], URL: https://www.sehepunkte.de
/2013/02/22218.html


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Stefan Faust: Schlachtenbilder der römischen Kaiserzeit

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Schlachtenbilder sind ein charakteristisches und in der Forschung dementsprechend häufig thematisiertes Phänomen der kaiserzeitlichen Bildkunst, wobei der wissenschaftliche Fokus gerade in den letzten Jahren häufig auf den ideologischen Konzepten hinter den Bildern lag. Diese Perspektive um den Aspekt der in den Bildern angewandten narrativen Konzepte und Strategien zu erweitern, ist das Anliegen der Untersuchung von Stephan Faust, die eine überarbeitete Fassung seiner 2009 in München eingereichten Dissertation darstellt. Sein Ziel ist es, "durch die Analyse der erzählerischen Darstellungskonzepte [...] Veränderungen im Repräsentationsverhalten" und den "Wandel der Siegesvorstellungen besser als bisher" erfassen zu können (2-3).

Den Hauptteil der Untersuchung bilden drei Kapitel, in denen die Schlachtenbilder, gruppiert nach ihren Aufstellungskontexten, in Form von Einzelbesprechungen vorgestellt und diskutiert werden. Eine kapitelweise Auswertung, wie sie aufgrund der kontextbezogenen Gliederung eigentlich zu erwarten wäre, erfolgt nicht. Erst die abschließende, mit sechs Seiten allerdings recht knapp geratene "Synopse" bietet zusammenfassende Analysen. Abgerundet wird der Band durch drei hilfreiche Register und einen umfangreichen Tafelteil. Das Fehlen eines eigenständigen Kataloges ist dank der umfassenden Literaturangaben in den Fußnoten leicht zu verschmerzen. Anzumerken ist, dass die recht ausführlichen Bildbeschreibungen insbesondere Lesern, die mit den Darstellungen gut vertraut sind, bisweilen wohl zu umfangreich erscheinen dürften, zumal sie nur wenig Neues bieten. Als Hinführung zu den Überlegungen zur Komposition und damit zur narrativen Struktur der Bilder sind sie allerdings durchaus sinnvoll.

Das erste Kapitel ist den stadtrömischen Staatsdenkmälern gewidmet. Den Anfang macht der Große Traianische Fries, für dessen Konzeption Faust bedenkenswerte Überlegungen bietet. So kommt er bezüglich der ungewöhnlichen und viel diskutierten Platzierung der adventus-Szene am Beginn des Frieses statt an dessen Ende zu dem Schluss: "Trotzdem ergibt sich eine konzeptionell schlüssige Sequenz, wenn man den erhaltenen Teil des Ankunftsbildes als Exposé zur Schilderung der Schlacht liest, in dem mithilfe von Virtus, Honos und Victoria sozusagen schlagwortartig der ideologische Gehalt des nachstehenden Kampfberichts vorweggenommen wird" (17). Neben dem ideologischen Konzept sei insbesondere der Versuch, die Atmosphäre des Krieges zu visualisieren, ein konstituierendes Element der Bilderzählung, indem beispielsweise Lärm durch die geblähten Backen der Signalbläser und Chaos durch die verschränkte Komposition visualisiert würden.

Für die Schlachtenbilder der Traianssäule gelingt es Faust, die Verwendung zweier unterschiedlicher Kompositionsschemata nachzuweisen, von denen das eine für römische Offensivangriffe, das andere für Reaktionen auf dakische Offensiven eingesetzt wurde. Aus dieser Erkenntnis folgt auch eine Neubewertung der Gesamtstruktur des Frieses, der sich somit aus drei offensiven und drei defensiven Kampagnen in alternierender Folge zusammenzusetzen scheint. Anlass zu weiteren Diskussionen dürften zudem seine Überlegungen zur Wahrnehmung des Reliefbandes geben, die er "als Lernprozess des idealen Betrachters" begreift, "der sich die Bildsprache mit ihrer eigentümlichen Syntax aneignet, während sein Blick am Säulenschaft von links nach rechts und aufwärts geführt wird" (214).

Trotz einer klaren formalen Abhängigkeit weist die Marcussäule eine deutliche veränderte Bildsprache auf, die sich unter anderem in einer redundanteren Struktur bei gleichzeitig gesteigerter Expressivität äußert. Anders als gelegentlich vermutet, sei diese Entwicklung jedoch nicht als Prozess der Vereinfachung zu verstehen, wie Faust zu Recht feststellt. Vielmehr handele es sich um ein zentrales Prinzip der Denkmäler und den Versuch einer Verbesserung, denn Expressivität und Redundanz steigerten die Eindringlichkeit ebenso wie die Zeichenhaftigkeit der Bilder und seien so eine Ausdrucksform effizienter Kriegführung.

Für den Severusbogen auf dem Forum Romanum kann Faust aufgrund seiner Analyse der Reliefs eine bereits früher vermutete inhaltliche Abfolge, beginnend mit dem linken Bild auf der Forumsseite, stützen. Bedeutsamer als die viel diskutierte Frage nach den dargestellten Ereignissen seien allerdings die inhaltlichen Schwerpunkte, gegenüber denen die Historizität der Bilder deutlich in den Hintergrund trete. Der Bogen selbst manifestiere die Anerkennung der neuen Dynastie durch die um einen Konsens bemühten Stifter Senat und Volk von Rom.

Das zweite Kapitel ist den provinziellen Ehrenmonumenten gewidmet, wobei vor allem das Partherdenkmal in Ephesos und der Severerbogen in Leptis Magna im Fokus stehen. Zu Recht betont Faust, dass bei der Interpretation derartiger Denkmäler lokale Sehgewohnheiten und Bildtraditionen in besonderer Weise berücksichtigt werden müssten. So erkläre sich beispielsweise die inhärente Unbestimmtheit der Ikonographie in der Schlachtszene am Parthermonument als konzeptionelle und bedeutsame Strategie, die ihre Wurzeln in der kleinasiatisch-griechischen Bildtradition habe. Zudem würden in den Bildprogrammen andere ideologische Schwerpunkte als in Rom gesetzt, was sich wiederum durch die lokalen Auftraggeber erkläre. Motivation zur Errichtung bleibe jedoch stets der Versuch, die Gunst des Kaisers zu erreichen. Möglicherweise könnte man diese, bis hierhin durchaus überzeugenden Überlegungen von Faust sogar noch weiter führen, da es in den Denkmälern auch Anhaltspunkte für die Formulierung eigenständiger Perspektiven auf die Herrschaft Roms zu geben scheint. So könnte die allem Anschein nach gleichberechtigte Integration Roms in die Reihe der Stadtpersonifikationen am Parthermonument durchaus als ephesische Perspektive auf das Reichsgefüge zu verstehen sein.

Das dritte Kapitel ist den Schlachtsarkophagen und damit den Kampfbildern im Sepulkralkontext gewidmet. Im Fokus stehen zunächst die Sarkophage mit Gallierkämpfen. Das Aufkommen der Thematik ordnet Faust plausibel in den Kontext einer allgemein verstärkten Rezeption des Gallierbildes als "Klischee barbarischer Unterlegenheit" (187) in antoninischer Zeit ein, die vielleicht, wenn auch nicht sicher, durch die Einfälle der Markomannen und Quaden ausgelöst worden sein könnte. Anders als bei den späteren Massenkampfsarkophagen komme bei den Galatomachiebildern eine mythologische Komponente zum Tragen, die den römischen metus Gallicus aktiviere und zugleich kompensiere. Der Grabinhaber mit seinen Tugenden und individuellen Ansprüchen stünde dagegen erst in den späteren Schlachtsarkophagen mit Massenkampfszenen im Zentrum, bei denen auch die Barbaren ikonographisch deutlicher auf aktuelle Gegner bezogen würden.

Mit seiner Untersuchung lenkt Stephan Faust das Augenmerk auf einen ohne Frage wichtigen und in den letzten Jahren vielleicht tatsächlich ein wenig vernachlässigten Aspekt der römischen Bildkunst. Denn auch wenn die ideologischen Inhalte der Bilder ohne Frage von zentraler Bedeutung sind, sind die narrativen Konzepte und Strategien doch mehr als eine bloße Rahmung. Wie fruchtbar eine konsequente Analyse dieser Aspekte sein kann, beweist die vorliegende Untersuchung jedenfalls deutlich.

Kai Michael Töpfer